Leak aus Handlungsanweisungen für die Polizei Göttingen: „Soziales Herumlungern an Bahnhöfen“ soll mit bis zu 25.000 Euro Bußgeld geahndet werden. [Update]

Jetzt verboten und bis zu 2.500 Euro teuer: „Soziales Herumlungern“ am Bahnhof, hier ein Beispiel für „Abhängen“ am Hauptbahnhof Hannover

Ein uns zugegangener Ausschnitt einem Dokument der Polizeidirektion Göttingen, das beschreiben soll, was im Zuge der Corona-Grundrechtsbeschneidungen nun verboten und zu ahnden sei:

Gruppenbildungen d.h. Zusammentreffen von mehr als zwei Personen, die nicht einem Hausstand angehören.

a) in der Öffentlichkeit und in öffentlich zugänglichen, geschlossenen Räumen z.B. Picknick, Grillen, soziales Herumlungern an Bahnhöfen Verstoß gegen Allgemeinverfügung, § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG Geldbuße bis maximal 25.000 EURO

b) in privaten Wohnungen und nicht-öffentlich zugänglichen Räumen z.B. private Feiern, ständige Besuche über „ein absolut nötiges Minimum“ hinaus. Verstoß gegen Allgemeinverfügung, § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG Geldbuße bis maximal 25.000 EURO

Besuche, d.h. private Besuche in nicht-öffentlich zugänglichen Räumen.

Zulässig sind Besuche bei Lebenspartnern, Alten, Kranken oder Menschen mit Einschränkungen und die Wahrnehmung des Sorgerechts.

Wir fragen uns, was denn unter „sozialem Herumlungern zu verstehen ist. Diese Begrifflichkeit ist derart unbestimmt, dass willkürlichem polizeilichen Handeln Tür und Tor geöffnet werden. Ein sachlicher Freibrief für Racial Profiling und vernebelt rassistisch unterlegtes repressives Handeln der mit dem „staatlichen Gewaltmonopol“ betrauten Polizei.

Hinterfragenswürdig auch, wie die Praxis der polizeilichen Kontrolle und Ahndung angeblich untersagte Besuche in Privatwohnungen aussehen kann – selbst wenn die Grundlage für diese Regelung nach einigem Durcheinander und Hin-und-Her in der Niedersächsischen Landesregierung nun in Teilen zurückgezogen bzw. abgemildert werden soll.

Die Schwammigkeit und Wortwahl dieser Vorgaben erzeugen Unsicherheit, ja wecken Erinnerungen an düstere Zeiten deutscher Geschichte und können so kein Vertrauen gegenüber der Polizei und dem sie anweisenden Innenministerium aufbauen.

Abhängen wird verboten, Schlendern ist Luxus.

 

[Update 8.4.2020, 13:38 Uhr]

Trotz mehrfachen Nachfragens ist die Polizeidirektion Göttingen nicht bereit oder in der Lage, auf unsere Frage zur Bestimmung/Definition des „Sozialen Herumlungerns“ in den von ihr an die Polizeikräfte ausgehändigten Handlungsanweisungen einzugehen.

Stattdessen erklärt die Polizei uns gegenüber – von uns als euphemistisch empfunden – folgendes:

„Zu Unklarheiten bzgl. der Begrifflichkeit „Herumlungern“ ist es bei den eingesetzten Beamten/-innen nicht gekommen.“

Ach. Unsere Kritik bleibt also substantiell bestehen.

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