Zweiter Appell des bundesweiten Netzwerks „Drohnen-Kampagne“ gegen bewaffnete Drohnen für die deutsche Armee

freiheitsfoo ist Teil der Drohnen-Kampagne, die sich Anfang 2013 gefunden und gegründet hat. Sie mischte sich mit einem breit (1/2/3) unterstützten Appell gegen Anschaffung und Einsatz von Kampfdrohnen ein. Das ist nun bald sieben Jahre her und damals war die (öffentliche) Diskussion um Drohnen im Einsatz für deutsche Armeen und Polizeien noch ganz am Anfang begriffen.

Auch wenn es um die Drohnen-Kampagne ruhiger geworden ist hat diese nun am 20.12.2019 aus aktuellem Anlass einen Zweiten Appell veröffentlicht, den wir hier gerne weiter verbreiten möchten:

 

Zweiter Appell des bundesweiten Netzwerks „Drohnen-Kampagne“

20. Dezember 2019

Keine Kampfdrohnen!

Vor sieben Jahren forderte der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) bewaffnete Drohnen („Kampfdrohnen“) für die Bundeswehr.  Wegen der starken Ablehnung durch die Bevölkerung gab es bis heute noch keine Mehrheit in der Politik für ihre Beschaffung.

Jetzt fordert die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) abermals deutsche Kampfdrohnen. Wir sagen abermals „Nein!       

Wir lehnen Kampfdrohnen ab, weil ihr Einsatz

  • Tötungen ohne ein Risiko für die Angreifenden ermöglicht und damit die Schwelle senkt, militärische Gewalt auszuüben;
  • den Krieg geografisch entgrenzt, weil sie von mobilen oder stationären Bodenstationen aus der Ferne oder sogar aus Deutschland gesteuert werden können;
  • in enger geheimdienstlicher Vernetzung mit solchen verbündeten Staaten ausgeübt wird, die mit bewaffneten Drohnen das Völkerrecht und die Menschenrechte ständig schwer verletzt haben;
  • durch ihre Verbindung mit willkürlichen und völkerrechtswidrigen Tötungen den Hass in den betroffenen Bevölkerungen schürt, Terrorismus fördert, Militärpersonal dadurch gefährdet und die Möglichkeit, friedliche Lösungen zu finden, untergräbt;
  • schwere psychologische Folgen für die Zivilbevölkerung in den betroffenen Gebieten verursacht, die dauerhaft überwacht werden, weil Drohnen wie ein Damoklesschwert über ihnen schweben;
  • zur wissenschaftlich bewiesenen psychologischen Traumatisierung des ausführenden Militärpersonals führt, während noch kein Beweis dafür erbracht wurde, dass diese Waffen Soldatinnen und Soldaten im Feld besser als konventionelle Waffen schützen können;
  • einen gefährlichen Vorstoß für die Nutzung von qualitativ neuen digitalen Technologien zum Töten bedeutet, die Grenzen zwischen Krieg und Frieden verwischt und sich zunehmend und weltweit der verfassungsgemäßen demokratischen Kontrolle entzieht.

Wir fordern von Bundesregierung und Bundestag,

  • das Versprechen in den Koalitionsverträgen von 2013 und 2018 endlich einzuhalten, eine offene und ausführliche Prüfung im Bundestag zu den völkerrechtlichen, verfassungsrechtlichen und ethischen Fragen im Zusammenhang mit dem Einsatz von bewaffneten Drohnen durchzuführen und erst danach über ihre Bewaffnung abzustimmen;
  • das Versprechen in den Koalitionsverträgen von 2013 und 2018 zur Ächtung von autonomen Waffensystemen einzuhalten und umgehend alle Forschungen und Entwicklungen in Deutschland hierzu zu verbieten;
  • die ebenfalls versprochene „breit angelegte Debatte in Politik und Gesellschaft“ über die Bewaffnung von Drohnen stattfinden zu lassen, sie zu fördern und in die Beratungen im Bundestag einzubeziehen, weil die rasche Digitalisierung und Automatisierung der Staatsgewalt bis hin zu autonomen Waffensystemen eine steigende zivilgesellschaftliche Verantwortung für die Gestaltung einer friedlichen und demokratischen Zukunft mit sich bringt
  • sich für ein weltweites Verbot und völkerrechtliche Ächtung solcher Waffensysteme einzusetzen.
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Innenministerkonferenz plant hinter verschlossenen Türen das Aufbohren der Steuer-ID zur bundesweit einheitlichen Personenkennziffer. (Die meisten) Innenministerien reagieren auf Presseanfragen dazu verschnupft oder gar nicht.

Haltung der Innenministerien zu den Plänen für die Einrichtung einer bundesweiten Personenkennziffer. In der Grafik nicht abgebildet: Die Nicht-Stellungnahme des BMI.

Die Innenminister des Bundes und der Bundesländer haben auf ihrer Innenministerkonferenz (IMK) im November 2018 beschlossen, ein einheitliches Identitätsregister für alle deutschen Staatsbürger einzurichten. Das wurde damals öffentlich nicht thematisiert, geschweige denn kritisch hinterfragt.

Erst nun, nachdem nach Beendigung der letzten IMK von Anfang Dezember 2019 ein vom Bundesinnenministerium (BMI) verfasster „Zwischenbericht“ einer dazu eingerichteten Arbeitsgruppe („Bund-Länder-Arbeitsgruppe Registerübergreifendes Identitätsmanagement – BLAG“) veröffentlicht wurde, regt sich etwas Widerstand, wenn auch noch sehr zaghaft. Der Grund: Die Arbeitsgruppe empfiehlt, die in 2007 eingeführte Steuer-Identifikationsnummer (Steuer-ID) als eineindeutige Kern-Kennziffer (Personenkennziffer, „Identifier“) für den Aufbau des so genannten „Identitätsregisters“ zu verwenden. Das ist genau das, wovor Datenschutzbeauftragte und zivilgesellschaftliche Gruppen damals gewarnt hatten, wobei deren Kritik stets mit dem Argument in den Wind geschlagen wurde, dass so etwas keineswegs beabsichtigt sei und niemals verwirklicht werde.

Nun ist es also doch soweit.

Der Zwischenbericht verweist lustigerweise auf Datensparsamkeit und versucht anhand dieses – bei den Innenmininistern und ihren Polizeien und Geheimdiensten ansonsten gar nicht beliebten – Datenschutzgrundsatzes den Sinn und die Notwendigkeit der Einrichtung eines neuen bundesweiten ID-Registers zu begründen.

Ebenso verweist der Zwischenbericht – zurecht – auf die bisherige Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sowie auf ein Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) aus 2012, das die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Steuer-ID attestiert. Allerdings – und das ist der große Knackpunkt an der selbstgerecht zurechtgebogenen verfassungsrechtlichen Flickschusterei der IMK-Arbeitsgruppe – bleiben diese Bedenken bei der bezeichneten Absicht, die Anwendung der Steuer-ID für die Errichtung des ID-Registers auszudehnen, faktisch auf der Strecke. Ebenso geht das BFH-Urteil von Bedingungen aus, die nach dem Aufbohren der Steuer-ID-Anwendung keine Gültigkeit mehr hätten. Genaueres dazu weiter unten.

Wir haben alle 17 Innenministerien des Bundes und der Bundesländer angeschrieben und um eine Stellungnahme, wie die Ministerien im Einzelnen zu der im Zwischenbericht geäußerten Absicht der Umnutzung der Steuer-ID stehen bzw. welche Meinung sie dazu vertreten. Dazu haben wir den Behörden eine Arbeitswoche lang Zeit gelassen.

Zusammenfassung der Antworten aus den Ministerien:

  • Drei Bundesländer (bzw. deren Innenministerien) finden diese Pläne ausdrücklich gut und unterstützen die Initiative (Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen).
  • Zwei Bundesländer wollen sich eine Prüfung des für Frühjahr 2020 angekündigten Abschlussberichts der Arbeitsgruppe vorbehalten (Berlin, Bremen).
  • Drei Bundesländer haben sich ausdrücklich geweigert, eine eigene Haltung einzunehmen bzw. diese mitzuteilen (Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt).
  • Das Bundesinnenministerium und acht Bundesländer haben auf unsere Presseanfrage bis dato gar nicht geantwortet (Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Thüringen).

Das Gesamtbild dieses Verhaltens der Innenministerien zeichnet ein düsteres Bild von dem ab, was die IMK ausmacht. Viele Ministerien verstecken sich hinter der IMK und entziehen sich damit der demokratischen Kontrolle. Die IMK kann derlei weitreichende Pläne wie in diesem Beitrag behandelt fernab kritischer Öffentlichkeit aushecken und unterliegt keinerlei Kontrollfunktion. Was die IMK von ihren „Kamingesprächen“ und anderen Verhandlungen und Verabredungen den Medien und damit der Öffentlichkeit mitteilt (oder auch nicht), kann sie selber entscheiden. Anfragen über das Informationsfreiheitsgesetz laufen in Sachen IMK aus rechtlich-formellen Gründen regelmäßig ins Leere. Doch wie auch immer und davon mal ganz abgesehen:

Wir halten die im Zwischenbericht skizzierten Vorhaben zur Erstellung eines ID-Registers für verfassungsrechtlich unzulässig.

Zur weiteren Untermauerung dieser Einschätzung und zur weiteren Information über die Pläne der demokratisch zweifelhaft, weil intransparent und nicht-legitimiert arbeitenden IMK rezitieren wir der Einfachheit halber aus unserer Presseanfrage vom 14.12.2019:

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Kritik an geplanter Polizeirechtsverschärfung in Schleswig-Holstein – freiheitsfoo übergibt ausführliche kritische Stellungnahme an den Innenausschuss

Anfang November 2019 stellte die Koalition in Schleswig-Holstein einen Entwurf mit umfangreicheren Änderungen zum Polizeirecht im Landesverwaltungsgesetz vor. Betont worden war vor allem von den Grünen und der FDP die Bürgerrechtsfreundlichkeit des Entwurfs. freiheitsfoo hat den Gesetzesentwurf jetzt in einer Stellungnahme detailliert untersucht und stellt kritisch fest:

Zahlreiche Grund- und Menschenrechte werden durch neue polizeiliche Befugnisse weiter eingeschränkt, bürgerrechtsfreundlich ist der Entwurf nicht.

Nachdem wir bereits vor einiger Zeit eine Synpopse, also eine übersichtliche Gegenüberstellung der geplanten Gesetzesänderungen veröffentlicht haben entstand aus der genauen Untersuchung des Gesetzentwurfs eine 36 Seiten lange Dokumentation der Polizeirechts-Reform mitsamt ausführlicher Kritik und Stellungnahme. Das freiheitsfoo hat dieses Dokument dem Innen- und Rechtsausschuss des schleswig-holsteinischen Landtags aushändigen lassen – so kann es den Parlamentariern und der Öffentlichkeit als kritisches Handbuch aus den Reihen der Zivilgesellschaft zur Hand sein und den weiteren Gesetzgebungsprozess begleiten.

Einige Details:

Die einzigen Änderungen, die tatsächlich etwas im Sinne von Rechten für Betroffene polizeilicher Maßnahmen verbessern, beruhen auf Urteilen des Bundesverfassungsgericht. So wurde beispielsweise die automatische Kennzeichenerfassung als rechtswidrig eingestuft. Trotzdem betont die Koalition sie wieder einführen zu wollen sobald klar ist wie das vereinbar mit der Verfassung doch gehen könnte. Das ist bezeichnend für die aktuellen Polizeirechtsverschärfungen in den letzten Jahren in anderen Bundesländern – und jetzt auch in Schleswig-Holstein.

So enthält das Gesetz mehr Überwachungsbefugnisse, wie zum Beispiel den Einsatz von Bodycams, die zuwider den Erkenntnissen aus wissenschafltichen Studien eingeführt werden, präventiven Einsatz von verdeckten Ermittler*innen oder die Möglichkeit, Menschen mit elektronischer Fußfessel auf Schritt und Tritt zu verfolgen. Zukünftig soll die Polizei an Bahnhöfen, Autobahnen und im Grenzbereich wahllos Menschen konrollieren können. Alle Erfahrungen mit solchen Kontrollen zeigen, dass es dabei oft zu rassistischen Diskriminierungen durch die Polizei kommt. Das wird auch nicht dadurch verhindert, dass „die Vorschrift diskriminierungsfrei ausgestaltet“ sei, wie in de Begründung angeführt – hier zeigt sich einmal mehr, dass Menschenrechte lediglich als leere Worthülsen vorkommen.

Auch reale Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Menschen durch die Polizei werden bei bloßen Verdachtsmomenten ermöglicht. Bei dem Verdacht, eine Person könnte Straftaten begehen, darf die Polizei einer Person vorschreiben, sich beliebig oft auf einer Polizeistation melden zu müssen – so sollen beispielsweise Fußballfans an der Reise zu ihren Lieblingsspielen gehindert werden. Die Polizei kann Menschen vorschreiben, sich an bestimmten Orten aufzuhalten und Aufenthaltsverbote aussprechen. Wenn sie sich dem Tragen einer elektronischen Fußfessel verweigern, darf die Polizei sie gleich einsperren – immer noch alles auf reiner Verdachtsgrundlage, ohne dass die Menschen irgendetwas kriminelles getan haben müssen. Das ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg in den Polizei- und Überwachungsstaat und ein Paradigmenwechsel der Polizeiarbeit, die nun bei von ihr vermuteter und selbst begründeter Gefährdungslage schwerste Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte lediglich verdächtiger Personen vornehmen darf.

Direkte Gewalt darf die Polizei mehr anwenden als je zuvor: Ihr wird es erlaubt, auf Kinder zu schießen, Sprengmittel auch gegen Menschen einzusetzen und mit dem Taser bekommt sie eine neue gefährliche, oft tödlich wirkende Waffe mit geringer Einsatzschwelle. Die sogenannten „Elektroimpulsgeräte“ – tatsächlich handelt es sich um Elektroschockwaffen – wirken oft tödlich, so starben in den USA mehr als 700 Menschen nach Einsätzen der Waffen.

Das Gesetz kommt in einer Zeit, in der die Kriminalität eher abnimmt als zunimmt. Es gibt also keinerlei objektive Grundlage, hier Befugnisse der Polizei verschärfen zu müssen. Wer diesen Gesetzesentwurf mitträgt, hat das Konzept von Bürgerrechten und Freiheit nicht verstanden. Die Freiheit ist immer die der anders denkenden und der am Rand der Gesellschaft stehenden Menschen.

Weiterführende Infos:

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Plötzlich Zone … oder: Die erstaunliche Rückkehr des Zonenrandgebiets Niedersachsen

Eine Geschichte über die unerwartete Rückkehr von Zonen und Zonenrandgebieten in Niedersachsen. Und über verfassungsrechtliche Ignoranz des Gesetzgebers.

Überraschung in Helmstedt

Damit hatte Hauke H. (62, Name v. d. Red. geändert) nicht gerechnet. Der sympathische Helmstedter Frührentner verdient sich abends etwas bei der lokalen Tanke an der Bundesstraße hinzu. Wer genauer nachfragt, erfährt, dass Herr H. von diesem „Zuverdienst“ die Lebensmittel einkauft, für die sonst die Rente nicht reicht. Sein Rücken ging beim Dachdecken kaputt, aber seinen Optimismus hat er behalten. Herr H. ist gelernter Dachdecker.

Wir treffen ihn beim Einräumen von Autoatlanten. „Kauft kein Mensch mehr“ teilt er im bräsigen niedersächsischen Idiom mit, „Haben ja jetzt alle Navi“. Kopfschüttelnd fügt er hinzu: „Ich brauch sowas ja nicht. Hier ändert sich eh nichts.“

Wir fragen ihn, ob er noch nichts davon gehört habe: „Aber ihre Tankstelle hier in Helmstedt ist doch bald wieder Grenzgebiet.“ Herr H. blickt verwirrt. „Grenzgebiet? Kommt etwa die Mauer zurück?“ Er braucht einen Moment, doch dann lacht er erleichtert auf: „Ihr wollt mich auf den Arm nehmen. So sieht das aus!“ und droht uns verschmitzt mit dem Zeigefinger.

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freiheitsfoo (nicht) auf dem 36C3

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Niedersächsischer Innenausschuss nickt Änderungen am noch frischen Polizeigesetz ab. Wir veröffentlichen alle dazu eingegangenen schriftlichen Stellungnahmen.

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Aufgepasst: Innenministerkonferenz erstmals gemeinsam mit Europol. Niedersachsens Innenminister Pistorius wünscht sich ein „europäisches FBI“.

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Zeitzeichen, 17

victor-klemperer-cc-by-sa-bundesarchiv_bild_183-s90733-mod-freiheitsfooIn unserer Kategorie „Zeitzeichen“ rezitieren wir in unregelmäßigen Abständen und in ebenso unregelmäßigem Umfang Nachrichtenschnipsel oder Zitate, die wir als möglicherweise stellvertretende Beispiele für größere Entwicklungen und gesellschaftliche Symptome empfinden: als Zeitzeichen.

Wir behalten uns vor, dieses oder jenes kurz zu kommentieren oder zu bewerten, oder auch nicht. :)

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Demonstrationen gegen den „AfD“-Bundesparteitag: Polizei spricht von „weitgehend friedlichem Verlauf“ und einzelner Anwendung „unmittelbaren Zwangs“ – wir sprechen von Schikanisierung von Versammlungsteilnehmenden und unnötiger wie unverhältnismäßiger Polizeigewalt an Protestierenden

Ein Polizist versetzt einem Demonstranten einen Faustschlag ins Gesicht.

Am vergangenen Wochenende fand in Braunschweig ein Bundesparteitag der „AfD“ statt. Zugleich eine Reihe von Protesten und Demonstrationen dagegen. Wir haben – neben vielen anderen! – am Samstag, den 30.11.2019 eine punktuelle Demonstrationsbeobachtung durchgeführt und stellen fest:

  1. Die Polizei Braunschweig hat Versammlungsteilnehmer ohne Rechtsgrundlage schikaniert und einzuschüchtern versucht.
  2. Die Einsatzleitung hat bei einer Straßenblockade von der Anwendung milderer, strategisch klügerer Alternativen abgesehen und der Anwendung unnötiger, aber dafür heftiger Polizeigewalt den Vorzug gegeben.

Im Folgenden untermauern wir beide Behauptungen, die im Gegensatz zu dem stehen, was die Polizei in der von ihr kolportierten Berichterstattung an die Medien zu vermitteln versucht:

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Von juristischen Siegen, die sich nicht danach anfühlen

Bildquelle: AK Vorrat OG Hannover, CC-BY-SA

März 2017: Wir stehen vor dem Flensburger Gerichtsgebäude; Anlass ist eine dort stattfindende Verhandlung. Die Polizei erkennt mich, möchte mit mir reden. Ich aber nicht mit ihnen und das antworte ich ihnen auch. So weit so belanglos.

2018 beantrage ich dann Auskunft beim schleswig-holsteinischen LKA, was dort denn so über mich gespeichert sei. Ich erhalte unter anderem den oben beschriebenen Vorgang beauskunftet. Es sei ein „Hinweis auf Person“ im Rahmen des „Deliktes“ (Ja, wirklich!) „Demonstration/ Kundgebung, gegen Justiz“ gespeichert.

Ich fragte am 25.4.18 nach, um was es sich hierbei genau handle und bekam am 16.5.18 die Antwort, ich sei bei einer Spontandemonstration durch eingesetzte Polizeibeamte erkannt worden und der Vermerk sei angelegt worden, „da die Gefahrenlage eine begleitende polizeiliche Lagebeurteilung erforderte“.

Mit Schreiben vom 27.5. fragte ich nach der Rechtsgrundlage der Speicherung dieser Demonstrationsteilnahme und bekam daraufhin am 31.5.18 die Antwort, die Personaldaten seien gemäß §9VersFG erhoben und gemäß §188k gespeichert worden.

Ich fragte am 15.7.18 nochmals nach, worin die unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung bestanden haben soll, die von mir ausging (denn eben das verlangt das benannte Gesetz). Ich erhielt daraufhin am 6.8.18 die Antwort, dass die Gefahr der Störung einer Gerichtssitzung befürchtet wurde und ich deswegen präventiv angesprochen worden sei, zu einer Kommunikation jedoch nicht bereit gewesen sei.

Ich hielt die Speicherung für rechtswidrig, da hier schlicht versucht wurde, absurdeste Gründe zu konstruieren, um eine Demonstrationsteilnahme speichern zu dürfen. Zumal ja auch die Polizei mit den Geschehnissen im Saal überhaupt nichts zu tun hat, denn dort wäre die dem Gericht unterstehende Sitzungspolizei (also Justizangestellte) für Störungen zuständig. Ich beantragte daher am 24.2.19 die Löschung dieses Eintrags, was mit Schreiben vom 21.3.19 abgelehnt wurde. Ich klagte daher nun auf Löschung des Eintrags.

Es kam im November 2019 zur Verhandlung vor dem VG Schleswig. Die Justiziarin der Polizei argumentierte,die Speicherung sei notwendig, um die Möglichkeit zu haben, polizeiliches Handeln im Nachhinein auf Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Weil der Eintrag als „relevant“ eingestuft sei, solle er statt einem Jahr drei Jahre gespeichert bleiben (ursprünglich sollten es sogar mal fünf sein). Worin diese Relevanz bestünde, könne sie allerdings nicht sagen, denn selber sei sie zwar die Prozessvertreterin, habe aber in den strittigen Eintrag kein Einsichtsrecht und kenne ihn auch nicht. Soweit so skurril.

Im weiteren Verlauf der Verhandlung wurde klar, dass die Polizei verlieren würde, wenn es zu einem Urteil käme und so sagte die LKA-Vertreterin schließlich die Löschung des Eintrages zu. In vier Monaten wäre er ohnehin gelöscht worden und einen für die Zukunft hilfreichen Gerichtsbeschluss habe ich nun auch nicht. Und ich muss weiterhin befürchten, dass die Polizei jeden Anlass bei dem sie mich zukünftig erkennt nutzt, um meine Anwesenheit dort zu speichern.

[Ein Gastbeitrag von Hanna Poddig. Im Original hier verbloggt.]

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