Die im März 2014 eingereichte Verfassungsbeschwerde (1 BvR 746/14) gegen das am 1.11.2015 in Kraft getretene Bundesmeldegesetz (BMG) wurde nach Abstimmung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10.12.2015 nicht zur Entscheidung angenommen.
Das teilte das Bundesverfassungsgericht dem Beschwerdeführer in einem am Silvester 2015 eingehenden Brief schriftlich mit.
Eine Begründung für die Nicht-Annahme wurde nicht mitgeteilt.
Ein Widerspruch gegen diese Entscheidung ist nicht möglich.
Damit bleibt im Verborgenen, warum das Bundesverfassungsgericht die umfangreiche und viele Details des BMG angreifende Beschwerde (siehe auch: „Dein Vermieter liefert die Daten, deine Kommune verkauft sie und Polizei- und Geheimdienste greifen sie 24/7 deutschlandweit ab – Das neue Bundesmeldegesetz“) nicht behandeln will.
Zwar behauptet das Bundesverfassungsgericht selber:
„Die Verfassungsbeschwerde ermöglicht insbesondere den Bürgerinnen und Bürgern, ihre grundrechtlich garantierten Freiheiten gegenüber dem Staat durchzusetzen.“
Und an anderer Stelle heißt es seitens des höchsten Gerichts in Deutschland weiter:
„Jedermann kann Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben, wenn er sich durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder bestimmten grundrechtsgleichen Rechten verletzt glaubt.“
Doch ein „Jedermanns-Recht“ auf Behandlung einer substantiierten Verfassungsbeschwerde scheint es dagegen nicht zu geben und offen bleibt die Frage, nach welchen Kriterien das Gericht diejenigen Verfassungsbeschwerden auswählt, die einer umfangreichen Untersuchung und Beurteilung unterzogen werden.
Vielleicht stimmt die Mutmassung dass prominent vertretene und öffentlichkeitswirksame Beschwerden eine deutlich bessere Chance erhalten, zur Entscheidung angenommen zu werden, also solche, die von einzelnen Bürgern und ohne gut bezahlten Anwalt im Rücken erstellt werden.
Als die Medienkampagnen-Profis von „Campact“ noch gegen die vorherige Version des BMG wetterten (und das zurecht!), da gab es noch einen kurzen, aber lauten Aufschrei der so genannten Öffentlichkeit. Auf die Nachfrage, warum Campact nicht auch gegen die nicht viel weniger krasse und nun zum Gesetz gewordene Version des Bundesmeldegesetzes weiter protestiert hat, schrieben die „Campaginer“ im März 2014:
„Campact arbeitet zu aktuellen (bundesweiten oder EU-) Politikprozessen, die kurz vor einer Entscheidung stehen und bei denen wir glauben, dass der kurzfristige Druck von Bürger/innen zu einer ökologisch oder sozial verträglicheren Entscheidung beitragen kann. (…)
Natürlich muss auch nach der Beendigung von Debatten und Beschlüssen weitergearbeitet werden. Es gibt jedoch viele NGOs die hierin besser sind als wir und deren Konzept einen „längeren Atem“ vorsieht.“
Campact schiebt die weniger populären Themen also einfach und gerne an die „vielen NGOs“ ab, die einen längeren Atem hätten. Anders ausgedrückt: Campact setzt sich nur für populäre Themen und nur mit einem kurzem Atem ein.
Sowohl „digitalcourage“ als auch die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) – beide waren Teil der populären Kampagne gegen den vorherigen Entwurf zum BMG vom Juli 2012 – hatten diesen Ihnen von Campact zugeschriebenen „langen Atem“ übrigens auch nicht und haben sich nach 2012 nicht weiter um das Gesetz gekümmert.
Aber wie auch immer:
Das Bundesmeldegesetz ist nun seit zwei Monaten in Kraft und der Versuch, es mittels der dem einfachen Bürger zur Verfügung stehenden Mittel zu stoppen, ist gescheitert. Wie man als Einzelne*r damit umgeht, muss jede*r selber entscheiden. Gut für ein politisches und gesellschaftliches Klima der Mitbestimmung und Teilhabe ist das auf jeden Fall nicht.