Die Demonstrationsfreiheit, das Trennungsgebot und die guten Beziehungen zwischen dem niedersächsischem Geheimdienst und der Polizei

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In Niedersachsen fertigt die Polizei seit 2005 interne Zusammenfassungen und Kommentierungen zu jeder Demonstration an und speichert diese subjektiven Bewertungen.

Diese Erfassungs- und Speicherpraxis verletzt das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Denn wenn jemand, der diese seine Menschenrechte wahrnimmt und gleichzeitig befürchten muss, dass diese Grundrechtswahrnehmung beobachtet und protokolliert wird, ja dass er/sie selber sogar namentlich darin erwähnt und „bewertet“ wird, dann wird diese Person effektiv und nachhaltig in ihren Freiheiten beschnitten.

Doch nicht genug damit – die Polizei reicht diese Berichte mitunter nach Aufforderung oder sogar auf eigene Initiative an den niedersächsischen Geheimdienst („Verfassungsschutz“) weiter und beschädigt damit das wichtige, aus den Erfahrungen des Nationalsozialismus hervorgegangene Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten.

Von einem konkreten Fall aus Göttingen berichtete schon vor einem Monat ein Göttinger Blog (siehe hier und hier), danach auch die „tageszeitung“ (taz). Erfreulicherweise wehrt sich nun in Göttingen ein Mensch mit einer gerichtlichen Klage gegen diese Polizeipraxis, die angeblich in 2012 durch einen Erlass des mehrfach durch seine fragwürdigen Äußerungen und Entscheidungen aufgefallenen CDU-Innenministers Uwe Schünemann begründet wird.

Das niedersächsische Innenministerium – inzwischen unter des ebenfalls als Hardliner bekannt gewordenen SPD-Politiker Boris Pistorius – rudert derzeit öffentlich zurück und behauptet, dass man diesen Erlass aufgehoben habe.

Und die taz mutmasst, es könne sich bei den heiklen Lieferungen personenbezogener Polizeidaten an den Geheimdienst um eine lokale Ausnahme, um eine Göttinger Besonderheit handeln.

Doch das stimmt nicht:

In einem Schreiben vom 13. November 2013 bestätigt der niedersächsische Inlandsgeheimdienst schriftlich, dass die Polizeidirektion Hannover unaufgefordert die Kopie einer Versammlungsanzeige samt aller darin enthaltenen persönlichen Daten den Geheimdienstlern habe zukommen lassen.

Damals ging es eine ordentlich angekündigte und friedliche Mahnwache im öffentlichen Raum vor dem Geheimdienst in Hannover, bei der dem „Verfassungsschutz“ neue Straßenschilder geliefert und angebracht wurden und seine Auflösung gefordert wurde.

Wir schließen uns dieser Forderung zur Auflösung aller Inlands-Geheimdienste an und verlangen zudem davon unabhängig eine sofortige Beendigung der Praxis polizeilicher Bewertungen von Demonstrationen und der Speicherung oder Weitergabe dieser Daten an wen auch immer!

Nachtrag:

Wir wurden darauf aufmerksam gemacht, dass man von derartiger polizeilich-geheimdienstlicher Zusammenarbeit auch aus Berlin weiss.

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