In Niedersachsen treibt die dortige SPD-CDU-Landesregierung das Gesetzvorhaben für ein neues Polizeigesetz („Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsgesetz Ordnungsbehördengesetz – NPOG“) weiter in hektischem Tempo durch die für das Gesetzgebungsverfahren zwingend notwendige Instanzen.
Gestern, am 14.6.2018 wurden die Einladungen für den viertägigen Sitzungsmarathon des Innenausschusses versendet, der an den Donnerstagen und Freitagen des 9., 10., 15. und 16.8.2018 stattfinden sollen.
Immerhin dürfen sich alle zur Stellungnahme aufgeforderten Gruppen und Personen mündlich vor dem Innenausschuss ihre Sicht auf das NPOG vortragen. Inklusive Frage- und Antwortrunde sind jeweils 20 Minuten vorgesehen.
Die dazu Eingeladenen müssen sich dazu bis spätestens am 11. Juli schriftlich angemeldet haben und sollen „alsbald“ eine schriftliche Stellungnahme zu den insgesamt 84 Seiten Drucksachen zusenden …
Das beschreibt die völlig unerklärliche, also sachlich betrachtete unnötige Eile des Verfahrens, denn für eine kompetente und umfassende Kritik sind die hier vorgegebenen Zeiträume viel zu kurz.
Doch das scheint nicht Versehen, sondern Taktik zu sein. Zur Erinnerung: Der Gesetzentwurf wurde am 11.5.2018 (einem Freitag!) erst veröffentlicht, nur sechs Tage später, am Donnerstagn, den 17.5.2018 wurde der Entwurf in erster Lesung im Landtag weitergereicht. Eine fundierte Sachkritik am umfangreichen Machwerk wurde so effektiv verhindert!
Ebenso verweigert das Nds. Innenministerium die Herausgabe von Dokumenten, die möglicherweise verständlich machen könnten, was mit dem neuen Polizeigesetz tatsächlich geplant ist.
Man muss davon ausgehen, dass sich das Tagesprogramm im zeitlichen Ablauf noch ändern wird, weil erfahrungsgemäß nicht alle Eingeladenen so eine Einladung annehmen. Dass Bürgerinitiativen und zivilgesellschaftliche Gruppen solche Angebote zum Teil oft nicht wahrnehmen, liegt mitunter an dem höflichen Vermerkt, dass sämtliche Arbeit an den Stellungnahmen kostenlos zu erfolgen haben. Reisekosten oder Aufwandsentschädigungen gibt es nicht.
Ob auch die zahlreich eingeladenen Polizeipräsidenten und Polizeigewerkschaften kostenlos und ohne Aufwandsentschädigung in ihrer privaten freien Zeit und ehrenamtlich Stellungnahmen erarbeiten und vor dem Innenausschuss auftreten? Das mag bezweifelt werden!
Die Anhörungen sind öffentlich!
Hier transkribiert die Liste der zur Stellungnahme eingeladenen (in der gleichen Reihenfolge, wie von der Landtagsverwaltung dargestellt):
- GdP Niedersachsen
- BDK Niedersachsen
- Deutsche Polizeigewerkschaft im DBB Niedersachsen
- BDZ-Bezirksverband Hannover
- Deutsche Polizeigewerkschaft, Bundesvorsitzender Herr Wendt
- Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen
- Nds. Anwalt- und Notarverband im DAV
- Vereinigung Nds. und Bremer Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger
- Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen
- Nds. Richterbund
- freiheitsfoo
- Chaos Computer Club
- Weisser Ring, Landesbüro Nds.
- Kanzlei für Wirtschaftsrecht Meinhardt, Gieseler & Partner, Nürnberg, Herr RA Held
- BMI, Projektleitung Sicherheitsbahnhof Berlin Südkreuz
- CroudWatch
- Digitalcourage
- netzpolitik.org
- Polizeipräsident LKA Niedersachsen
- Direktor Polizeiakademie Niedersachsen
- Polizeipräsidentin Zentrale Polizeidirektion
- Polizeipräsident PD Braunschweig
- Polizeipräsident PD Göttingen
- Polizeipräsident PD Hannover
- Polizeipräsident PD Lüneburg
- Polizeipräsident PD Oldenburg
- Polizeipräsident PD Osnabrück
- amnesty international Themenkogruppe Polizei und Menschenrechte
- Netzwerk datenschutzexpertise, Herr Weichert
- Humanistische Union Bundesgeschäftsstelle
- Rolf Gössner
- DITIB Landesverband Niedersachsen und Bremen
- Schura Niedersachsen
[UPDATE zur Tagesordnung in einem Blogbeitrag vom 13.7.2018!]