[Gastkommentar eines Menschen mit Erfahrung in den Reihen der Polizei]
Die Strafrechtsparagrafen für Gewalt, Widerstand und tätliche Angriffe auf Polizist*innen wurden in jüngster Vergangenheit mehrfach neu gefasst und dabei vor allem enorm ausgeweitet. Was zudem als Angriff gewertet wird und damit Eingang in die Kriminalstatistik (PKS) findet, liegt wegen bewusst schwammig gehaltener Paragrafen weitestgehend in der Definitionsmacht von Polizist*innen – und das bei enorm hoher Bereitschaft von Polizist*innen zur Erstattung entsprechender Anzeigen. Zugleich wurde die PKS vor gar nicht langer Zeit extra darauf ausgerichtet (Erfassungsrichtlinien) besonders hohe Opferzahlen vor allem in den Reihen der Polizei abzubilden. Mit diesen PKS-Zahlen geht es vor allem darum, der verqueren Opfererzählung aus den Reihen der Polizei immer neu Nahrung zu verschaffen. Dem folgen dann regelmäßig und seit Jahren immer neue Forderungen der Polizei (Gewerkschaften) nach mehr Ausstattung und noch schärferen Gesetzen. Wissenschaftler und Kriminologen kritisieren seit langem die Praxis der Polizei, sich über die Maßen zum Opfer zu stilisieren – und dabei in hoher Zahl Bürger*innen justiziabler Verfolgung auszusetzen, sie also immer mehr auch bewusst ungerechtfertigt zu kriminalisieren. Übrigens immer wieder auch, um eigene Fehler und ungerechtfertigte Polizeigewalt zu verdecken. Insoweit ist 85.000 tatsächlich eine erschreckende Zahl – aber weit mehr kennzeichnend für den Schrecken und die Lage, in die Bürgerinnen und Bürgern durch die Praxis der Polizei immer mehr und immer häufiger geraten.
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Anmerkungen bzw. ergänzende Verweise der Redaktion zum Thema des Gastkommentars:
- Pressemitteilung des Bundeskriminalamts (BKA) vom 30.9.2021, auf die sich die gastkommentierende Person bezieht: „Deutlich mehr Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im Corona-Jahr“ https://www.bka.de/DE/Presse/Listenseite_Pressemitteilungen/2021/Presse2021/210930_BLBGewalt_gg_PVB.html
- freiheitsfoo.de-Blogbeitrag vom 14.3.2017: „Polizei-Soziologe über die fragwürdige Behauptung zunehmender Gewalt an Polizisten und die Bedrohung der offenen Gesellschaft durch das geplante Polizei-Sonderstrafrecht“ https://freiheitsfoo.de/2017/03/14/zweifel-an-zunahme-polizeigewalt/
- Über die in dem Zusammenhang behandelte Einführung eines Sonderstrafrechts für Polizist*innen – freiheitsfoo.de-Blogbeitrag vom 4.7.2017: „Das neue Sonderstrafrecht für Polizisten ist der Versammlungsfreiheit ein Tritt gegens Knie“ https://freiheitsfoo.de/2017/03/04/polizei-sonderstrafrecht-bricht-art8gg/