Keine polizeilichen Kameraverhüllungen mehr in Hannover. Dafür neue Kameras. Und Streit um stationäre Polizeikameras bei Demos in Köln.

Eine der neuen Polizeikameras der Polizei Hannover.

Jetzt ist es klar – nach drei Monaten Wartezeit hat uns die Polizeidirektion Hannover unsere Presseanfrage zum kleinen Umbau ihrer Videoüberwachungsanlagen beantwortet. Die Polizei hat alle ihre Polizei-Domkameras gegen  neue dreh- und schwenkbare Kameras ausgetauscht. Hintergrund ist die von uns mit-erstrittene Notwendigkeit, Polizei-Domkameras im Zuge von Demonstrationen sonst jedesmal verhüllen lassen zu müssen.

Wie berichtet hatte im Mai 2019 ein Hannoveraner mittels Anfragen an die Polizei in Hannover bundesweit erstmals dafür gesorgt, dass alle von der Polizei Hannover betriebenen und als Dom-Kameras ausgeführten Videoüberwachungskameras spätestens ab September 2019 immer dann polizeilich verhüllt worden sind, wenn eine zuvor angekündigte Demonstration deren Erfassungsbereich passierte. Andere Aktivisten in anderen Städten (z.B. Köln und Frankfurt) zogen bzw. ziehen nach.

Neue Hinweisschilder der Polizei Köln, mit denen sie sich aus der Bredouille der Wahrung von Grundrechten meint ziehen zu können …

In Köln musste allerdings erst gerichtlich nachgeholfen werden und auch scheint sich die Polizei dort aktuell weiter davor zu scheuen, die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung und Versammlungsfreiheit ausreichend zu würdigen, da sie die Ansicht vertritt, dass eine besondere Beschilderung der Kameras dafür sorgen könnte, die potentiell einschüchternde Wirkung von nicht abgebauten und nicht verhüllten Polizeikameras auf Demonstratiosteilnehmer*innen aufzuheben. Auch das wird vermutlich erst wieder vor Gericht geklärt werden müssen. Dabei sollte es der Verfassung nach eigentlich genau im Gegenteil die Aufgabe der Polizei sein, die Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes zu schützen, anstatt sie faktisch zu torpedieren …

Na jedenfalls: Das Verhüllen der Kameras wurde der Polizei in Hannover schnell zu teuer – unbestätigten Informationen zufolge hat die Polizei für die Verhüllung und anschließende „Enttütung“ ihrer Kameras ein Drittunternehmen beauftragt, das es sich nicht nehmen ließ, für diese Arbeit (oft mittels Hebebühne) jeweils mehrere Tausend Euro Steuergelder abzuschöpfen.

Irgendwann im Februar 2020 fiel uns dann auf, dass eine der Domkameras in Hannover durch eine neue „Stabkamera“ (Jargon des ehemaligen Zuständigen in der Polizeidirektion Hannover) ersetzt worden ist. („Stabkameras“ in diesem Sinne sind gerichtete Überwachungskameras, die ferngesteuert dreh- und schwenkbar befestigt sind.) Eine öffentliche Kommunikation der sonst nicht medienscheuen Polizei Hannover gab es zum teilweisen Austausch bzw. zur Umrüstung des Polizeikameraparks nicht. Möglicherweise handelt es sich dabei auch in technischer Hinsicht um eine Aufrüstung der Videoüberwachung. Unsere Nachfrage in der Sache ergab – und für die mageren Antworten ließ sich die Polizei geschlagene drei Monate Zeit! – dann folgendes:

  • Alle bis Februar 2020 vorhandenen sechs Polizei-Domkameras zur stationären Überwachung des öffentlichen Raums in Hannover wurden durch „Stabkameras“ ersetzt.
  • Die Polizei möchte nichts dazu mitteilen, wie hochwertig die neuen Kameras sind.
  • Ebensowenig schweigt sich die Polizei dazu aus, was der Umbau gekostet hat und beruft sich dabei fragwürdigerweise auf „Geschäftsgeheimnisse“. Eine Begründung, mittels derer man jegliche Form staatlicher Transparenz gänzlich unterbinden könnte.

Bezüglich der Offenheit bzw. Transparenz im Umgang mit der dauerhaften Videoüberwachung des öffentlichen Raums in Hannover scheint die Polizei also bislang weiterhin die alte, menschen- und bürgerrechts-unfreundliche Linie fortzuführen.

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