
Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst über die Gesetzgebungsarbeit von SPD und CDU: Kaum ein gutes Haar am neuen Polizeigesetzentwurf (Bild von Alex E. Proimos unter CC-BY 2.0)
Wie schon Ende Oktober 2018 veröffentlichen wir hiermit die ansonsten bedauerlicherweise nur parlamentsinterne Vorlage des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes (GBD) im Niedersächsischen Landtag zu den Paragraphen 30 bis 37a des Entwurfes für ein neues Polizeigesetz (NPOG-E).
[Update 28.1.2019: Erfreulicherweise hat die Landtagsverwaltung Niedersachsens nun die Praxis eingeführt, uns die GBD-Vorlagen auf Nachfrage hin auch direkt zukommen zu lassen. Danke dafür!]
Es ist der zweite und nicht letzte Teil der GBD-Stellungnahmen zum NPOG-E. Bei den darin behandelten Paragraphen geht es u.a. um die öffentlich viel debattierten Regelungen zur polizeilichen Videoüberwachung (inkl. BodyCams und SectionControl) und um den Einsatz staatlicher Computerwanzen („Staatstrojaner“) im Zuge von Online-Durchsuchung und Quellen-TKÜ. Aber es geht auch um Auskunftsrechte, den Einsatz von Polizeispitzeln, den Schutz von Berufsgeheimnisträgern und parlamentarische Kontrolle polizeilichen Handelns.
Dank der uns freundlich zugedachten Datenspende des 100 Seiten (!) umfassenden Dokuments wird nun (erneut) öffentlich und deutlich,
- wie stümperhaft die Juristen der Regierungsfraktionen an einigen Stellen das neue Polizeigesetz ausgeführt haben,
- dass der GBD das Polizeigesetz in großem Umfang quasi neu verfassen und ordnen muss (was an den Gesetzgebungsprozess des Nds. Versammlungsgesetzes 2009/2010 erinnert),
- dass der alte Regierungsentwurf nur so vor verfassungsrechtlichen Bedenken strotzt,
- dass die vielfachen und wohlklingenden Behauptungen der Regierungspolitiker, man habe ein wohldurchdachtes und ausgewogenes Polizeigesetz entwickelt nichts als hohle Phrasendrescherei gewesen ist und vor allem,
- dass die zahlreichen Kritiker zumindest in vielen Punkten sehr wohl Recht hatten und nun Recht bekommen – wenn auch nicht in allen zentralen Streitpunkten.
Gemeinsam mit dem Nds. Innenministerium hat der GBD eine Reihe von markanten Änderungen oder Streichungen bewirkt, die sich insgesamt als gut und sinnvoll darstellen, wenn auch aus unserer Sicht nicht als ausreichend.
Als positives Beispiel sei (fast wahllos herausgegriffen) die vollständige Streichung des §32a genannt. Ein neuer Paragraph, den wir in Anhörung und Blogbeiträgen scharf kritisiert hatten.
Zwei Auszüge aus der GBD-Kritik erscheinen uns (neben vielen anderen) besonders hervorherbungswürdig:
„Wie bereits zu § 12 a Abs. 1 Satz 1 des Entwurfs ausgeführt, ist schwer zu ermitteln, was mit der Erwartung gemeint ist, dass „innerhalb eines übersehbaren Zeitraums auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Weise eine Straftat“ begangen wird. Was in Satz 2 Nr. 1 des Entwurfs die „ihrer Art nach konkretisierte Weise“ im Hinblick auf das Eintreten einer Rechtsgutsschädigung bedeuten soll, erschließt sich uns erst recht nicht und begegnet daher verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot.“
Und:
„Der in Satz 2 verwendete Begriff „Extremismus“ ist kaum zu bestimmen (…)“
Nun zu unserer umfangreicheren Sammlung von Auszügen aus der GBD-Kritik, die zwangsläufig lückenhaft bleiben muss.
Dazu noch ein formeller Hinweis: Die Paragraphen und Absätze beziehen sich im folgenden jeweils auf den bisher vom Landtag veröffentlichten NPOG-Entwurf und nicht auf die von GBD und Nds. Innenministerium ausgehandelten geänderten NPOG-Entwurf entsprechend der GBD-Vorlagen.