Offensichtlich in Abstimmung mit dem Nds. Innenministerium hat die „Feuerwehr-Unfallkasse Niedersachsen (FUK NDS)“ am 30.5.2023 Ergebnisse einer von ihr organisierten Umfrage zu deren „Erfahrungen mit Beleidigungen, Beschimpfungen, Bedrohungen und tätlichen Angriffen“ veröffentlicht. Dabei geht es nicht um die Berufsfeuerwehren, sondern um die Freiwilligen Feuerwehren des Bundeslands.
Noch am gleichen Tag korrespondierte das Nds. Innenministerium unter der polizeifreundlichen Innenministerin Behrens mit einer Pressemitteilung und schlug damit heftig in die Kerbe:
„Die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, sagt: „Angriffe auf Rettungs- und Einsatzkräfte, Polizistinnen und Polizisten sowie Feuerwehrleute sind völlig inakzeptabel. Diese Gewalt dürfen wir nicht hinnehmen – denn wer Einsatzkräfte daran hindert, ihre Pflicht zu tun, der greift uns alle an. Wir werden alles dafür tun, um die Menschen, die sich haupt- oder ehrenamtlich für unsere Sicherheit engagieren, zu schützen.“
Das ist der seit einigen Jahren bekannte einseitig polarisierende Chorus populistischer Parteipolitiker, der die andere Seite der Medaille staatlichen Gewaltmonopols, die unterbelichtete Polizeigewalt an Nicht-Polizist*innen und Rassismus in der Polizei totschweigt oder gar leugnet (Seehofer/Pistorius), einhergehend mit der Schaffung neuer Sonderstrafrechte für Polizei, Bundes“wehr“ und andere staatliche Akteure.
Wir haben bei der FUK nachgefragt, wie sich die Details zu der Umfrage gestalten, die nun als geeigneter Anlaß für die einhämmernde Wiederholung populistischer Debattenbeiträge hergehalten hat.
Die FUK hat uns schnell, freundlich und umfassend geantwortet, im Ergebnis kommen wir bei der Betrachtung der Umstände der Befragung jedoch zu dem Urteil, dass die genannten Umfrageergebnisse keiner sachlichen Betrachtung standhalten, mindestens aber nicht den Anforderungen einer nüchternen und objektiven, wissenschaftlichen Standards entsprechenden Umfrage genügen.
Die Kritik dazu im Einzelnen:
- Es handelt sich nach Angaben der FUK um eine „anonyme Online-Umfrage“, wobei der „Zugang zu der Umfrage an alle Kreis- und an alle Stadtbrandmeister in Niedersachsen versendet“ wurde. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass diese Brandmeister (gibt es auch Brandmeisterinnen?) die Umfrage nicht oder nicht an alle Feuerwehrmenschen weitergereicht werden. Eine Steuerung oder Kontrolle dazu gab es nicht. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Feuerwehrmenschen mehrfach an der Online-Umfrage teilgenommen haben.
- Bei der Online-Umfrage heißt es dann: „Bitte nehmen Sie auch an der Umfrage teil, wenn Sie noch keine Beleidigungen, Beschimpfungen, Bedrohungen oder tätlichen Angriffe erfahren haben!“ Inwiefern dieser Bitte nachgekommen wurde lässt sich in keinster Weise nachvollziehen. Insofern kann die Umfrage nicht für sich in Anspruch nehmen, repräsentativ zu sein. Vielmehr ist anzunehmen, dass diejenigen Feuerwehrmenschen, die solche negativen Erfahrungen nicht gemacht haben eben erst gar nicht an der Umfrage teilnehmen. Um eine „Stichprobe“ im wissenschaftlichen Sinn handelt es sich bei den an der Umfrage Teilnehmenden auf jeden Fall nicht, auch wenn die FUK genau diesen Begriff verwendet und damit Wissenschaftlichkeit suggeriert.
Was bleibt?
Zurück bleibt der – aus unserer Sicht falsche, mindestens aber fragwürdige – Eindruck, den die FUK und vielmehr nachfolgend das Nds. Innenministerium und die Medienberichterstattung in öffentlichen Bewusstsein geschaffen haben. Ein erneut eingeschlagener Pflock einseitiger Sichtweise auf fraglos vorhandene Gewalt oder Gewaltandrohungen an Feuerwehrmenschen, ohne die dafür zugrundegelegten Daten im Detail hinterfragt zu haben.