Neben einigen anderen mehr oder weniger offenbar unsinnigen (Schein-)Argumenten zur Ausweitung behördlicher oder privater Videoüberwachung des öffentlichen Lebensraums taucht im letzten halben Jahr auch immer wieder eine angeblich „dramatische“ Zunahme von Wohnungseinbrüchen auf.
Wir haben uns hierzu intensiv mit der Situation im Bundesland Sachsen-Anhalt beschäftigt, wo der dort derzeit amtierende Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) mit genau dieser Argumentation mehr polizeiliche Videoüberwachung installiert. Der genaue Blick auf Situation und Polizeistatistik entlarvt dabei (zum x-ten mal), dass die Argumente zu einer sachlichen Begründung für mehr Kameraüberwachung nichts taugen. Die blinde Anschaffungswut von mehr Technik, ohne überhaupt zu wissen, wo und wie man diese einsetzen will, zeugt vielmehr von populistisch beeinflußter Scheinpolitik in einer Gesellschaft, die in diesen Zeiten mehr und mehr von irrationalen und unverhältnismäßigen Ängsten gesteuert wird.
Im Detail:
Unserer gesamten Recherche zugrunde liegt eine Verlautbarung des CDU-Innenministers Stahlknecht vom 4.7.2016, wonach aufgrund „stetig zunehmender Wohnungseinbrüche“ mehr Videoüberwachung erfolgen solle: Zehn Kameras inklusive Aufzeichnungstechnik für 80.000 Euro würden dazu neu beschafft. Der sachsen-anhaltinische Landesdatenschutzbeauftragte wurde hierzu weder zuvor um Rat befragt noch überhaupt darüber informiert und war entsprechend überrascht von diesem Vorstoß.
Je nach Perspektive wortgewaltig bis populistisch heißt es in der Exklusiv-Berichterstattung der Magdeburger „Volksstimme“:
„Es nützt nichts, nur über das Thema zu reden“, sagte Stahlknecht. „Wir müssen als Land ein Zeichen setzen.“ (…) Stahlknecht betonte: „Wir wollen auch den Druck durch Videoüberwachung erhöhen.“
Über den gesamten Vorgang berichtete der MDR in einem Fernsehbeitrag vom 15.7.2016 – durchaus kritisch, in der argumentativen Tiefe allerdings eher an der Oberfläche bleibend.
Erst mittels zweier Pressean- und -nachfragen an das Innenministerium von Sachsen-Anhalt vom Juli und August 2016 erhielten wir weitere detaillierte Informationen zur Ist-Situation der polizeilichen Videoüberwachung in diesem Bundesland, zur Entwicklung der Wohnungseinbruchskriminalität und zu den Details (bzw. den fehlenden Planungen!) der angekündigten Anschaffung von Überwachungstechnik.
Hier unser Fazit in Stichworten und Bildern: