Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) trieb und treibt das Pilotprojekt der „Section Control“-Durchschnittsgeschwindigkeits-Meßanlage voran und möchte diese gerne vielfach und bundesweit im Einsatz sehen. Bei diesem Konzept werden alle (sic!) die Straße befahrenden Fahrzeuge mittels automatisiertem KFZ-Kennzeichen-Scanner mindestens zwischenzeitlich erfasst und identifiziert, ja sogar zwei mal pro Abschnittskontroll-Anlage.
Gegen diese Methode, die trotz dürftigster Statistik von den Technikfetischisten als „effektiv“ bewertet und damit beworben wird, laufen zwei Gerichtsverfahren von durch die Pilotanlage betroffenen Autofahrern. Während die als zweites eingereichte Klage in die Warteschleife gelenkt wurde fand das erste Verfahren nun ein unbefriedigendes Ende:
Die im Oktober 2020 eingereichte und inhaltlich ordentlich erstellte Verfassungsbeschwerde (wir berichteten am 5.1.2021 darüber und veröffentlichten die Beschwerde im Volltext) wurde – wie jetzt erst bekannt wurde – gemäß Beschluss vom 11.1.2021 nicht zur Entscheidung angenommen.
Begründung: keine.
Damit setzen die Richter*innen aus Karlsruhe eine unrühmliche Mode fort, substantiierte und relevante Verfassungsbeschwerden ohne irgendeine Begründung nicht behandeln zu wollen. Die hier bereits einmal formulierte Kritik, wonach die Entscheidung des Gerichts über Annahme oder Nichtannahme möglicherweise damit zusammenhängen mag, ob eine Verfassungsbeschwerde Medienöffentlichkeit mit sich zieht oder nicht, sei hier im Ansatz wiederholt.
Die Realität ist also: Ein „Jedermann-Recht“ zur Einreichung einer Verfassungsbeschwerde ist nicht mit dem Jedermann-Recht auf inhaltliche Behandlung und Auseinandersetzung verbunden. Zumindest wird dieses nicht deutlich bzw. dem Bundesverfassungsgericht mangelt es an Transparenz und Offenheit, dieses inhaltlich zu kommunizieren.
Mehr Vertrauen in das Gericht und die Gerichtsbarkeit gedeiht dadurch nicht …
Ob das zweite Verfahren angesichts dieser Situation nun fortgeführt wird ist derzeit noch unentschieden.