Zeitzeichen, 26

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In unserer Kategorie „Zeitzeichen“ rezitieren wir in unregelmäßigen Abständen und in ebenso unregelmäßigem Umfang Nachrichtenschnipsel oder Zitate, die wir als möglicherweise stellvertretende Beispiele für größere Entwicklungen und gesellschaftliche Symptome empfinden: als Zeitzeichen.

Wir behalten uns vor, dieses oder jenes kurz zu kommentieren oder zu bewerten, oder auch nicht. :)

Für die Akten: Es gibt keine Extremisten im deutschen Auslandsgeheimdienst. Aus einem Bericht der Tagesschau vom 10.10.2022: „Der BND hat als eine der letzten bundesdeutschen Behörden NS-Kontinuitäten in seiner Geschichte aufgearbeitet. Wie die neue Studie jetzt zeigt, waren diese im deutschen Nachrichtendienst größer als in jeder anderen Behörde. Für BND-Präsident Bruno Kahl ist das auch eine ständige Mahnung, dass man da nichts einreißen lassen dürfe. Der neue Dienst sei jedoch gut gewappnet: „Wir haben ganz hohe Standards bei den Leuten, die wir bei uns einstellen. Die werden sehr genau unter die Lupe genommen. Und dann kann man doch ziemlich viel ausschließen an extremistischen Betätigungen, Bestrebungen oder auch Prägungen.„“ Hört, hört … und nicht vergessen!

DLF-Kurznachricht vom 1.1.2023: „Nato-Generalsekretär Stoltenberg hat die Mitglieder des Militärbündnisses zu einer verstärkten Waffenproduktion in den kommenden Monaten aufgefordert. Das sei nötig, damit die Allianz genug Waffen für die eigene Verteidigung habe und die Ukraine langfristig weiter mit Waffen für den Kampf gegen Russland versorgen könne, sagte Stoltenberg der BBC. Der von Russland ausgelöste Krieg koste eine „enorme Menge“ Munition. Auch scheine Russland trotz seiner Rückschläge auf dem Schlachtfeld an seinem Ziel festzuhalten, die Ukraine zu kontrollieren. Stoltenberg betonte erneut, die Fähigkeit der Ukraine, etwas bei Verhandlungen für ein Kriegsende auszuhandeln, sei von der Stärke abhängig, die das Land auf dem Schlachtfeld zeige.

DLF-Kurznachricht vom 1.1.2023: „Als Konsequenz aus den Angriffen auf Einsatzkräfte in Berlin und anderen Städten in der Silvesternacht fordert die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft, Einsatzfahrzeuge mit sogenannten Dashcams auszustatten. Dabei handelt es sich um kleine Kameras, die hinter der Windschutzscheibe montiert werden. So könnten Angriffe besser dokumentiert werden, teilte der Landesverband Berlin-Brandenburg mit. Zudem verwies die Gewerkschaft auf Bodycams, die derzeit getestet würden. Es sei unvorstellbar, was die Einsatzkräfte in dieser Silvesternacht erleben mussten, sagte der Landesvorsitzende Wieg einer Mitteilung zufolge. Feuerwehr und Polizei in Berlin zählten in der Nacht zum Neujahrstag insgesamt 33 verletzte Einsatzkräfte. Als Reaktion auf die Angriffe verlangte etwa die Gewerkschaft der Polizei Berlin ein weitgehendes Böllerverbot. (…)“ Und die Tagesschau dazu: „(…) Erneut klagten die Einsatzkräfte, sie seien auf ein hohes Maß an Aggression gestoßen. In Berlin seien Beamte beim Löschen eines brennenden Autos „massiv mit Böllern angegriffen“ worden, erklärte die dortige Polizei. Im Ortsteil Lichtenrade versuchten laut Polizei 60 bis 80 Menschen, ein Fahrzeug mit Feuerwerk anzuzünden, Polizisten seien „sprichwörtlich unter Beschuss genommen“ worden. Die Polizei in der Hauptstadt berichtete von 18 verletzten Beamten. Die Intensität der Angriffe sei „mit den Vorjahren nicht zu vergleichen“ gewesen. Man habe mehr als 100 Menschen festgenommen. Auch der Berliner Landesbranddirektor Karsten Homrighausen verurteilte Angriffe auf Rettungskräfte auf das Schärfste. „Selbst erfahrene Einsatzkräfte waren über die Aggressivität und Gewaltbereitschaft durch zum Teil vermummte Gruppen geschockt“, twitterte die Feuerwehr: „Allen 15 verletzten Einsatzkräften gute Besserung.“ Als Reaktion auf die Angriffe mit Böllern und Raketen auf Polizisten und Feuerwehrleute verlangt auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Berlin, mit einem weitgehenden Böllerverbot Ernst zu machen. „Wir haben deutschlandweit gesehen, dass Pyrotechnik ganz gezielt als Waffe gegen Menschen eingesetzt wird“, kritisierte GdP-Landeschef Stephan Weh. Das müsse ein Ende haben. (…)“

Die „Wehrbeauftragte“ Eva Högl (SPD) am 14.1.2023: „Bundeswehr – Högl: Sondervermögen muss verdreifacht werden. Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Högl, hat sich dafür ausgesprochen, das Sondervermögen für die Bundeswehr auf 300 Milliarden Euro zu verdreifachen. Die SPD-Politikerin sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, die weitere Unterstützung der Ukraine mit Waffen und Munition werde nicht ohne neue Fertigungskapazitäten gehen.“ Geht’s noch? Warum nicht gleich das 10fache?

Panzer-Marie Strack-Zimmermann (FDP) am 17.1.2023 zur überraschenden Benennung des nds. Innenministers Boris Pistorius (SPD) zum neuen Bundeskriegsverteidigungsminister: „Die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses Strack-Zimmermann – FDP – nannte Pistorius „eine überraschende Wahl“. Man werde ihn unterstützen, sofern er ausschließlich die Interessen der Soldaten vertrete.“ Aha, „ausschließlich“ …

Eine entlarvende DLF-Kurznachricht vom 23.1.2023: „Deutsche Wirtschaft: KfW warnt vor „Ära schrumpfenden Wohlstands. Die staatliche Förderbank KfW warnt vor einem wirtschaftlichen Abstieg Deutschlands. Das Fundament für ein weiteres Wachstum des Wohlstands bröckele, zitiert die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ aus einer Analyse der KfW. Das schrumpfende Angebot an Fachkräften und die schwache Entwicklung der Produktivität in den Unternehmen sei bedrohlich und stelle eine einzigartige Herausforderung dar, die in der Nachkriegszeit für die Bundesrepublik in dieser Form neu sei. Wenn sich daran nichts ändere, träte Deutschland noch in diesem Jahrzehnt in eine „Ära anhaltend stagnierenden“ und womöglich auch „schleichend schrumpfenden Wohlstands“ ein. Es seien zunehmende Konflikte um eine Verteilung und eine verstärkte Konkurrenz um die Nutzung von knappen Ressourcen zu erwarten. Die KfW-Experten schlagen demnach drei Maßnahmen vor: Mehr Menschen in Arbeit bringen, mehr Zuwanderer ins Land holen und die Arbeitsproduktivität steigern. Keine dieser Stellschrauben allein könne das Problem lösen.“ Ein Offenbarungseid des Wachstumswahnsinns. Was ist eigentlich „Wohlstand“ im Sinne der so genannten oder sich selbst bezeichnenden „Wirtschaftsexperten“? Und: Kann das vorgeschlagene Rezept eine Lösung, und wenn auch nur eine Lösung im Sinne dieser Verrückten sein? Man scheint dort keinerlei Blick über den eigenen, sehr beschränkten Tellerrand werfen zu können …

DLF-Kurznachricht vom 26.1.2023: „Bundestaganhörung: IT-Experten sehen gravierende Mängel bei Cybersicherheit in Deutschland“ Oh – was für ein Überraschung, was die „IT-Experten“ da mitteilen … Die Nachricht geht aber noch weiter:Der Gründer und Sprecher der AG Kritis, Atug, sagte bei einer Anhörung im Digitalausschuss des Bundestags, zu viele Akteure und zu viele ineffektive Gesetze machten die Cybersecurity komplex. Doch Komplexität sei der Feind von Sicherheit. Die Geschäftsführerin des Sicherheitsberatungsunternehmens Deutor, Frey, meinte, wer schon einmal die Cybercrime-Abteilung eines Landeskriminalamtes besucht habe, wisse, dass dies kein attraktiver Arbeitsplatz sei für die Fachkräfte, die man für die Aufklärung solcher Straftaten dringend benötige. Auch die Gehälter seien zu niedrig. Ach so. Es liegt an der Vielfalt von „Akteuren“ und falschen Gesetzen. Und an zu niedrigen Löhnen. Nur daran, versprochen!

Aus den Lübecker Nachrichten vom 29.1.2023: „Nach dem Messer-Anschlag in einem Regionalexpress in Brokstedt mit zwei Toten fordern Fahrgastverband Pro Bahn und Eisenbahnergewerkschaft GDL mehr Sicherheitsmaßnahmen in den Zügen. „Wir fordern einen flächendeckenden Ausbau der Videoüberwachung in allen Waggons“, sagt Karl-Peter Naumann von Pro Bahn.“ Flächendeckend, na klar, was sonst. Ist ja auch egal, ob das etwas verhindert oder nicht. Hauptsache flächendeckend. Hallo Karlsruhe!

Der rechte ehemalige Chef des Inlandsgeheimdienstes, Hans-Georg Maaßen im Interview mit dem DLF am 31.1.2023 (ab 0’56“): „Ich habe immer Probleme gehabt mit dem Linkskurs von Angela Merkel, den ich für falsch halte und wo ich der Meinung bin, der muss aufgearbeitet werden.“ Har, har, har … Im DLF-Pressespiegel vom gleichen Tag ist aus der „Rhein-Neckar-Zeitung“ zu lesen: Wie kann das sein, dass der Chef der Behörde, die Extremismus in der Gesellschaft aufdecken soll, selbst ein gefährlicher Schwurbler ist? Und wieso fiel das in Maaßens sechsjähriger Amtszeit niemandem auf? Oder zuvor während seiner Zeit als Ministerialdirigent im Bundesinnenministerium – Schwerpunkt Terrorismusbekämpfung. Dass Maaßen erst als Politpensionär zum Sonderling mit Hang zu Verschwörungstheorien wird, ist unwahrscheinlich. Dass er diese Karriere machte – ein Skandal.“ Es mag den Leuten hinter dieser Zeitung (und anderer) niemanden aufgefallen sein, anderen Leuten aber schon. Dafür gab es mehr als genug Gelegenheiten. Herr Maaßen hatte es ja sogar 2016 schon auf ein Fahndungsplakat geschafft. Und Herr Maaßen selber? Der verteitigt seine Haltung – mit Verweis auf seine „vielen Freunde in der CDU“: „(…) Maaßen verteidigte seinen umstrittenen Äußerungen: „Was ich gesagt habe, ist nicht rassistisch, sondern das, was viele Menschen im Land denken. Ich habe unter anderem für eine Steuerung und Begrenzung der Migration plädiert und lehne ideologische Positionen ab, die sinngemäß durch eine Massenmigration ein Aussterben der „Weißbrote“, also von Menschen mit weißer Hautfarbe, fordern.Wenn die CDU seine Kritik nicht mittrage, dann sei sie eine linke Partei. (…) Maaßen hatte in einem Tweet behauptet, Stoßrichtung der „treibenden Kräfte im politischen-medialen Raum“ sei ein „eliminatorischer Rassismus gegen Weiße“. In einem Interview sprach er zudem von einer „rot-grünen Rassenlehre“. (…)“

Aus einem NDR-Bericht vom 1.2.2023, nochmal zum Wunsch vollständiger Videoüberwachung der ÖPNV-Nutzer: „Eine Woche nach dem Messerangriff bei Brokstedt (Kreis Steinburg) hat der Innen- und Rechtsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages über mögliche Konsequenzen diskutiert. Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) sprach sich dabei auch für eine Videoüberwachung in Zügen und auf Bahnhöfen aus. Hallo Murmeltier! Ist zwar völlig zwecklos, mehr Videoüberwachung zu installieren. Aber billig, um nicht von populistisch zu sprechen. Und hey – dann haben wir hinterher wenigstens schöne Bilder von den Gewalttaten für das Boulevard-Schmierblatt oder für die Tagesschau.

DLF-Kurznachricht vom 2.2.2023: „Grauwölfe – Europäische Umweltminister stellen sich beim Artenschutz gegen das EU-Parlament. Umweltminister aus zwölf europäischen Ländern haben den Forderungen des EU- Parlaments nach weniger Schutz von Grauwölfen eine Absage erteilt. In einem auch von der deutschen Umweltministerin Lemke unterzeichneten Brief an die Europäische Kommission heißt es, dass bestehende Ausnahmeregelungen für den Abschuss von Tieren nicht gelockert werden dürften. Grauwölfe seien noch immer vom Aussterben bedroht.“ Man hat tatsächlich den Eindruck, als würde man sich in Deutschland und anderen europäischen Ländern stark für den Erhalt grauer Wölfe einsetzen … und das, obwohl es sich selbst nach Ansicht deutscher Behörden um die „größte rechtsextreme Organisation in Deutschland“ handelt.

Aus einem Kommentar der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ vom 6.2.2023 vom Chefredakteur Conrad von Meding: „Erst die Klebe-Blockade auf dem Schnellwegkreisel, dann das mit Farbe besudelte Reiterstandbild vor dem Hauptbahnhof – und schließlich die Ankündigung, dass weitere ähnliche Aktionen folgen sollen. In Hannover hat der Protest, mit dem Aktivistinnen und Aktivisten auf den Klimawandel aufmerksam machen und Politik und Gesellschaft zum Handeln auffordern, eine Rigorosität erreicht, die man bisher nur aus Weltstädten wie London oder Berlin gewohnt war. Und manch einer fragt sich zu Recht: Ist so etwas mit der Demokratie zu vereinbaren? Tatsächlich hätten wir Stillstand in jedem strittigen Thema, wenn es der Staat dulden würde, dass immer ein Teil der Konfliktparteien den anderen mit Nötigungen überzieht, sobald er seine Interessen nicht genug gewahrt sieht. Deshalb ist es richtig, dass die Polizei die Klimaaktivisten nicht gewähren lässt, wenn sie in die Privatsphäre anderer Menschen eingreifen, etwa bei Straßenblockaden. Was sind das platte und unsinnige Fragen ob sich „so etwas mit der Demokratie vereinbaren“ lasse? Und: Wo ist denn der Eingriff in die „Privatsphäre“ zu erkennen. Herr von Meding sollte die Verwendung von Bingo-Begriffen vermeiden, wenn sie sachlich nicht passen. Und ob „besudeln“ einer nüchternen Darstellung entspricht, das darf man bezweifeln. Der Beitrag ist zwar ein Kommentar, doch lässt die Verwendung dieses Verbs tief blicken.

DLF-Kurznachricht vom 10.2.2023: „Der US-Satelliteninternetdienst Starlink von Tesla-Chef Elon Musk unternimmt Schritte, um die Ukraine im Krieg gegen Russland an der Nutzung des Systems zur Steuerung von Drohnen zu hindern. Die Versorgung mit dem Netzwerk sei „nie dazu gedacht gewesen, als Waffe eingesetzt zu werden“, sagte die Präsisidentin und Geschäftsführerin von SpaceX, Gwynne Shotwell, zu der Starlink gehört. (…) Laut Verträgen ist Starlink demnach nur für humanitäre Zwecke gedacht ist. (…)“ Was für eine Scheinheiligkeit! Und wofür wird Starlink im Rahmen der gewaltigen Zusammenarbeit mit US-Militärs eingesetzt?

DLF-Kurznachricht vom 10.2.2023: Der Reservistenverband der Bundeswehr hält die Wiedereinführung der Wehrpflicht für unumgänglich. Verbandspräsident Sensburg [„C“DU] sagte der Mediengruppe Bayern, die Bundeswehr müsse glaubwürdig im Bündnis nach außen zeigen, dass sie abschrecken könne. Dafür brauche es neben einer gut ausgebildeten und ausgestatteten Truppe ebenso gut ausgebildete Reservisten. Diese rekrutierten sich aber nur in ausreichendem Maße aus der Wehrpflicht. Ähnlich äußerte sich die Wehrbeauftragte des Bundestags, Högl. In Deutschland ist die Wehrpflicht seit 2011 ausgesetzt. Der neue Verteidigungsminister Pistorius hatte die damalige Entscheidung vor kurzem als Fehler bezeichnet. Die FDP lehnt aber die Einführung einer neuen Form der Wehrpflicht ab.“ Nur die FDP ist gegen diesen hohl gequatschten Unsinn? Na dann hält der Widerstand nicht lange an, das Ergebnis ist absehbar. Es ist übrigens der gleiche Herr Sensburg, der auch dem ehemaligen NSA-Bundestags-Untersuchungsausschuss vorstand. Schon mit 15 Jahren ist er der Jungen Union beigetreten. Damit ist alles gesagt.

DLF-Nachricht vom 19.2.2023: „Der Sozialverband VdK fordert einen Rechtsanspruch auf Tagespflege, vergleichbar dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Kinder ab einem Jahr. Die Präsidentin der Organisation, Bentele, sagte der Zeitung „Bild am Sonntag“, damit könne auch der Fachkräftemangel eingedämmt werden. Sie verwies darauf, dass derzeit 2,2 Millionen pflegende Angehörige nicht arbeiteten oder in Teilzeit beschäftigt seien. Dieses Potenzial liege brach. Hätten diese Personen einen Tagespflegeplatz, wäre es für sie ein Leichtes, zwei Stunden am Tag zu arbeiten oder die Teilzeit um zwei Stunden aufzustocken. So könnten 580-tausend Arbeitskräfte mobilisiert werden, erklärte die VdK-Chefin.“ Was für eine menschenfeindliche Lebenseinstellung: Anstelle den Menschen, die Angehörige oder nahestehende Menschen alltäglich pflegen, sich um sie kümmern, anstelle also diesen Menschen endlich einmal öffentlich Anerkennung auszusprechen und sich für die Vereinfachung und Entbürokratisierung deren Tuns und Lebens einzusetzen geht es dem „Sozialverband“ um die „Arbeitszeitpotential“, das nach Frau Benteles Meinung „brach liegt“. Empathiebefreiter geht es kaum. Andereseits auch dieses ein Zeitzeichen, ein bitteres.

DLF-Kurznachricht vom 23.2.2023: „Bundesverfassungsgericht: Keine neuen Ermittlungen zum Fall Oury Jalloh. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nahm eine Beschwerde des Bruders nicht zur Entscheidung an. Zur Begründung hieß es, mit der Einstellung der Ermittlungen sei nicht gegen das Grundgesetz verstoßen worden. Jalloh war am 7. Januar 2005 verbrannt in einer Zelle des Polizeireviers Dessau gefunden worden. Nach den Ermittlungen der Behörden soll er das Feuer selbst gelegt haben. Angehörige sowie mehrere Initiativen bezweifeln dies, da Jalloh an Händen und Füßen gefesselt war. (Az: 2 BvR 378/20)“ Tragisch, enttäuschend, unverständlich. Was bleibt da noch, wohin mit der Wut, wenn die vorgegebenen Rechtswege erschöpft sind?

DLF-Nachricht vom 24.2.2023: Nach mehr als 20 Jahren Haft ohne Anklage sind zwei Pakistaner aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo freigekommen. Wie das amerikanische Militär mitteilte, wurden sie in ihr Heimatland überstellt. Bei den Männern handelt es sich um Brüder. 2002 waren sie von der pakistanischen Polizei in Karatschi festgenommen und an die Vereinigten Staaten ausgeliefert worden. Sie sollen angeblich Mitglieder der Terrorgruppe Al-Kaida unterstützt haben. Die beiden beschuldigen den amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA, sie gefoltert zu haben. Das Haftlager auf dem Marinestützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba wurde unter dem früheren US-Präsidenten George W. Bush geschaffen. Auslöser waren die Terroranschläge vom 11. September 2001. Teilweise wurden 600 Menschen dort festgehalten, derzeit sind es noch 32. Neun müssen sich vor Militärtribunalen verantworten. Zwei wurden bereits verurteilt. Menschenrechtler haben die Errichtung des Lagers von Anfang an kritisiert.“ Lupenreine Demokratie, diese USA. 20 Jahre eingesperrt. Menschenrechtslage miserabel. Vermutlich Folter. Keine Anklage. Keine Entschuldigung.

In einem Beitrag des NDR vom 25.2.2023 sorgt sich die Gewerkschaft der Polizei darum, dass sich immer mehr Menschen in Niedersachsen einen „Kleinen Waffenschein“ ausstellen lassen. Dazu heißt es: „“Bedenklich“ findet Kevin Komolka die steigende Zahl Kleiner Waffenscheine. „In einem sicheren Land wie Niedersachsen gibt es eigentlich keinen Grund, weshalb sich Privatleute bewaffnen müssten“, sagt der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Die Polizei als Vertreterin des Staates hat nicht ohne Grund das Gewaltmonopol. Sie ist dafür da, allen Bürgerinnen und Bürgern Schutz zu bieten.„“ Mal ganz davon abgesehen, ob die Polizei diesem zuletzt formulierten Selbstanspruch gerecht wird oder nicht … plötzlich ist Niedersachsen ein „sicheres Land“. Das hört sich sonst ganz anders an, wenn die Polizeigewerkschaften für weitere Verschärfungen der Polizeigesetze plädieren und entsprechend erfolgreich lobbyieren. Häng den Mantel in den Wind, Wachtmeister Stiefelknecht!

DLF-Kurzmeldung vom 6.4.2023: Bundesinnenministerin Faeser lehnt eine Begrenzung des Zuzugs von Flüchtlingen ab. Acht von zehn Geflüchteten kämen aus der Ukraine, wo man derzeit einen furchtbaren Krieg erlebe, sagte die SPD-Politikerin der Funke Mediengruppe. Da könne es keine Höchstgrenzen für Menschlichkeit geben. (…)“ Die „Höchstgrenzen für Menschlichkeit“ gelten dann wohl nur für Nicht-Ukrainer … Ich hätte da einen Vorschlag für das Unwort des Jahres!

DLF-Kurznachricht vom 17.4.2023: Bundespräsident Steinmeier hat Altkanzlerin Merkel bei der Verleihung des höchsten deutschen Verdienstordens als außergewöhnliche Politikerin gewürdigt. Sie habe in Krisenzeiten Deutschland und Europa zusammengehalten und Kritiker widerlegt, sagte Steinmeier im Berliner Schloss Bellevue. Als herausragende Beispiele nannte der Bundespräsident Merkels Politik während der Corona-Pandemie, in der Finanzmarktkrise und beim Atomausstieg. (…) Hinzu gekommen sei ihre Fähigkeit, auch Fehler anzuerkennen und zu korrigieren, lobte Steinmeier, der einst Außenminister unter Merkel gewesen ist. Merkel beschränkte sich in ihrer Rede auf eine Danksagung an Weggefährten. Neben ihrer Familie standen unter anderem Bundeskanzler Scholz, EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und die früheren Kanzleramtschefs de Maizière, Pofalla, Altmaier und Braun auf der Gästeliste. Die Gästeliste liest sich wie ein Who-is-who der schlechten Erinnerungen. In der Reihenfolge wie in der Nachricht zitiert (und inhaltlich nicht vollständig): Cum-Ex-G20-Olaf, Internetsperren-Dreiwettertaft-Röslein, Die-NSA-sagt-es-ist-alles-gut-Ronald, Klimasaurier-PV-Industrie-Zerstörer-Peter, Geheimdienst-Patron-Helge. Was gibt es noch weiter dazu zu sagen?

DLF-Kurznachricht vom 17.4.2023: Das Amtsgericht Heilbronn hat gegen drei Klimaaktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ Freiheitstrafen zwischen drei und fünf Monaten ohne Bewährung verhängt. Das Urteil gegen zwei Männer und eine Frau wegen Nötigung ist laut Staatsanwaltschaft das härteste, das in Deutschland gegen Mitglieder dieser Gruppierung bisher verhängt worden ist. Es ist noch nicht rechtskräftig. Die Aktivisten hatten nur wenige Stunden nach einer ersten Verurteilung wegen einer Blockadeaktion erneut eine Straße besetzt.“ Bitte auf der Zunge zergehen lassen: Zweifache gewaltfreie Straßenblockade bringt fünf Monate Haft ohne Bewährung. Werden PKW-Fahrer, die mit ihren Fahrzeugen Radwege wiederholt blockieren zukünftig ähnlich geahndet? Aber „Scherz“ beiseite. Das kann – wenn kein Aprilscherz – nichts anders als ein neuer Tiefpunkt deutscher „Rechtssprechung“ sein …

DLF-Kurznachricht vom 6.5.2023: „Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat sich empört über Pläne für Asylverfahren an den Außengrenzen der Europäischen Union gezeigt. Dies sei „ein menschenrechtlicher Dammbruch“, sagte der Leiter der Europaabteilung von Pro Asyl, Kopp, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es gebe keine fairen, rechtsstaatlichen Verfahren in haftähnlichen Lagern an den Rändern Europas, kritisierte er. Die „Blaupause“ für solche Verfahren könne seit Jahren auf den griechischen Inseln beobachtet werden. Bundesinnenministerin Faeser und Finanzminister Lindner hatten zuvor für einen verschärften Kurs in der Migrationspolitik der Europäischen Union plädiert. Es solle für eine verlässliche Identifizierung, Registrierung und Überprüfung von Menschen bereits an den EU-Außengrenzen gesorgt werden, sagte Faeser dem „Handelsblatt“. Zugleich forderte die SPD-Politikerin verstärkte Kontrollen. Lindner führte aus, er glaube, dass auch der physische Schutz der Außengrenze in Betracht gezogen werden müsse, etwa durch einen Grenzzaun. Sicherheits-Faeser und Freiheits-Lindner. Genau mein Geschmack!

DLF-Kurznachricht vom 13.5.2023: Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Wadephul plädiert dafür, der Ukraine den Einsatz deutscher Waffen auch gegen Ziele auf russischem Territorium zu erlauben. „Weder völkerrechtlich noch politisch gibt es eine Begründung dafür, warum die Ukraine nicht auch Ziele in Russland angreifen darf“, sagte Wadepuhl dem Berliner „Tagesspiegel“. Nach Angaben von Bundeskanzler Scholz gibt es einen „Konsens“ mit dem ukrainischen Präsidenten, dass deutsche Waffen nicht für Angriffe auf russisches Gebiet genutzt werden. Wadepuhl betonte dagegen, die Ukraine müsse „Logistik und Nachschub auch jenseits der Grenze stören können, um den Angriffskrieg stoppen zu können“.“ Früher hätte man diesen „C“DU-Politiker mit solchen Äußerungen was als Kriegstreiber beschimpft.

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