Niedersachsen: Mit einem möglicherweise erneut (in Teilen) rechtswidrigen Feuerwerksverbot in das neue Jahr

F1-Ganzjahresfeuerwerk in Zeiten der Corona-Pandemie

Das erste, weit umfassende und äußerste pauschale Verbot des Landes Niedersachsen zum Erwerb, Verbringen und Abbrennen von Feuerwerk jeglicher Art im Zuge der Corona-Pandemie hat das OVG Lüneburg am 18.12.2020 mit süffisanten Worten als nichtig erklärt:

„Ein umfassendes Verbot aller Arten von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen sei nicht erforderlich. Jedenfalls Feuerwerkskörper der Kategorie F1 (sog. Kleinst- und Jugendfeuerwerk, das ab dem 12. Lebensjahr ganzjährig erworben und verwendet werden darf, bspw. Wunderkerzen, Knallerbsen und Tischfeuerwerk) hätten kein Potenzial, infektionsrelevante Ansammlungen einer größeren Zahl von Personen zu provozieren, und kaum Potenzial, in nennenswerter Zahl krankenhausbehandlungsbedürftige Behandlungen zu verursachen. Die schlichte Verhinderung allein subjektiv zu beurteilender Vergnügungen sei kein legitimes Ziel staatlichen Handelns. Die vom Verbot darüber hinaus umfassten „anderen pyrotechnischen Gegenstände“ (etwa pyrotechnische Gegenstände für Fahrzeuge als Komponente von Airbags, für Bühnen und Theater oder für andere technische Zwecke) ließen jedweden Bezug zu infektionsschutzrechtlich relevanten Geschehen vermissen.

Die niedersächsische Staatskanzlei respektive das Nds. Gesundheitsministerium musste also nachlegen und erließ ein neues Feuerwerks-Verbot. Angepasst wurden die Regeln und Verbote zum Erwerb, dem „Mitführen“ und dem Abbrennen von Feuerwerk, nun nur noch für das typische Silvesterfeuerwerk der Klasse F2 geltend.

Doch auch die neuen Regeln sind möglicherweise unhaltbar und so haben wir dem Ministerium und der Staatskanzlei in Hannover am 27.12.2020 eine Presseanfrage gestellt und um Beantwortung bis zum 28.12.2020 gebeten. Leider wurde diese Presseanfrage bis zum Redaktionsschluss (31.12.2020) nicht beantwortet, es gab auch keine andere Rückmeldung dazu.

Mal ganz davon abgesehen, dass in der derzeit gültigen Verordnung u.a. das „Mitführen“ von Feuerwerkskörpern (zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten) verboten ist, im Zuge von Explosivstoff-Gesetzgebung allerdings nur der Terminuns des „Verbringens“ üblich und rechtsklar ist, halten wir diese Regelungen für im Einzelfall unhaltbar, vor allem unverhältnismäßig und damit für rechtswidrig.

In §10a (1) Satz 2 der Verordnung wird das Mitführen von F2-Feuerwerk in den als Verbotszonen definierten Gebieten temporär untersagt. Es heißt dort im vollen Wortlaut:

„In der Zeit vom 31. Dezember 2020, 21.00 Uhr, bis zum 1. Januar 2021, 7.00 Uhr, ist auch das Mitführen der in Satz 1 genannten Gegenstände auf den dort genannten Straßen, Wegen, Plätzen und Flächen untersagt.“

Diese Verbotszonen sind mitunter (siehe Beispiel der Region Hannover) in ihrer Menge und Ausdehnung recht umfangreich (und unübersichtlich!), so dass es im Einzelfall nicht leicht fallen oder gar unmöglich sein dürfte, auf dem Weg zu einer Verabredung oder zu einem Treffen diese Gebiete zu umgehen, um das Verbot nicht zu brechen. Mehr als schwierig, nämlich unmöglich ist es sogar, mit F2-Feuerwerk im Gepäck in den genannten Zeiten zu einer privaten Verabredung zu gelangen, wenn sich die Wohnung des Gastgebers/Freundes/Freundin/etc. selber in einer Verbotszone befindet.

Doch das OVG Niedersachsen machte in seinem Urteil vom 18.12.2020 (Az. 13 MN 568/20) aber auch noch ein zweites, weiteres Problemfeld auf, dass die Rechtmäßigkeit dieses „Mitführ-Verbots“ als fraglich erscheinen lässt.

So heißt es in der Randnummer 42 des Urteils aus Lüneburg:

„Das nach § 10a Abs. 2 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung [hier gemeint der alte, inzwischen runderneuerte und nicht mehr gültige Teil der Nds. Corona-Verordnung, Anm. d. Red.] untersagte „Mitführen“ von Feuerwerkskörpern und anderen pyrotechnischen Gegenständen steht in keinerlei Bezug zu infektionsrelevanten Kontakten zwischen verschiedenen Personen.“

Da die Landesregierung (vielleicht aus guten Gründen) eine Antwort auf unsere Presseanfrage schuldig bleibt (oder aussitzt) und – soweit uns bekannt – auch niemand Betroffenes gerichtlich gegen die angesprochenen Fragwürdigkeiten gerichtlich zur Wehr setzt wird das bald in Wirkung tretende Mitführverbot wohl gerichtlich ungeprüft und medial unhinterfragt durchgesetzt werden.

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