ÖPNV-Verkehrsbetriebe Hannover: 300.000 Euro zur Unterhaltung der Videoüberwachung – aber keine Belege für irgendeinen Erfolg. Außerdem: Erfolgreicher Phishing-Versuch, Hinterherhinken im Ausbau klimafreundlicher Antriebe und das Hochbahnsteig-Sanierungs-Desaster: Wie eine städtische Krähe der anderen kein Auge aushackt

Am 27.8.2019 fand in Hannover die diesjährige Hauptversammlung der üstra AG statt – eine im Wesentlichen im Besitz der Landeshauptstadt befindliche Aktiengesellschaft, die den gesamten ÖPNV Hannovers (im allgemeinen gut!) organisiert und betreibt.

Wie schon zuvor haben wir die Hauptversammlung begleitet und einige Fragen und Antworten in unserem Wiki dokumentiert. Auf vier uns besonders wichtig erscheinende Punkte bzw. Informationen möchten wir hiermit aufmerksam machen, empfehlen jedem und jeder Interessierten aber das Studium der über 30 Fragen und Antworten im Wiki.

 

Videoüberwachung

Die üstra betreibt einige hundert Videoüberwachungskameras, hauptsächlich an Haltestellen, in Bussen und Stadtbahnen. Deren Betrieb (ohne Anschaffungskosten!) kostete dem Unternehmen in 2018 insgesamt 314.000 Euro. (2017 waren es noch 275.000 Euro.) Auf die Frage, in wie vielen Fällen die Kameras dabei effektiv geholfen haben, Straftaten aufzuklären oder zu verhindern heißt es vom üstra-Vorstand: „Dazu liegen uns keine Informationen vor.“ Also zusammengefasst: Es gibt keinerlei Belege, ob und in welchem Umfang die Überwachungskameras zur Sicherheit der Fahrgäste beitragen. Die üstra-Verantwortlichen scheint es auch nicht zu interessieren, denn die Antwort auf diese Frage ist seit Jahren die gleiche. Möglicherweise gibt es gute Gründe, das nicht weiter zu hinterfragen oder zu evaluieren …

 

Erfolgreiche und teure Phishing Attacke auf die üstra

Die üstra ist im vergangenen Jahr Opfer eines erfolgreichen Phishing-Angriffs geworden. Eine professionell gefälschte E-Mail an eine üstra-Mitarbeiterin im Verwaltungsbereich erweckte den Anschein, von einem hochrangigen üstra-Verantwortlichen zu sein und veranlaßte die Mitarbeiterin zu einer Überweisung von 70.000 Euro auf ein ausländisches Bankkonto von Trickbetrügern. Nur mit großer Müh und Not konnte ein größerer Teil dieses Geldes zurückgeholt werden.

 

Hinterherhinken im Voranschreiten in Sachen brennstoffzellen-angetriebenen Bussen

Hatte die üstra in Sachen batteriegetriebener Stadtbusse noch eine Vorreiterrolle eingenommen scheint sie im nächsten Schritt hin in Richtung Brennstoffzellen-Busse hinterherzuhinken und diesen Fehler noch nicht zu erkennen: Während flixbus in diesen Tagen eine Kooperation in Sachen Brennstoffzellen-Fernbus-Entwicklung ankündigt musste der üstra-Vorstand auf die Frage, ob man bei der üstra auf dem Weg zum Wasserstoff-getriebenen Elektrobus sei passen: Man sei auf der Suche nach Beteiligungen an entsprechenden Forschungs- und Entwicklungsprojekten, bislang aber ohne Ergebnis.

 

Keine Regreßforderungen im Zuge des Haltestellen-Sanierungs-Debakels

Rund 37 zum Teil noch recht neue Hochbahnsteige waren oder sind sanierungsbedürftig. Die Sanierung dieser Haltestellen ist eine aufwändige und für Kunden und üstra mit vielen Umständen und Ärger verbundene Maßnahme. Dennoch kann (oder will?) die üstra das für den Bau der Bahnsteige zuständige und haftbare Unternehmen, die infra GmbH nicht in Regreß nehmen. Die uns wenig glaubwürdigen Begründungen hierfür lauten (zur freien Auswahl):
1. Die Haltestellen seien damals nach dem Stand der Technik gebaut worden – die Schäden seien niemanden anzulasten.
2. Die Ansprüche seien verjährt.
Nun muss man wissen, dass die infra GmbH genau so wie die üstra AG mehrheitlich der „Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft Hannover mbH (VVG)“ gehören, die wiederum eine Holding der Stadt und Region Hannover ist. Es wäre nicht verwunderlich, dass man sich hier im gleichen Hause nicht gegenseitig weh tun möchte. Möglicherweise werden hier also die Folgen von Fehlern oder gar Schlamperei bei der infra GmbH auf die üstra AG abgewälzt.

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