Militarisierung der Polizei und Einschüchterung von Demonstrationsteilnehmern: Niedersachsen leiht der Berliner Polizei einen Polizeipanzer mit aufmontiertem Maschinengewehr, die „begleitet“ damit eine friedliche Demonstration

„Sonderwagen 4“ mit Maschinengewehr am 03.10.2018 in Berlin © Sören Kohlhuber

Am 3.10.2018 fand in Berlin ein Aufmarsch von Rechten statt, der mit einer Gegendemonstration beantwortet worden ist. Wie dem Bericht des Journalisten Sören Kohluber zu entnehmen und von diesem dokumentiert worden ist wurde in diesem Zusammenhang nicht nur (erstmals bei einer Demonstration?) die neue paramilitärisch ausgebildete und hochgerüstete „BFE+“-Polizeieinheit eingesetzt sondern auch ein von der niedersächsischen Zentralen Polizeidirektion ausgeliehender Panzerwagen (Polizei-Neusprech: „Sonderwagen 4“) mit aufmontiertem Maschinengewehr G8 von Heckler&Koch einer der Versammlungen als Begleitfahrzeug zugeteilt.

Das niedersächsische Innenministerium gibt sich auf Nachfragen dazu nüchtern und knapp, meint aber, dass das G8 gar kein Maschinengewehr sei, gibt dagegen immerhin zu, dass so ein Einsatz „in der Regel unzulässig sei.“ Weitere Details bleiben unter Verschluss.

Im Detail:

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Trotz anderslautender Behauptungen: Polizei Niedersachsen führt rechtswidrige Speicherungen unschuldiger Demonstrationsteilnehmer fort und hat die Polizeidatenbank NIVADIS datenschutztechnisch nicht im Griff

Entscheidungsgatter des Verwaltungsgerichts Hannover zur Erfassung und Speicherung personenbezogener Daten in niedersächsischen Polizeidatenbanken

Entscheidungsgatter des Verwaltungsgerichts Hannover zur Erfassung und Speicherung personenbezogener Daten in niedersächsischen Polizeidatenbanken

Immer wieder wurde und wird in Niedersachsen – in anderen Bundesländern aber durchaus noch häufiger – bekannt, dass die Polizei in ihren Datenbanken (gern auch als „Vorgangsbearbeitungssystem“ verklausuliert) Informationen über Menschen speichert, die an friedlichen Demonstrationen teilgenommen, sich aber sonst nichts zuschulden haben kommen lassen.

Bereits in 2016 wurde öffentlich, dass die Polizei Niedersachsens „masssenhaft“ (Zitat eines Sprechers der Landesdatenschutzbeauftragten Niedersachsens) unzulässigerweise, weil ohne Rechtsgrundlage Daten über friedliche, unschuldige Demonstranten erfasst und in ihre Datenbanken eingepflegt hatte. Nachdem das Nds. Innenministerium sich zunächst weit über ein Jahr weigerte, auf diese Vorwürfe überhaupt zu reagieren wurden die bekannten Dateneinträge in 2017 angeblich entfernt. Doch selbst danach tauchten weitere solcher Fälle rechtswidriger Polizeispeicherpraxis auf.

Nachfolgend veröffentlichen wir einen Bericht der Aktivistin Hanna Poddig, der sich u.a. auf diese unrühmliche Polizeigewohntheit bezieht. Im Erlebnisbericht werden zwei bemerkenswerte, aus unserer Sicht rechtswidrige Vorgänge bzw. Zustände bei der Polizei offenbar:

Zum einen erlaubte sich die Polizeidirektion Osnabrück, Frau Poddig in der niedersächsischen Polizei-Datenbank NIVADIS zu speichern, weil sie an einer Demonstration teilgenommen hatte und am selben Tag, wenn auch an anderer Stelle, eine Sachbeschädigung vorgenommen worden ist. So wurde ein personenbezogener Zusammenhang hergestellt, den es gar nicht gegeben hat. Das ist ein schwerwiegender Verstoß gegen die Unschuldsvermutung sowie eine Verletzung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit.

Zum anderen offenbart die Polizei Osnabrück, dass es das NIVADIS-System tatsächlich (oder nur angeblich?) technisch gar nicht zulasse, die Speicherdauerfrist, die die Polizei ebenfalls fehlerhaft um das doppelte zu hoch angesetzt hatte, zu korrigieren. Das ist datenschutzrechtlich fragwürdig oder gar ebenfalls unzulässig.

Das NIVADIS-System ist hoch umstritten, handelt es sich dabei doch um eine so genannte „Mischdatei“, in der sowohl Ermittlungs- und Strafverfolgungsverfahren als auch reine Verwaltungsvorgänge zusammen eingetragen werden. Das ist deswegen heikel, weil dadurch unschuldige Menschen in Kombination aller dort über sie verfügbaren Daten zu Unrecht Verdächtigungen oder Vorverurteilungen ausgesetzt sind, wenn Polizeibeamte Niedersachsens Einblick in den gesamten Datenbestand erhalten.

Ob dieses NIVADIS-Polizei-Mischdatenbank auf verfassungsrechtlich festem Boden steht ist höchst umstritten. Nicht zuletzt deswegen wurde der Versuch der SPD-CDU-Landesregierung zunächst aufgegeben, die für diese Fragen relevanten Paragraphen §§ 38/39 des Nds. Polizeigesetzes im Zuge des jüngst versabschiedeten umstrittenen neuen Polizeigeseztes („NPOG“) zu ändern. Das wolle man sich – wie vieles andere auch – für eine nächste Polizeigesetznovelle aufheben und die komplexen Fragen in Ruhe behandeln. (Siehe dazu auch LT-DS 18/3723, Seite 62ff.)

Hier nun der Bericht von Hanna Poddig:

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Datenschutz-Pfusch beim Zensus 2021: Erst die Daten, dann die Datenschutzfolgeabschätzung

Zum Stichtag des 13. Januar 2019 genehmigte die Bundesregierung den Landes- und Bundesstatistikbehörden die umfängliche Übermittlung und Zusammenziehung umfangreicher Meldeamtsdaten aller in Deutschland gemeldeten Menschen. Das mit Hilfe einer eilig durchgezogenen Änderung des „Zensusvorbereitungsgesetzes 2021“ (Einfügung des neuen § 9a) und mit der willfährigen Begründung „zu Testzwecken“.

Gegen diesen Vorgang gab es einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht, der zwar abgelehnt worden ist, wobei die Karlsruher Richter aber in ungewöhnlicher Klarheit die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde anregten, weil sie selber Bedenken und Klärungsbedarf am Vorgang haben. Diese Verfassungsbeschwerde wird in bälde eingereicht werden.

Davon unabhängig erscheint es merkwürdig, dass zu den immensen und heiklen Datenübertragungen, -verarbeitungen und -zusammenführungen, die in den Wochen nach dem 13. Januar 2019 bereits durchgeführt worden sind noch gar keine Datenschutzfolgeabschätzung gibt.

Zumindest mit Stand vom 22. Februar 2019 (!) schreibt das Statistische Bundesamt im Rahmen einer IFG-Anfrage auf die Frage „Wurde eine Datenschutz-Folgeabschätzung angefertigt?“ folgendes (Hervorhebungen durch uns):

Eine Datenschutz-Folgeabschätzung (DSFA) wird in Abstimmung mit der BfDI (Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit) durch die behördliche Datenschutzbeauftragte im Statistischen Bundesamt erarbeitet. Eine DSFA ist ein spezielles Instrument, mit dessen Hilfe die Risiken für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten beschrieben, bewertet und eingedämmt werden sollen. Der Inhalt der DSFA bestimmt sich nach Art. 35 Abs. 7 DS-GVO und enthält insbesondere zur Bewältigung der identifizierten Risiken geplante Abhilfemaßnahmen. Dabei handelt es sich um technische und organisatorische Maßnahmen der Informationssicherheit.

In anderen, weniger komplexen Worten ausgedrückt:

Erst holt man sich die Daten aller Bürger und Einwohner des Landes und hinterher schaut man dann, welche Risiken bei Datenübertragung, -speicherung und -verarbeitung bestanden (oder ggf. noch weiter bestehen). Für die „Abhilfe“ dürfte es dann zumindest in einigen wesentlichen Fällen aber zu spät sein: Das ist Datenschutz-Pfusch.

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Gast-Kommentar aus den Reihen der Polizei: Die Verabschiedung des neuen Polizeigesetz Niedersachsens als Versagen der Demokratie

Ein Gastbeitrags-Komentar von Michael Schütte, Polizeibeamter in Niedersachsen:

Im Furor vermeintlich notwendiger Terrorbekämpfung haben SPD und CDU in der Landesregierung ein neues Polizeigesetz gestrickt und sich dabei offenbar gegenseitig im Erfinden und Ausweiten von Eingriffsbefugnissen überboten.
Herausgekommen ist ein geradezu dystopisch anmutendes Wunschkonzert der Polizei, dem die Fachleute des Gesetzgebers (der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Nds. Landtags) weitreichende Verfassungsbedenken attestieren.
Aber egal!
Gegen alle Bedenken wurde das Gesetz nun mit der willfährigen SPD/CDU Landtagsmehrheit verabschiedet. Und der Opposition sind angesichts der GroKo Machtverhältnisse im Landtag die Hände gebunden, weil ihr zur beabsichtigten Normenkontrollklage gegen das Gesetz die dafür notwendigen Mandate fehlen.
So geht es, wenn Demokratie offensichtlich versagt und Bürger- und Freiheitsrechte mit Füßen getreten werden.

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„Überall Polizei – Nirgendwo Gerechtigkeit“ bzw. „Rise of the Police“ – Niedersächsischer Landtag verabschiedete heute ein offensichtlich verfassungswidriges neues Polizeigesetz … und die Erklärung einer Kletter-Aktionsgruppe von der noNPOG-Demo vom letzten Samstag

Heute hat der Niedersächsische Landtag das neue Polizeigesetz für Niedersachsen („NPOG“) verabschiedet.

Zur Kritik daran haben wir das meiste bereits gesagt/geschrieben/hier veröffentlicht. Das NPOG ist in Teilen offensichtlich verfassungswidrig. SPD und CDU (und die [Update: im Innenausschuss] ebenfalls dafür stimmende AfD) bekümmerte das heute nicht. Im Gegenteil. So frohlockt und droht die CDU Niedersachsen, die sich selber als „Treiber“ (wofür auch immer!) bezeichnet, wie folgt:

„Wir haben das geschafft, woran die rot/grüne Landesregierung in der vorangegangenen Legislaturperiode gescheitert war – ein zukunftsfähiges Polizeigesetz. Eines, das die Rechte der Bürgerinnen und Bürger achtet und schützt, ihnen aber zugleich Sicherheit und Schutz vor aktuellen Bedrohungen verschafft und die Polizei dabei mit zeitgemäßen Instrumentarien zur Straftatenverhütung und Verfolgung ausstattet. Ein modernes Polizeigesetz für Niedersachsen – und eines, dass maßgeblich die Handschrift der CDU trägt“, stellt der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Sebastian Lechner fest. (…) „Allerdings bleibt auch in den nächsten Monaten in Sachen Polizeirecht noch einiges zu tun“ ergänzt Schünemann. (…) [Wir] haben [] mit dem Koalitionspartner die Analyse der Situationserkennung durch intelligente Videoüberwachung vereinbart.“ Schünemann und Lechner sind sich einig: „Wir hören nicht auf, der Treiber für mehr Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit in Niedersachsen zu sein. Darauf können sich die Bürgerinnen und Bürger verlassen.

Von juristischen Fragen der Verfassungswidrigkeit abgesehen stellt das NPOG allerdings einen Paradigmenwechsel in mehrfacher Hinsicht dar. Eine unvollständige und nicht systematisierte Aufzählung:

  • Das NPOG steht stellvertretend für einen bundesweiten Trend der Abkehr der Straftäter-Verfolgung hin zur Verdächtigen-Strafverfolgungsarbeit. Das was in George Orwells „1984“ als Gedankenverbrechen („thoughtcrime“) beschrieben worden ist wird mit dem NPOG nun in einen juristischen Rahmen gegossen und somit zur Lebensrealität unserer Gesellschaft.
  • Das NPOG steht weiter für den umfassenden Ausbau polizeilicher Repressionsinstrumentarien und für eine zunehmende (Para-)Militarisierung der Polizei,
  • für eine Polizei, die einen stärker denn je geheimdienstlichen Charakter ausbildet,
  • eine Polizei, die es sich ausnimmt, IT-Sicherheitslücken nicht zu stopfen sondern diese lieber für eigenes polizeiliches Hacken unserer Smartphones und Computer (wenn es Polizei und NPOG denn für „nötig“ halten) verheimlichen und behüten möchte.
  • Das NPOG ist ein weiterer Schritt auf der Abkehr einer menschen- und bürgernahen Polizei und hin zu einer, die sich Wertschätzung mittels Zwang zu erkaufen versucht. Etwas, was aus der Natur der Dinge heraus vom vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Man könnte vieles mehr dazu schreiben, doch hier soll es dabei belassen werden.

Stattdessen nachfolgend die Verweise und Verlinkungen zu den derzeit verfügbaren Quellen des aktuellen Standes des NPOG-Gesetzes (die Veröffentlichung einer für Nicht-Juristen verständlichen Gegenüberstellung von NdsSOG versus NPOG wird nach wie vor aktiv ver- und behindert). Und abschließend die Weiterverbreitung der Aktionserklärung einer Gruppe von Kletteren und einer Kletterin, die im Zuge der dritten noNPOG-Großdemo am letzten Samstag ein großes Transparent an einem öffentlich zugänglichen Baugerüst angebracht haben. Dem in der Aktionserklärung Gesagten ist unsererseits nichts hinzuzufügen.

Verweise zu aktuell verfügbaren Dokumenten, die das NPOG beschreiben:

Nun aber die Aktionserklärung der vier Kletter-Demonstrant*innen:

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Verhüllung in ihrer schönsten Form: Polizei Hannover deckt erstmals ihre eigenen Überwachungskameras im Zuge einer Demonstration ab und setzt damit Maßstäbe für die Zukunft

Heute fand in Hannover die dritte große Demonstration gegen das in nächster Woche zu verabschiedende und sehr umstrittene niedersächsische Landespolizeigesetz („NPOG“) statt.

Im Vorfeld dieser Versammlung forderte eine Person des freiheitsfoo die Versammlungsbehörde Hannover schriftlich dazu auf, die drei auf dem Demo-Verlaufsweg befindlichen stationären polizeilichen Dom-Überwachungskameras für den Zeitraum der Demonstration abzudecken oder wahlweise abzubauen.

Hatten sich Polizei und Versammlungsbehörde bislang jahrelang beharrlich gegen solche Maßnahmen gewehrt, wurde sie dieses mal endlich und erfreulicherweise umgesetzt: Die Polizei Hannover hat ihre eigenen Domkameras mit blauen Müllsäcken verhüllt, was sicherlich ein eher aufwändiger Akt gewesen sein muss. Aber gut – im Raum stand immerhin die implizite Drohung der Einreichung eines Eilantrages beim Verwaltungsgericht Hannover zur Durchsetzung dieser Forderung.

Wir halten diese Forderung für grundsätzlich richtig und rechtlich durchsetzungsfähig und freuen uns dennoch (oder gerade deswegen) über die von der Polizei selbst durchgeführte Verhüllung im Zuge der #noNPOG-Demo, danken für dieses „Entgegenkommen“ und hoffen, damit einen weiteren Präzedenzfall für alle weiteren Demonstrationen in Hannover und anderswo gesetzt zu haben.

Übrigens: Alle weiteren stationären Polizei-Kameras, die eben nicht als Domkamera ausgeführt sind (von der Polizei Hannover als „Stabkameras“ tituliert) werden schon seit Jahren immer dann gut sichtbar weggedreht, wenn eine der Versammlungsbehörde angekündigte Demonstration deren Erfassungsbereich passiert. Auch das ein Erfolg einer Intervention des freiheitsfoo-Vorläufers, des „Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, Ortsgruppe Hannover“.

Hier die als Referenz geeigneten Bilder der drei verhüllten Domkameras:

1. Steintor

2. Opernplatz

3. Karmarschstraße/Marktstraße

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“Wo der Staat auftritt, muss er identifizierbar sein.” – freiheitsfoo fordert Kennzeichnungspflicht für Polizisten, eine neutrale Ermittlungsstelle für Polizeigewalt in Niedersachsen und das Ende des Einsatzes von zivilen Polizeispitzeln auf Demonstrationen

Vermummte Polizisten im Rahmen eines Einsatzes zur „Begleitung“ einer Demonstration am 1.12.2017 in Hannover.

Wenn Polizist*innen im Rahmen ihrer Arbeit das ihnen anvertraute Monopol zur Ausübung von Gewalt missbrauchen und Straftaten begehen, dann bleiben diese meistens ungesühnt. Wer als von Polizeigewalt Betroffener Polizisten einer Straftat bezichtigt muss in aller Regel mit einer oder mehrfachen Gegenanzeigen von ihnen rechnen. Das schüchtert stark ein und das umsomehr, als dass in vielen Fällen von Polizeigewalt vor Gericht sogar beim Vorliegen von Videoaufzeichnungen gar nicht ermittelt werden kann, welche*r Polizist*in denn überhaupt die Straftat begangen hat. Denn in Niedersachsen gibt es derzeit keine Kennzeichnungspflicht von Polizisten. Bei Großeinsätzen wie beispielsweise Demonstrationen oder Fußballspielen treten die Polizisten in einer Aufrüstung auf, die mitunter einer militanten Vermummung und Maskierung gleichen und die eine Unterscheidung bzw. Identifizierung gewaltbereiter Polizeibeamter effektiv verhindern. Dazu kommt noch das fatale Faktum, dass vor Gericht im Zweifel eher einem Polizeibeamten als einem klagenden Bürger Glauben geschenkt wird. Entsprechend überbordend und unterträglich hoch sind die Einstellungsquoten bei Anzeigen gegen Polizeigewalt.

Mit Hamburg hat nun eine breite Mehrheit der Bundesländer – darunter alle Bundesländer des Nordens – eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte eingeführt – außer Niedersachsen!

Argumente gegen die Kennzeichnungspflicht, die üblicherweise von den Gewerkschaften der Polizei oder von als Innenpolitiker tätige ehemaligen Polizisten in den Parteien vorgebracht werden erweisen sich bei genauerem Hinsehen als haltlos. Eine Kennzeichnungspflicht mittels Einsatz pseudonymisierter Kennzeichen stellt keine Gefahr für die einzelnen Polizeibeamten und deren Persönlichkeitsrechte und verständlicher Sicherheitsbedenken dar. Und die Kennzeichnung wirkt – das beweisen Untersuchungen (durchaus konservativer) Bundesländer, die eine solche Pflicht bereits eingeführt haben.

Der Europäische Menschengerichtshof hat die Bundesrepublik Deutschland in einem konkreten Fall sogar zur Zahlung einer Strafe verurteilt, weil hierzulande diese Kennzeichnungspflicht noch nicht ganzflächig umgesetzt worden ist.

Polizisten und Polizistinnen sind keine besseren oder schlechteren Menschen als andere. Wenn Polizisten im Rahmen ihrer Arbeit und ausgestattet mit Waffen und Befugnissen, diese zu nutzen ebendiese Befugnisse missbrauchen und Straftaten wie schwere Körperverletzung begehen, müssen diese verfolgbar sein und geahndet werden. Schließlich wird vom Gegenüber der Polizisten – von uns Bürgern und Menschen im Land – im Fall des Begehens von Straftaten ebenfalls die Identifizierung unserer Person durchgesetzt, mitunter sogar mit Gewalt erzwungen. Polizisten dürfen aber strafrechtlich nicht besser gestellt werden als andere Menschen und Berufsgruppen, auch wenn dieses der autoritativ getränkte Trend der Zeit zu sein scheint.

Auch der ehemalige Richter des Bundesverfassungsgerichts, Wolfgang Müller-Riem fordert im Kontext der Debatten um die Kennzeichnungspflicht:

“Wo der Staat auftritt, muss er identifizierbar sein.”

Dem schließen wir uns an:

Die Menschen des freiheitsfoo fordern die niedersächsische Landesregierung aus SPD und CDU dazu auf, endlich auch für dieses Bundesland eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten und Polizistinnen sowie eine tatsächlich unabhängige und neutrale Ermittlungsstelle für Polizeigewalt-Delikte einzuführen! Die entsprechenden notwendinge Änderung im Landespolizeigesetz oder alternative Verhängung von Erlassen hierzu gehört in einem Zuge mit der aktuellen Diskussion um das neue Polizeigesetz umgesetzt.

Weiter fordern wir die Beendigung der polizeilichen Praxis, zivil gekleidete Polizeibeamte in Demonstrationen zu entsenden und einzusetzen. Die Anwesenheit der vermeintlich als Demoteilnehmer auftretenden Polizeispitzel ist einer Demokratie unwürdig und tut der Meinungs- und Versammlungsfreiheit einen großen Schaden.

[Diese Forderung geht per E-Mail an sämtliche Fraktionen des Niedersächsischen Landtags.]

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Tübingens „grüner“ Bürgermeister Boris Palmer lässt personenbezogene Daten „auffällig gewordener“ geflüchteter Menschen erfassen und in einem Microsoft-Outlook-Postfach zusammentragen, „sieht aber keinen Anlass, darüber zu diskutieren“ geschweige denn Fragen dazu zu beantworten

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Veröffentlicht: Der endgültige Entwurf des neuen Polizeigesetzes für Niedersachsen

Am letzten Donnerstag, den 2.5.2019 beriet der Innenausschuss des Nds. Landtags über die vorab endgültige Version des neuen Polizeigesetzes für Niedersachsen („NPOG“).

Wir veröffentlichen hiermit die „Vorlage 38“, die darstellt, wie das neue Landespolizeigesetz im Detail aussehen wird. Die Vorlage stellt in tabellarischer Form die Änderungen dar, die nach den Anhörungen und auf Betreiben des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes (GBD) gegenüber dem Erstentwurf des NPOG vorgenommen und vereinbart worden sind.

Wir danken der Landtagsverwaltung für die zügige Weiterleitung des Dokuments!

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Zeitzeichen, 13

victor-klemperer-cc-by-sa-bundesarchiv_bild_183-s90733-mod-freiheitsfooIn unserer Kategorie „Zeitzeichen“ rezitieren wir in unregelmäßigen Abständen und in ebenso unregelmäßigem Umfang Nachrichtenschnipsel oder Zitate, die wir als möglicherweise stellvertretende Beispiele für größere Entwicklungen und gesellschaftliche Symptome empfinden: als Zeitzeichen.

Wir behalten uns vor, dieses oder jenes kurz zu kommentieren oder zu bewerten, oder auch nicht. :)

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