Breites Bündnis gegen den unerträglichen Entwurf für ein neues Versammlungsgesetz in NRW unter CDU und FDP

In Nordrhein-Westfalen formiert sich ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis gegen das geplante Versammlungsgesetz auf Landesebene. Der Gesetzentwurf der CDU-FDP-Landesregierung unter CDU-Kanzlerkandidat Laschet stellt einen Angriff auf das demokratische Grundrecht der Versammlungsfreiheit dar. Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“ will den Gesetzgebungsprozess deshalb kritisch begleiten und auf diese Weise dieses problematische Gesetz verhindern.

Das Bündnis ist gestern nun erstmals in die Öffentlichkeit gegangen – freiheitsfoo unterstützt den folgenden Bündnis-Aufruf ausnahmslos:

Den Angriff auf die Versammlungsfreiheit abwehren!

Während der pandemiebedingten Einschränkungen plant die schwarz-gelbe Landesregierung einen erheblichen Angriff auf unsere Versammlungsfreiheit. Bereits 2018 hat sie ihre „Sicherheitsagenda“ mit dem rigide in Grundrechte eingreifenden Polizeigesetz verabschiedet. Mit einem Landesversammlungsgesetz für Nordrhein-Westfalen will sie die bisher geltenden Regelungen des Bundesversammlungsgesetzes ersetzen und dabei massiv in unsere Freiheiten eingreifen. Der Entwurf der Landesregierung ist durch und durch autoritär gestrickt: Anstatt polizeiliche Eingriffe strikter Kontrolle zu unterstellen,um damit (rassistische) Polizeigewalt, Einschüchterung und Überwachung zu unterbinden, verkehrt er die zentrale Bedeutung der Versammlungsfreiheit für eine demokratische Gesellschaft ins Gegenteil und muss daher unbedingt gestoppt werden!

Die Versammlungsfreiheit zählt in der parlamentarischen Demokratie zu den zentralen Grundrechten, weil sie es Bürger:innen ermöglicht, ihre Anliegen auf die Straße zu tragen und Missstände anzuprangern. Demokratie braucht lebendige Versammlungen – die Landesregierung plant mit ihrem Gesetzesentwurf einen Angriff auf die Zivilgesellschaft.

So sollen voraussetzungslos Übersichtsaufnahmen (beispielsweise per Drohne oder Hubschrauber) zulässig sein und unter bestimmten Voraussetzungen auch verdeckte Ton- und Videoaufnahmen. Zudem sollen Anmelder:innen von Versammlungen zukünftig umfangreiche Angaben machen, werden zur Kooperation mit der Polizei gedrängt und müssen unter Umständen sogar die persönlichen Daten der Ordner:innen an die Polizei übermitteln. Durch die Aushöhlung der Polizeifestigkeit der Versammlung und die Befugnis zur voraussetzungslosen Errichtung von Kontrollstellen kann zukünftig der Zugang zu Versammlungen durch die Polizei erheblich erschwert oder gar unterbunden werden. Allein die Vermutung, dass Personen eine Versammlung stören wollen, könnte ausreichen, dass die Polizei sie und ihre Sachen durchsucht, ihre Identität feststellt und ihnen untersagt, an der Demonstration oder Gegenkundgebung teilzunehmen. Auch antifaschistische Gegenproteste werden durch ein erweitertes Störungsverbot erschwert. Einheitliche Kleidung, wie sie u.a. in der Klimagerechtigkeitsbewegung als Teil des Meinungsausdrucks getragen wird, kann mit dem sog. Militanzverbot kriminalisiert werden. Progressive Ideen, wie z.B. eine Abschaffung des strafbewehrten Vermummungsverbotes oder eine unabhängige Beobachtung der Polizeieinsätze finden sich nicht im Entwurf. Auch zentrale Prinzipien der Verfassungsrechtsprechung wurden nicht aufgenommen: etwa ein Deeskalationsgebot, die Ermöglichung von Gegenprotesten in Hör- und Sichtweite und die Pflicht für Zivilpolizist:innen, sich zu erkennen zu geben. Der ganze Gesetzestext atmet Misstrauen gegen Bürger:innen, die ihre Versammlungsfreiheit wahrnehmen.

Was Versammlungsfreiheit praktisch bedeutet, haben 100.000 Demonstrant:innen 1981 bei den Protesten gegen das AKW Brokdorf erkämpft und vor dem Bundesverfassungsgericht anschließend durchgesetzt. Das Verfassungsgericht bezeichnete in seinem wegweisenden Brokdorf-Beschluss Versammlungen als „ein Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren“. 40 Jahre später legt die Landesregierung die Axt an diese Grundsätze und verstärkt damit den gesellschaftlichen Rechtsruck. Damit ist der Entwurf ein Angriff auf die Demokratie – also auf uns alle! Dem stellen wir uns trotz aller Unterschiede in unseren Ansichten, Strategien und Aktionsformen gemeinsam entgegen!

Bündnis Versammlungsgesetz NRW stoppen! – Grundrechte erhalten! (April 2021)

Einzelne Unterstützer:innen des Aufrufs

Das Bündnis ist wird von einer Vielzahl politischer Gruppen getragen. Wenn Eure Gruppe den Aufruf unterstützen oder im Bündnis aktiv mitarbeiten möchte, meldet Euch per Mail unter versgnrwstoppen@riseup.net oder über das Kontaktformular.

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Corona-Diskussionen: Den Problemen und nicht dem Föderalismus die Axt anlegen!

Mit dem auf Deutschland verengten Blick, mit auf wohlhabende Staaten des reichen Teils der Welt schielenden Vergleichen gesehen könnte man den Eindruck gewinnen, alles wäre schlecht in diesem Land, wenn es um die politische und behördliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geht.

In diese Kerbe schlagen viele Politiker*innen, von denen sich nicht wenige auch in der Vergangenheit durch Unsachlichkeit und Seitenlastigkeit hervorgetan haben, und wollen Hand anlegen am politischen System.

Beispiele:

19.10.2020:

„Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat Zweifel daran geäußert, ob das politische System in Deutschland der Coronakrise gewachsen ist. „Ich bin ein überzeugter Föderalist, aber ich glaube, dass der Föderalismus zunehmend an seine Grenze stößt“, sagte Söder vor einer Schalte des CSU-Vorstands in Nürnberg.“

21.2.2021:

„„Wir brauchen eine Jahrhundertreform – vielleicht sogar eine Revolution“ – Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) (…) sieht in der Pandemie die Chance, das Staatswesen zu modernisieren und hat ehrgeizige Pläne.“

30.3.2021:

„Die einzigen Währungen, die in einer Pandemie zählen, sind Entschlossenheit und Geschwindigkeit. Jede Verzagtheit, jedes unnötige Hin und Her gibt dem Virus die Chance, sich zu verbreiten und die Gesellschaft weiter im Schwitzkasten zu halten. Der deutsche Föderalismus ist aber nicht auf Entschlossenheit und Geschwindigkeit, sondern auf Bedächtigkeit und Machtbalance hin angelegt. (…) Nicht die Menschen sind das Problem, sondern das System. Wer, selbst in Notzeiten, die Handlungskompetenzen auf Akteure mit gegensätzlichen Interessen verteilt, die sich außerdem gegenseitig blockieren können, darf sich insbesondere in einem Wahljahr nicht darüber wundern, dass sich der Föderalismus als Inkubator für menschliche Eitelkeiten und politische Handlungsunfähigkeit entpuppt. (…) Dieses Experiment [des Föderalismus] darf inzwischen als gescheitert gelten. Indes sind nur wenige politische Akteure bereit, der Realität auch ins Gesicht zu sehen und die heilige Kuh des Föderalismus zur Schlachtung freizugeben.“ [… schreibt Mathias Brodkorb, SPD, Ex-Finanzminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern.]

3.4.2021:

„Der frühere Bundesinnenminister de Maizière schlägt vor, in Deutschland die verfassungsrechtliche Möglichkeit eines Ausnahmezustands einzuführen. Der CDU-Politiker sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, das Grundgesetz sollte entsprechend geändert werden, um bei künftigen Krisen rascher handeln zu können. Das derzeitige Entscheidungsverfahren – zum Beispiel im Rahmen von Ministerpräsidenten-Konferenzen – verlange zu viel Zeit, erklärte de Maizière. Ihm schwebe ein „befristeter Ausnahmezustand“ vor, mit einem ressortübergreifenden Krisenstab, der Weisungsrecht gegenüber Ländern und Kommunen habe.

Wenn Parteipolitiker den Föderalismus „modernisieren“, abschaffen oder „schlachten“ wollen, diesen als „Experiment“ umzuinterpretieren versuchen, nur „Entschlossenheit und Geschwindigkeit als einzige Währung“ akzeptieren, CDU-Oberste gar eine „Revolution“ ausrufen wollen oder einen Ausnahmezustand „mit Weisungsrecht gegenüber Ländern und Kommunen“ in das Grundgesetz einbringen wollen, spätestens dann sollte „man“ aufhorchen und sachlich bedenken, wohin diese mediale Stimmungsmache führen können, den Autoren nach: führen sollen.

Bevor der Föderalismus als essentieller Bestandteil der Gesellschaftsordnung (West-Deutschlands) nach der Katastrophe des vorherigen nationalsozialistischen Deutschlands über Bord geworfen wird – und das von Politikern, die sich für viele Menschen bislang eher wenig als vertrauenswürdig bewiesen haben – bevor man also solch gravierenden Schritte in Erwägung zieht sollte doch erst alles unternommen werden, um die derzeit schon vorhandenen Möglichkeiten im Föderalismus auszunutzen, ja im Gegenteil so gar als Chance zu begreifen.

Vielleicht nur ein einziger simpler Vorschlag als Beispiel:

Warum eigentlich bestimmen die Bund-Länder-Chefs/Chefinnen nicht jeweils 1 bis 3 (möglichst dialogfähige!) Vertrauenspersonen, die sich dann jeden (!) Tag online zusammensetzen, Fragen, Probleme und Vereinheitlichung zur Umsetzung von Maßnahmen zur Corona-Pandemie-Bekämpfung besprechen und abstimmen und eine gemeinsame Linie für die nächsten Treffen der Bund-Länder-Obersten vorbereiten? So ein Gesprächskreis könnte im besten Fall für ein vertrauteres und besseres Miteinander sorgen und es kann doch nicht sein, dass es inmitten dieser wirklich besonderen und schwierigen Zeit nur ein- bis dreiwöchige Ad-hoc-Treffen der Bund-Länder-Verantwortlichen mit den bekannten und menschlich doch gar nicht so überraschenden Problemen gibt.

Sollte so etwas an Eitelkeit und persönlichen Befindlichkeiten von gewählten Personen oder deren Vertrauten scheitern, so wäre immerhin der Kern des Problem eingegrenzt worden. Der Förderalismus jedenfalls wäre das dann nicht!

Bei dieser Gelegenheit: Wo ist denn eigentlich der sich als „Verfassungsschutz“ schönkleidende Inlandsgeheimdienset bei dem allen? Der infiltriert doch ansonsten furchtbar schnell und gerne Menschen und Menschengruppen, wenn diese – wie oben von Söder, Brinkhaus und Brodkorb in Reinstform vorgeführt – das „System“ ändern oder ganz abschaffen wollen?

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Veröffentlicht: Urteilstext des Verwaltungsgerichts Hannover zum Kippen der Ausgangssperre der Region Hannover (Az. 15 B 2865/21)

Wir veröffentlichen hiermit den Eilverfahrens-Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom Karfreitag, den 2.4.2021 (Az. 15 B 2895/21).

In dem 14seitigen Dokument wird ausführlich begründet, warum das Gericht (später bestätigt durch das OVG Lüneburg, Az. 13 ME 166/21) die von der Region Hannover verhängten Ausgangssperren als (voraussichtlich) nicht verhältnismäßig, nicht erforderlich und nicht angemessen bewertet.

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Hannover bzw. „Hannoversche Allgemeine Zeitung“: Journalistische Stimmungsmache gegen die Demonstrationsfreiheit [UPDATES]

Am gestrigen Abend des 1.4.2021 begann in Hannover die Allgemeinverfügung zur Einführung und Durchsetzung von Ausgangssperren zu wirken. An mindestens zwei Stellen in der Stadt gab es dagegen Proteste mehrerer Leute.

So fand sich in der Nordstadt Hannover eine Versammlung mit Kritik an den Ausgangssperren zusammen. Dass eine Versammlung auch zu Zeiten der Ausgangssperren zulässig sein kann, dazu hatten wir eine schriftliche Stellungnahme der Polizei Hannover eingeholt und hier als Sachstand veröffentlicht (und somit für Klarheit gesorgt, die die Allgemeinverfügung nicht herzustellen wagte).

Der in Hannover die Print-Medien dominierende Madsack-Konzern berichtete in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (HAZ) zu den Protesten in der Nordstadt, allerdings nicht journalistisch neutral oder sachlich, sondern mit erheblichen Anteilen der Stimmungsmache.

Um diese Behauptung zu belegen, nachfolgend ein paar Auszüge aus dem HAZ-Beitrag vom 2.4.2021 (Hervorhebungen durch uns): LINK1 und LINK2

Protest in Hannovers Nordstadt trotz Ausgangssperre: Polizei lässt Demonstranten gewähren (…) Verstöße gegen das Ansammlungsverbot und die Ausgangssperre sollen „konsequent geahndet“ werden. Das waren die Vorgaben in Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) und Hannovers Polizeipräsident Volker Kluwe vor Inkrafttreten der Ausgangssperre in der Region Hannover am Donnerstag um 22 Uhr. Absolut nicht ins Bild passt da das zögerliche Vorgehen der Beamten am Donnerstagabend in der Nordstadt. Dort hatten sich spontan 50 Menschen zum Protest an der Lutherkirche versammelt. Angeblich habe sich die Demo zu schnell aufgelöst, um zu handeln. Allerdings zog der Pulk fast eine Stunde durch die Straßen. Hat die Polizei bewusst weggeschaut? (…) Erst eine Dreiviertelstunde später löste sich der Protest von selbst auf. Von der Polizei bis dahin: keine Spur. „Konsequent gegen Verstöße vorgehen“: Noch am Vormittag hatte Polizeipräsident Kluwe appelliert, die neuen Vorgaben einzuhalten. Sie dienten nicht nur dem Infektionsschutz, sondern seien für alle bindend. „Deshalb werden wir auf die Einhaltung der Corona-Regeln, wie zum Beispiel das Ansammlungsverbot rund um die Feiertage, die Ausgangssperre sowie die weiterhin bestehende Tragepflicht der Mund-Nase-Bedeckung achten und Verstöße konsequent ahnden“, sagte Kluwe. Auch Innenminister Pistorius sagte im Vorfeld, die Polizei werde „während der Ostertage präsent sein und konsequent gegen Verstöße vorgehen“. Die Bilder aus der Nordstadt zeigen etwas anderes. „Die etwa 50 jungen Menschen wurden in Rücksprache mit der Versammlungsbehörde als Versammlung eingestuft“, sagt Polizeisprecherin Natalia Shapovalova dazu am Karfreitag. Alle Teilnehmer hätten vorschriftsmäßig Mund-Nasen-Bedeckungen getragen. (…) Fast eine Stunde dauerte die Spontandemo – zu kurz für Polizeipräsenz?

Qualitativ bewegt sich der Beitrag auf „BILD“-„Niveau“, wenn er offene Fragen stellt, ohne diese zugleich korrekt zu beantworten. Denn ganz offensichtlich war das alles im Sinne der Gesetze, Vorschriften und Verfügungen völlig rechtkonform. Von „bewusstem Wegschauen der Polizei“ kann also keine Rede sein.

Auch wenn die Autoren des Beitrags die Versammlung als „Pulk“ verunglimpfen bewegen sie sich nicht auf journalistischem Qualitätsniveau sondern scheinen sich an den Maßstäben des Klatschblättchens mit den vier großen Buchstaben orientieren zu wollen.

Offensichtlich hätten sich die Autoren ein – dann aber rechtswidriges – „Durchgreifen“ der Polizei gewünscht. Das zu kommentieren erübrigt sich.

Dann noch: Der Begriff „Spontandemo“ hat absolut nichts mit der Frage zu tun, wie lange eine solche Versammlung andauert.

„Protest trotz Ausgangssperre“ als Überschrift zu wählen beweist, dass die Autoren entweder keine Ahnung von der Rechtslage hatten (in dem Fall trotz Aufklärung durch die Polizeisprecherin!) oder aber einen anderen Eindruck erwecken wollen, als es die rechtliche Bewertung zulässt. Im letzteren Fall würde man den HAZ-Beitrag als mediale Aufwiegelung bezeichnen dürfen, ein Beitrag zu Stammtischdiskussionen, die sich in diesen Zeiten und Tagen eher als Online-Hetze darstellen und ein gesellschaftliches Klima erzeugt haben, das man sich vor Jahren nicht vorzustellen gewagt hätte und das in der realen Welt in einzelnen Fällen Auswirkungen hat, die bis hin zu Gewalt und Mord reichen.

Die „HAZ“ hätte die demonstrierenden Menschen auch für ihre Zivilcourage loben können, sich mittels ihres eigenen Verstands des Rechtes auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu bedienen bzw. diese (wieder-)zubeleben. Dass die Zeitung das Gegenteil tut und somit zur antidemokratischen Stimmungsmache beiträgt ist kein gutes Zeichen.

Wer eine andere Sicht der Dinge von den Verläufen am Gründonnerstag-Abend wahrnehmen möchte: Der freie Journalist Michael Trammer hat ebenfalls zur Sache berichtet.

 

[UPDATES]

Die „BILD“-„Zeitung“ schrieb folgendes zur der Gründonnerstag-Demo in der Nordstadt:

„Nur einmal gibt es eine Ansammlung von etwa 50 Leuten an der Lutherkirche. Sie protestieren gegen die Ausgangssperre, zünden Bengalos. Nach 20 Minuten löst sich der Mob auf.“

Ein Bild dazu ist wie folgt betitelt:

„Größter Zwischenfall: An der Lutherkirche demonstrieren 50 Leute gegen die Ausgangssperre“

Dass das Klatschblättchen eine Versammlung nach Artikel 8 Grundgesetz als „Zwischenfall“ bewertet und die Demonstrierenden als „Mob“ verunglimpft überrascht wenig. Doch immerhin lassen sich deren Schreiber nicht so wie die HAZ-Autoren dazu herab, die Polizei zu Unrecht für ihr Nicht-Einschreiten zu beschuldigen oder zumindest den Eindruck einer fahrlässig untätig agierenden Polizei zu erwecken.

Letzeres übrigens mit den befürchteten Folgen:

Die Polizei behandelte eine weitere Demonstration in der Nordstadt am folgenden Karfreitag abend dann einer Versammlung unwürdig und – soweit beurteilbar – rechtswidrig, indem sie die Demo einkesselte. Michael Trammer hat auch dazu berichtet (Achtung: Links gehen zu Twitter): LINK1 und LINK2.

So haben die HAZ-Autoren das erreicht, was nicht sein sollte: Eine effektive Beschneidung der Demonstrations- und Meinungsfreiheit und De-Couragierung der Bevölkerung. Zersetzung von Grundrechten inmitten der Corona-Pandemie.

 

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Wichtig: Demonstrieren während der Ausgangssperren erlaubt …

In Hannover-Linden regte sich erster Protest gegen die Ausgangssperren.

… so jedenfalls interpretiert die Versammlungsbehörde (vulgo: Polizei) Hannover die Nds. Corona-Verordnung und die Allgemeinverfügung der Region Hannover zu den dort ab 1.4.2021 zwischen 22 und 5 Uhr geltenden Ausgangssperren. Sich zu versammeln sei ein „triftiger Grund“, die Ausgangssperren nicht beachten zu  müssen. Selbstverständlich aber nur zu genehmigten Demonstrationen, bei denen entsprechende „Hygienevorschriften“ eingehalten werden.

Das wirft einige Fragen auf. Beispielsweise:

  • Warum ist das nicht explizit in der Allgemeinverfügung so beschrieben, warum also die so erzeugte massive Rechtsunsicherheit?
  • Gilt das auch für die Ausübung anderer Grundrechte, wie z.B. dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit? Darf man auch dafür die Ausgangssperren missachten?
  • Wie sehr beeinträchtigen die Ausgangssperren die tatsächliche Wahrnehmung des Versammlungsrechts, wenn es Menschen als Passanten nicht möglich ist, kurz entschlossen an der Demo teilzunehmen, oder erst mal beobachtend am Rande verweilen möchten, aber das jetzt nicht dürften?
  • Und Spontanversammlungen? Die werden mittels Ausgangssperren ja offenbar ganz verunmöglicht.

Ob diese und weitere Fragen zur Verhältnismäßigkeit und Rechtmäßigkeit der Ausgangssperren im Zuge einer Klage behandelt werden, darüber diskutieren einige Menschen vom freiheitsfoo derzeit. In diesem Kontext steht die Planung einer Demo zu den Zeiten der Ausgangssperre für den Samstag abend, den 10.4.2021 in Hannover als offene Idee im Raum …

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Nochmals und nur zur Erinnerung: Die alte freiheitsfoo-Mailingliste ist tot, es lebe die neue freiheitsfoo-Mailingliste!

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Für ein EU-weites Verbot biometrischer Massenüberwachung

Die Europäische Union und deren „Sicherheitsbehörden“ (aber nicht nur die!) forcieren die Erfassung, Verarbeitung und Verbreitung biometrischer Daten von „Bürger*innen“ und anderen Menschen, denen sie das Recht meint absprechen zu können, in die EU gelangen zu dürfen. Dazu gehört auch der Ausbau von Erfassungs- und Überwachungstechniken zur Gesichtserkennung von Menschen. Das alles aus unserer Sicht mit unübersehbaren Folgen für das zukünftige Leben von und anderen davon Betroffenenen und der Gesellschaft, einem menschenwürdigen Miteinander insgesamt.

Aus diesem Grund möchten wir auf eine „Europäische Bürgerinitiative“ hinweisen, die auf ein Verbot biometrischer Massenüberwachung hinzielt. Zumindest hinsichtlich des Ziels aus unserer Sicht sehr unterstützenswert, sehr wichtig.

Wir zitieren aus dem deutschsprachigen Teil der Initiative:

Die Zukunft muss von uns gestaltet werden.

Regierungen, Sicherheitsbehörden und Unternehmen können und werden Gesichtserkennung gegen jede:n von uns einsetzen – basierend darauf wer wir sind und wie wir aussehen.

Fordere unseren öffentlichen Raum zurück. Die Lösung: Ein Verbot biometrischer Massenüberwachung!

Unterschreibe die Petition für ein neues Gesetz!

Zivilgesellschaftliche Initiative für ein Verbot biometrischer Massenüberwachung

Wir fordern die Europäische Kommission auf, den Einsatz biometrischer Technologien streng zu regeln, um jegliche unzulässige Eingriffe in die Grundrechte zu verhindern. Insbesondere fordern wir die Kommission auf, die unterschiedslose oder stichprobenartige Verwendung biometrischer Daten, die zu einer unrechtmäßigen Massenüberwachung führen kann, in Gesetz und Praxis zu verbieten. Solche in die Privatsphäre eingreifenden Systeme dürfen weder entwickelt noch eingesetzt (auch nicht zu Testzwecken) oder von öffentlichen oder privaten Stellen genutzt werden, da sie zu unnötigen oder unverhältnismäßigen Eingriffen in die Grundrechte der Menschen führen können. Es hat sich gezeigt, dass die Nutzung biometrischer Massenüberwachung in den Mitgliedstaaten und durch EU-Agenturen zu Verstößen gegen das EU-Datenschutzrecht geführt und die Rechte der Menschen, einschließlich ihres Rechts auf Privatsphäre, auf freie Meinungsäußerung, auf Protest und auf Diskriminierungsfreiheit, ungebührlich eingeschränkt hat. Die weitverbreitete Nutzung von biometrischer Überwachung, Profiling und dazugehörigen Prognosen stellt eine Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit und unsere wichtigsten Grundfreiheiten dar. In dieser Europäischen Bürgerinitiative (EBI) fordern wir die Kommission daher nachdrücklich auf, einen Rechtsakt vorzuschlagen, der auf den allgemeinen Verboten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und der Richtlinie zum Datenschutz bei der Strafverfolgung (LED) aufbaut und diese uneingeschränkt achtet, um sicherzustellen, dass das EU-Recht die biometrische Massenüberwachung gezielt und ausdrücklich verbietet.

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Streit um Niedersachsens Polizei-Messenger NIMes: Landesdatenschutzbeauftragte ist mit dem „perspektivischen“ Verzicht des Einsatzes auf privaten Smartphones zufrieden, GdP Niedersachsen will lieber gar nicht erst Stellung beziehen bzw. Haltung beweisen

Ankündigungspolitik – Verbales Zurückrudern des Landespolizeipräsidenten

Zur Kritik am internen Kommunikationsdienst „NIMes“ der Niedersächsischen Polizei (siehe hier unsere ausführliche Kritik dazu) hat das Niedersächsische Innenministerium in einem Punkt verbal eingelenkt:

In einer am 24.3.2021 bei der Niedersächsischen Landesdatenschutzbeauftragten (LfD) eingegangenen Stellungnahme kündigte der Landespolizeipräsident Brockmann an,

dass der Ansatz des „Bring your own device“ (BYOD) durch die Anschaffung dienstlicher Geräte minimiert und „perspektivisch voraussichtlich sogar komplett entfallen“ soll.

So einer Pressemitteilung der Lfd Nds. zu entnehmen.

 

LfD Niedersachsen beschränkt ihren Blick auf rein datenschutzrechtliche Aspekte

Die Landesdatenschutzbeauftragte gibt sich – davon abgesehen, dass ihr die Umstellung in zeitlicher Hinsicht zu „zögerlich“ erscheint – mit dieser Ankündigung zufrieden und erklärt den Einsatz von NIMes nach Umsetzung der Ankündigung als

„im Einklang mit Datenschutz und IT-Sicherheit“

stehend. Und verliert kein Wort über die darüber hinaus gehende substantielle Kritik am NIMes-Messenger.

Denn ganz davon abgesehen, dass es unhaltbare materielle und PR-technische Unterstützung des Softwareunternehmens gab und dieses zudem auf besondere Weise mit einem den hannoverschen Zeitungsbereich dominierenden Medienkonzern verquickt ist schafft der Einsatz von NIMes Risiken, erlaubt es doch die völlig unkontrollierte Nutzung Ende-zu-Ende verschlüsselter Kanäle und Chaträume durch die Polizisten und Polizistinnen. Die Nutzung von NIMes als digitaler Kommunikations-Schutzraum für private oder zumindest rechtlich unzulässige oder gar rechte Gruppen innerhalb der Polizeibehörde ist zumindest möglich und denkbar.

Dazu schreibt die LfD nichts, wenn das auch zugegebenermaßen nicht zwangsläufig ihre Zuständigkeit ist. Dass Datenschutzbeauftragte ihr Mandat aber ansonsten auch zur weitergehenden Kritik nutzen können und dürfen ist kein Geheimnis. Davon macht die niedersächsische LfD in diesem Fall leider kein Gebrauch.

 

Kritik am NIMes-Konstrukt ist nicht neu

Doch zurück zum NIMes-Konstrukt:

Schon im Mai 2018 hat Stefan Krempl in einem Beitrag mit Blick auf NIMes so weise wie zu recht postuliert:

„Eine Frage bleibt: Kann es im Interesse der Bürger sein, wenn Polizisten eine echte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einsetzen? Denn bei Beschwerden wegen Polizeigewalt oder bei internen Ermittlungen könnten die Inhalte dann nur mit Zustimmung der betroffenen Person vom Smartphone ausgelesen werden. Auch um Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz beantworten zu können, setzen in Behörden genutzte Verschlüsselungsverfahren wie S/MIME in der Regel auf eine Escrow-Lösung, bei der im Bedarfsfall verschlüsselte Inhalte auf Anweisung entschlüsselt werden können.“

 

Widersprüchlicher Innenminister Pistorius

Zur Erinnerung in diesem Zusammenhang:

Im Zuge des Staatstrojanerwahns forderte der niedersächsische Innenminister Pistorius im Oktober 2020 öffentlich:

„Wir sind uns gemeinsam einig: Die Polizei muss im Jahr 2020 über rechtssichere Möglichkeiten verfügen, um in herausgehobenen Fällen auch auf die Kommunikation in Messengerdiensten zugreifen zu können.“

Keine Ahnung, wen Herr Pistorius mit „wir“ meinte. Aber bevor der SPD-Innenminister die IT-Sicherheit der Rechner und Smartphones von Bürger*innen und anderen Menschen meint brechen und unterwandern zu dürfen sollte er doch zunächst in seiner Polizeibehörde dafür sorgen, dass deren eigener (und gar nicht billiger!) Kommunikationsdienst überhaupt erst einmal kontrollierbar ausgestaltet wird.

GdP Niedersachsen will keine Stellung beziehen

Wir haben uns mit der wichtigen Fragestellung zu Sinn und Zulässigkeit einer echten Ende-zu-Ende-Messenger Lösung für polizeiinterne, behördliche Kommunikation bzw. mit einer Bitte um Stellungnahme dazu (im Zuge von Presseanfragen) an die niedersächsische Gewerkschaft der Polizei (GdP) gewandt.

Die „Antwort“ der GdP dazu:

„Bitte haben Sie Verständnis, dass wir über die am 25.02. an Sie übermittelten Antworten hinaus aktuell keine weitere Stellungnahme abgeben.“

Und weiter, auf erneutes Nachhaken hin:

„Als Interessenvertretung der Beschäftigten sehen wir keinen Bedarf an einer weiterführenden Bewertung durch die GdP Niedersachsen.“

Ebenfalls keine Antwort möchte die GdP Niedersachsen zu den Fragen geben, wie sie unsere Kritik an NIMes beurteilt, inwiefern sie Einfluß bei der Ausgestaltung der NIMes-App ausüben durfte und ob die von ihr geforderte und dann auch realisierte App-Abschaltfunktion in der Lebenswirklichkeit der Polizist*innen überhaupt greift bzw. genutzt wird oder nicht.

Wie heißt es doch so schön in der Satzung der GdP Niedersachsen:

„Die GdP Niedersachsen bekennt sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.Sie tritt für die Wahrung der Menschenrechte, für ein friedliches Zusammenleben aller gesellschaftlichen Gruppen und für Chancengleichheit ein. (…) Undemokratische Bestrebungen jeder Art lehnt sie ab. (…) Die GdP Niedersachsen ist unabhängig von Regierungen, Verwaltungen, politischen Parteien und Religionsgemeinschaften.“

Damit gehört es aus unserer Sicht zur Aufgabe der GdP, sich an einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu beteiligen, bei der es um die Frage des technischen Potentials der NIMes-App geht, rassistische Bestrebungen in der Polizei zu unterstützen, zu etablieren oder gar erst zu ermöglichen.

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Landesverfassungsgericht Brandenburg korrigiert Landgericht Frankfurt/Oder: Klage gegen massenhafte, unzulässige Identifizierung und Speicherung von KFZ-Kennzeichen auf Autobahnen muss doch behandelt werden

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Niedersachsen weichgespült: Aus „Studie zu Rechtsextremismus in der Polizei“ wird „Studie zur Polizeipraxis zwischen staatlichem Auftrag und öffentlicher Kritik“

Auf dem Höhepunkt der medialen Berichterstattung über Rassismus und Rechtsextremismus in der Polizei verkündete der niedersächsische Innenminister Pistorius (SPD) im Oktober 2020 eine „Studie zu Rechtsextremismus in der Polizei in Niedersachsen recht schnell“ in Gang bringen zu wollen.

Auf Nachfrage von uns dazu wurde uns nun mitgeteilt, dass „das Institut für Kriminalitäts- und Sicherheitsforschung an der Polizeiakademie Niedersachsen am 15.11.2020 mit der Studie „Polizeipraxis zwischen staatlichem Auftrag und öffentlicher Kritik““ begonnen habe.

Die thematisch markante Umwidmung der Studie wird nicht nur im Namen deutlich, sondern auch am Inhalt der von der Polizeiakademie selber betriebenen Untersuchung:

„Gegenstand der Studie ist die Polizeipraxis in Niedersachsen. Es werden die Herausforderungen alltäglicher Polizeiarbeit, die praktischen Bewältigungsformen und schließlich die daraus entstehenden Risikokonstellationen für – rechtlich und moralisch – problematische und gesellschaftlich unerwünschte Wirkungen polizeilichen Handelns untersucht.“

Die Studie soll ca. 2,5 Jahre dauern.

Interessant nebenbei: Soll das o.g. Institut die Studie doch angeblich schon am 15.11.2020 begonnen haben, wurde das Institut selber erst zum 1.1.2021 gegründet

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