Achtung! – 13.1.2019: Die nächste (heimliche) Volkszählung vor dem „Zensus 2021“ unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung – kurzfristig entschieden und vom Bundestag eiligst beschlossen (Update)

Protestaufkleber aus 2011

Im Jahr 2021 soll die nächste Volkszählung stattfinden – möglichst mit genau so wenig Kritik und Protest wie zuletzt beim „Zensus 2011“. Dazu gibt es – wie auch schon zuvor – ein „Zensusvorbereitungsgesetz“, zu dem wir schon kurz hier und da berichtet hatten (siehe auch unsere Wikiseite zum Zensusvorbereitungsgesetz 2021).

Ebenso heimlich, still und leise hat sich nun die Bundesregierung ausgedacht und angeschoben, eine vollständige Zusammenziehung umfangreicher Meldedaten aller im Deutschland lebenden Menschen durchzuführen … und das schon am 13. Januar des nächsten Jahres 2019!

[UPDATE: Der Bundestag hat den Gesetzentwurf bereits am 18.10.2018 in letzter Lesung beschlossen.]

Der Gesetzentwurf (BT-DS 19/3828) dazu, der eine nachträgliche Änderung des schon zuvor kritisierten Zensusvorbereitungsgesetzes 2021 vorsieht wurde am 16.8.2018 in den Bundestag eingebracht – und der Bundestags-Innenausschuss hat bereits am 17.10.2018 grünes Licht gegeben. Aus dem dazugehörigen Sitzungsbericht geht hervor, dass – und das ist angesichts der Brisanz der Sache und der unerklärlichen Kurzfristigkeit dieser ungewöhnlichen Maßnahme gar kein Wunder – die Bundesdatenschutzbeauftragte offenbar nicht besonders froh und zufrieden über diesen unerwarteten und von der Öffentlichkeit überhaupt nicht wahrgenommenen Vorstoß ist. In der den Gesetzentwurf ablehnenden Begründung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen heißt es (Hervorhebungen durch uns):

„Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betont, den Gesetzentwurf abzulehnen, da dieser aus verfassungsrechtlicher Sicht fragwürdig und nicht erforderlich sei. Nach Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts müsse eine solche Datenerhebung zwar realitätsnah, aber auch grundrechtsrechtsschonend sein. Dies sei fraglich, wenn der Zensus im faktisch zweimal durchgeführt werde. Bei jeder statistischen Erhebung gebe es bewährte Verfahren, wie grundrechtsschonend vorzugehen sei, etwa durch Anonymisierung oder Pseudonymisierung von Daten. Es sei ein relevantes Problem, wenn mit Klarnamen gearbeitet werde. Dies sehe auch die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) kritisch. Das Statistische Bundesamt und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik stünden zu bestehenden Problemen in fortdauernden Gesprächen mit der BfDI, sodass im Ergebnis der Gesetzentwurf weder erforderlich, noch entscheidungsreif sei.

Um hier einmal deutlich zu machen, welchen besonderen Umfang die für den Januar 2019 geplante Zusammenziehung personenbezogener Daten bei diesem Mammutprojekt hat, zitieren wir aus dem Gesetzentwurf:

Zu übermitteln sind für jede gemeldete und abgemeldete Person nach Absatz 1 Daten zu folgenden Merkmalen:

1. Ordnungsmerkmal im Melderegister,
2. Familienname, frühere Namen, Vornamen und Vornamen vor Änderung, Doktorgrad,
3. Straße, Straßenschlüssel, Hausnummer und Anschriftenzusätze, Vorname und Name des Wohnungsinhabers,
4. Wohnort, Postleitzahl und amtlicher Gemeindeschlüssel,
5. Geburtsdatum,
6. Geburtsort einschließlich erläuternder Zugehörigkeitsbezeichnungen,
7. bei im Ausland Geborenen: Geburtsstaat,
8. Geschlecht,
9. Staatsangehörigkeiten,
10. Familienstand,
11. Wohnungsstatus (alleinige Wohnung, Haupt- oder Nebenwohnung),
12. Datum des Beziehens der Wohnung,
13. Datum des Zuzugs in die Gemeinde,
14. Datum der Anmeldung,
15. Datum des Wohnungsstatuswechsels,
16. Datum der letzten Eheschließung oder Begründung der letzten Lebenspartnerschaft,
17. Datum der Auflösung der letzten Ehe oder der letzten Lebenspartnerschaft,
18. Information über freiwillige Anmeldung im Melderegister,
19. Datum des Zuzugs aus dem Ausland,
20. rechtliche Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft.

Zu übermitteln sind für jede gemeldete Person zusätzlich Daten zu folgenden Merkmalen:

1. Anschrift in der Gemeinde, aus der die Person zugezogen ist,
2. Herkunftsstaat bei Zuzug aus dem Ausland,
3. Familienname, Vornamen, Geburtsdatum, Geschlecht und Ordnungsmerkmal des Ehegatten oder des Lebenspartners,
4. Familienname, Vornamen, Geburtsdatum, Geschlecht und Ordnungsmerkmal der minderjährigen Kinder sowie
5. Familienname, Vornamen, Geburtsdatum und Ordnungsmerkmal der gesetzlichen Vertreter.

Zu übermitteln sind für jede innerhalb des Zeitraums vom 13. Juli 2018 bis 13. Januar 2019 abgemeldete Person zusätzlich Daten zu folgenden Merkmalen:

1. Sterbedatum,
2. Datum des Auszugs aus der Wohnung,
3. Datum der Abmeldung.

Nochmals: Die hier aufgeführten Daten jedes in Deutschland lebenden Menschen werden in einer einzelnen Datenbank nicht-anonymisiert und nicht-peseudonymisiert zusammengetragen! Ein Leckerbissen für jeden Geheimdienst und andere Datenfresser …

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