Niedersachsen: Landesregierung (SPD-CDU) stellt sich auch weiterhin dumm in Sachen Funkzellenabfragen – will nicht wissen, wie häufig und ob im Zusammenhang mit Demonstrationen diese durchgeführt werden und ob Funkzellenabfragen überhaupt ihren Zweck erfüllen.

Der Umgang niedersächsischer Behörden (Polizei, Geheimdienst) mit Funkzellenabfragen ist bereits länger ein Thema, insbesondere in 2016 gab es dazu eine parlamentarische Anhörung im Innenausschuss.

Spätestens damals erhob sich mangels des Wissens und des Interesses der damaligen Landesregierung über den Umfang der Anwendung von Funkzellenabfragen und deren (Un)Sinn die Forderung, endlich eine statistische Erfassung dieser Überwachungsmaßnahme durchführen zu lassen.

Ohne die Zahlen und Informationen, die sich aus so einer Statistik ergeben würden kann keinerlei Aussage über Verhältnismäßigkeit und Zweckerfüllung der Maßnahme getroffen werden.

Warum also ist keine Evaluation der Funkzellenabfragen in Niedersachsen gewünscht?

Diese Frage wird auch mittels zweier weiterer Kleiner Anfragen der FDP im Niedersächsischen Landtag (LT-DS 18/7338 vom 14.9.2020 und LT-DS 18/7771 vom 2.11.2020) nicht beantwortet, dafür beinhaltet die letztere Drucksache immerhin folgende technische Informationen, die wir für teilenswert halten:

„Die Bearbeitung von Funkzellenabfragen erfolgt im Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen mittels einer entsprechenden Software. Bis zum Jahr 2016 wurde die Software „Odin“ für die Bearbeitung und Verwaltung von Verkehrsdaten- und Funkzellenabfragen im LKA Niedersachsen benutzt, die in Zusammenarbeit mit der bayerischen Polizei und dem Netzbetreiber O2 (heute Telefónica) maßgeblich entwickelt worden ist. Im Zuge diverser Gesetzesänderungen (u. a. Unzulässigkeit des technischen Übertragungsweges von Anordnungen oder Auskünften per Telefaxversand) wurde die Weiterentwicklung dieser Software eingestellt. Seit 2017 kommt das Produkt „InfReq100“ des Herstellers DIaLOGIKa im LKA Niedersachsen zum Einsatz.

Während aus der Software „Odin“ die entsprechenden Kennzahlen gezielt extrahiert werden konnten, ist dies mit dem Nachfolgeprodukt nicht mehr möglich. Eine Statistikfunktionalität, wie sie zur Beantwortung dieser Anfrage erforderlich wäre, ist im Produkt nicht enthalten.

Eine zahlenmäßige Erhebung von Funkzellenabfragen wäre nur anhand manueller Datenbankabfragen und vor dem Hintergrund der Komplexität der Software sowie einer Vielzahl kreuzreferenzierter Datenbanken nur mit einem nicht unerheblichen personellen Aufwand möglich. Eine Inanspruchnahme kostenpflichtiger Unterstützungsleistungen der Herstellerfirma wäre daher zusätzlich zum manuellen Aufwand notwendig.“

Mobilfunkantennen in Hannover, Stand 2012, Quelle: devianzen.de

In der vorhergehenden Kleinen Anfrage hieß es zu der Frage, ob auch im Zuge von Demonstrationen Funkzellenabfragen durchgeführt worden sind:

Der Landesregierung sind hierzu keine entsprechenden landesweiten statistischen Erhebungen bekannt. Zur Beantwortung der Frage wäre eine manuelle Einzelauswertung bei den Polizeidienststellen notwendig. Damit wäre ein Arbeitsaufwand verbunden, der ohne Zurückstellung der eigentlichen Aufgaben der Polizei und Staatsanwaltschaft nicht möglich wäre und zudem im Rahmen der Beantwortung einer kleinen Anfrage nicht geleistet werden kann.“

Zusammengefasst kann also gesagt werden:

  • Mittels der genannten Software-Umstellung hat die Polizei Niedersachsens einen Rückschritt bezüglich der Transparenz der Überwachungsmaßnahme vollzogen, da nun noch weniger statistische Daten zur Evaluation zur Verfügung stehen als zuvor.
  • Hinsichtlich der verfassungsrechtlich bedeutsamen Frage, ob die Polizeien und der Geheimdienst in Niedersachsen Funkzellenabfragen im Zuge von nach Artikel 8 GG geschützten Versammlungen einsetzt verweigert das Nds. Innenministerium die Aufklärung.

Interessant und lesenswert übrigens auch die Angaben zu den Kosten und der Anzahl der übermittelten Datensätze der Jahre 2013-2016 aus der LT-DS 17/8036 vom 11.5.2017.

So kosteten die Funkzellenabfragen dem Land in 2016 bspw. fast eine Million Euro für rund 70.000 „Antwortdateien“ aus diesen.

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