Gefahrengebiete sind rechtsfreie Räume

2014-01-18-holstenstrasse-CC-BY-SA-.Emma7stern

Der „rechtsfreie Raum“ ist ein Kampfbegriff rechtspopulistischer Prägung, der von Politikern gern eingesetzt wird, um Hilflosigkeit zu kaschieren oder Handlungsbedarf zu suggerieren.

HH_Schulterblatt_toilet_brush-CC-BY-SA-Doris-AntonyIn Hamburg und Berlin existieren sogenannte Gefahrengebiete — ganze Stadtviertel werden zu Zonen erklärt, in denen Polizei Grund- und Bürgerrechte mit Füßen treten darf. Die Einrichtung eines Gefahrengebiets geschah in Hamburg auf Grundlage eines nicht verfassungsgemäßen Gesetzes eigenmächtig durch die Exekutive, etwa mit dem Hinweis auf angeblich zu erwartende Krawalle. Die Polizei macht von der Ermächtigung sogar Gebrauch, um politische Ziele durchzusetzen, wie 2014 in Hamburg bei Protesten rund um Rote Flora und Abschiebungspolitik und zuletzt bzw. jetzt gerade rund um die Rigaer Straße in Berlin. Nun ist es in einem Rechtsstaat so, dass Polizei und Staat aus gutem Grund prinzipiell Grenzen in ihrem Gewaltmonopol gesetzt sind und die Organe des Staates sich in ihrem Handeln verantworten müssen und nicht einfach aus Gutdünken beispielsweise Wohnungen stürmen dürfen. Willkürliche Personenkontrollen und einschüchternde Polizeipräsenz wirken auch nicht deeskalierend, daher ist es wohlfeil, eine Eskalation allein sogenannten „Linksextremisten“ anlasten zu wollen.

Gefahrengebiet-st.pauli-CC-BY-SA-Emma7sternGefahrengebiete sind somit die eigentlichen rechtsfreien Räume. Dass die Polizei nach eigenem Ermessen und ohne unabhängige und wirksame Kontrolle rechtsfreie Räume einrichten und dort ohne Angabe konkreter Gründe z.B. Identitätsfeststellungen und Durchsuchungen durchführen kann, gibt Anlass zu großer Sorge. In Berlin wird sogar geheimgehalten, wie viele Gefahrengebiete die Polizei definiert hat und wo und in welcher Ausdehnung sich diese befinden – eine zusätzlich besorgniserregende und gewiss nicht mit dem Grundgesetz vereinbare Entwicklung. Die Verlautbarung der Gewerkschaft der Polizei (GdP), „rechtsfreie Räume“ dürften nicht zugelassen werden entbehrt angesichts dessen nicht einer gewissen Ironie.

Wir erklären unsere Solidarität mit den Betroffenen aller derartiger polizeilicher Repressionsmaßnahmen – im Besonderen mit den Betroffenen der Häuser in der Rigaer, Liebig- und Samariterstraße in Berlin-Friedrichshain – und fordern eine Abschaffung der grundgesetzwidrigen Regelungen, auf deren Basis die Polizei rechtsfreie Räume einrichten darf, um die Menschen, die sich dort aufhalten oder gar wohnen, willkürlich zu schikanieren und in ihren Grundrechten zu verletzen.

Noch eine Anmerkung in eigener Sache:

Einige Fragen unserer Redaktion an die Polizei Berlin zu deren Gefahrengebiet-Praktiken haben wir bislang noch nicht beantwortet bekommen, stattdessen wurde die Übersendung einer Presseausweiskopie verlangt – „gerne per Mail“.

Wir werden auf unserem Pressestatus auch ohne Vorhandensein von bürokratisch anerkannten Presseausweisen beharren, wollen den aufgrund Artikel 5 GG manifestierten freien Zugang zum Journalismus beleben und werden erst recht keine personenbezogenen Daten unverschlüsselt an die Polizei mailen.

 

freiheitsfoo-Wiki-Seite zum Thema „Gefahrengebiete“: https://wiki.freiheitsfoo.de/pmwiki.php?n=Main.Gefahrengebiete

Bilderquellen: Oben „2014-01-18-hostenstraße.jpg“ von Emma7stern unter CC-BY-SA, Mitte „HH Schulterblatt toilet brush.jpg“ von Doris Antony unter CC-BY-SA, Unten „Gefahrengebiet-st.pauli.jpg“ von Emma7stern unter CC-BY-SA

 

Dieser Beitrag wurde unter Meinung/Kommentar veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.