Am vergangenen Dienstag fand die diesjährige „virtuelle“ Hauptversammlung des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall AG statt. Hier soll es nun weniger um die fundamentale Kritik an der mit Corona-Pandemie begründeten Beschneidung von Aktionärsrechten bei den Online-Treffen gehen – dazu hatten wir zuvor schon ausführlich berichtet. Aber folgende Informationen bzw. Teilauskünfte oder Nicht-Beantwortungen erscheinen uns unter vielen anderen erwähnenswerten zu Rheinmetall besonders interessant (zur Auflistung aller von einem Einzelaktionär gestellten Fragen und der Antworten dazu siehe unsere Wikiseite):
- Rheinmetall möchte nicht beauskunften, wie oft es Treffen und Gespräche zwischen Rheinmetall-Vertretern und dem Vorsitzenden des CDU-Kreisverbandes Celle, Herrn Henning Otte, gegeben hat. Dort im Kreis Celle unterhält Rheinmetall seinen größten Militär-Produktionskomplex Deutschlands. Und Herr Otte ist pikanterweise zugleich der „verteidigungspolitische Sprecher“ der CDU-Bundestagsfraktion!
- Nachdem sich der derzeitige Rheinmetall-Chef Papperger in 2017 mit dem damaligen Außenminister Gabriel getroffen und über Rüstungsexporte in die Türkei unterhalten hat verweigert Rheinmetall die Auskunft auf die Frage, wie oft und mit welchen Ministern, Ministerinnen oder Ministeriumsvertreter*innen Gespräche geführt worden sind. Absichtlich ausweichend antwortet Herr Papperger: „Wir erteilen keine Auskunft über Anzahl und Inhalt der Gespräche.“
- In Brüssel betreiben vier Rheinmetall-Angestellte seit 2017 kontinuierlich EU-Lobbyarbeit. Die Büromiete kostet jährlich 30.000 Euro. Wie hoch die Personalkosten (und andere Kosten!) sind, wollte Rheinmetall nicht beantworten.
- Der Umsatz von Rheinmetall mit dem „Bundesverteidigungsministerium“ ist in den letzten zwei Jahren um 46% gestiegen.
- Anders als noch in 2018 möchte man nun nicht mehr sagen, wie viel Fuchs-Panzer in dem von Rheinmetall in Algerien errichteten Werk produziert werden.
- Rheinmetall möchte nicht beauskunften, in welcher Weise die AG mit dem israelischen Militärkonzern IAI zusammenarbeitet. Und die Frage zur Zusammenarbeit mit dem ebenfalls israelischen Militärtechnikkonzern ELBIT wurde ganz ausgelassen und ignoriert.
- Ebenfalls keine Auskunft will Rheinmetall zu seiner Zusammenarbeit mit dem Rüstungsunternehmen EDIC (Emirates Defence Industries Company) der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) geben.
- Rheinmetall lieferte ein „Gefechtsübungszentrum (GÜZ)“ an Russland. Mitten in der Lieferung wurde diese seitens der Bundesregierung gestoppt. Angeblich kann Russland mit der bereits gelieferten Technik nichts anfangen. Bemerkenswert darüber hinaus: Der Entschädigungsantrag von Rheinmetall an die Bundesregierung wurde „im Einvernehmen von BAFA und Rheinmetall derzeit ruhegestellt. o_O
- Derweil hat Rheinmetall in den letzten zehn Jahren insgesamt 16 weitere GÜZ an andere Länder geliefert. Dort trainieren Soldat*innen teilvirtuell das Kämpfen und Töten, nicht zuletzt insbesondere den Häuserkampf und die Aufstandsbekämpfung!
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Auf den neuesten Panzerdrohnen von Rheinmetall (Serie „Mission Master“) wurden im Zuge einer Kampfvorführung hochumstrittene Kamikaze-Drohnen vom Typ „Warmate“ eingesetzt. Dazu nachgefragt weicht Rheinmetall aus: Dafür sei der Hersteller der Kamikazedrohnen, die polnische WB-Group verantwortlich. Und noch weiter vieldeutig ausweichend: „Warmate wird von Rheinmetall derzeit nicht kommerziell angeboten.“
- Rheinmetall gibt zu, Opfer „erfolgreicher IT-Angriffe“ geworden zu sein. Verantwortlich für die IT-Sicherheit ist im übrigen der „Finanzvorstand“. o_O
- Besonders auffallend ist, dass einige Fragen im Zuge eines erfolgreichen Datenklaus bei Rheinmetall einfach gar nicht vorgelesen und entsprechend auch nicht beantwortet und behandelt worden sind. Im April 2020 wurden im Internet interne Dokumente von Rheinmetall bzw. im Zusammenhang mit Rheinmetall-Lieferungen zum Verkauf angeboten. Warum die darunter enthaltenen „Konstruktionspläne von Bauteilen gepanzerter Fahrzeuge, wie die Modelle Fuchs, Boxer, Yak und Scout“ nicht als sensibel betrachtet werden, wer die Quelle der abhanden gekommenen Dokumente war und ob Rheinmetall den Vorfall rechtzeitig an die Datenschutzbehörden gemeldet hat, diese Fragen hat Rheinmetall bei der Hauptversammlungen einfach unter den Tisch fallen lassen.
- Besorgniserregend: Es gab in 2019 und 2020 zwar keine Produktion von SMART-155-Munition, aber Rheinmetall „hofft, dass es in Zukunft bald wieder eine SMART-Produktion geben wird.“ Die SMART-155-Munition ist eine autonom ein Ziel auswählendes und die Menschen darin tötendes Waffensystem, verschossen u.a. von Panzerhaubitzen. Fragen dazu, mit welcher Wahrscheinlichkeit/“Sicherheit“ der in der verschossenen Munition enthaltene Zielerkennungsalgorithmus einen Schulbus von einem Militär-LKW unterscheiden kann, wurden bislang geflissentlich ausgesessen.