Von juristischen Siegen, die sich nicht danach anfühlen

Bildquelle: AK Vorrat OG Hannover, CC-BY-SA

März 2017: Wir stehen vor dem Flensburger Gerichtsgebäude; Anlass ist eine dort stattfindende Verhandlung. Die Polizei erkennt mich, möchte mit mir reden. Ich aber nicht mit ihnen und das antworte ich ihnen auch. So weit so belanglos.

2018 beantrage ich dann Auskunft beim schleswig-holsteinischen LKA, was dort denn so über mich gespeichert sei. Ich erhalte unter anderem den oben beschriebenen Vorgang beauskunftet. Es sei ein „Hinweis auf Person“ im Rahmen des „Deliktes“ (Ja, wirklich!) „Demonstration/ Kundgebung, gegen Justiz“ gespeichert.

Ich fragte am 25.4.18 nach, um was es sich hierbei genau handle und bekam am 16.5.18 die Antwort, ich sei bei einer Spontandemonstration durch eingesetzte Polizeibeamte erkannt worden und der Vermerk sei angelegt worden, „da die Gefahrenlage eine begleitende polizeiliche Lagebeurteilung erforderte“.

Mit Schreiben vom 27.5. fragte ich nach der Rechtsgrundlage der Speicherung dieser Demonstrationsteilnahme und bekam daraufhin am 31.5.18 die Antwort, die Personaldaten seien gemäß §9VersFG erhoben und gemäß §188k gespeichert worden.

Ich fragte am 15.7.18 nochmals nach, worin die unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung bestanden haben soll, die von mir ausging (denn eben das verlangt das benannte Gesetz). Ich erhielt daraufhin am 6.8.18 die Antwort, dass die Gefahr der Störung einer Gerichtssitzung befürchtet wurde und ich deswegen präventiv angesprochen worden sei, zu einer Kommunikation jedoch nicht bereit gewesen sei.

Ich hielt die Speicherung für rechtswidrig, da hier schlicht versucht wurde, absurdeste Gründe zu konstruieren, um eine Demonstrationsteilnahme speichern zu dürfen. Zumal ja auch die Polizei mit den Geschehnissen im Saal überhaupt nichts zu tun hat, denn dort wäre die dem Gericht unterstehende Sitzungspolizei (also Justizangestellte) für Störungen zuständig. Ich beantragte daher am 24.2.19 die Löschung dieses Eintrags, was mit Schreiben vom 21.3.19 abgelehnt wurde. Ich klagte daher nun auf Löschung des Eintrags.

Es kam im November 2019 zur Verhandlung vor dem VG Schleswig. Die Justiziarin der Polizei argumentierte,die Speicherung sei notwendig, um die Möglichkeit zu haben, polizeiliches Handeln im Nachhinein auf Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Weil der Eintrag als „relevant“ eingestuft sei, solle er statt einem Jahr drei Jahre gespeichert bleiben (ursprünglich sollten es sogar mal fünf sein). Worin diese Relevanz bestünde, könne sie allerdings nicht sagen, denn selber sei sie zwar die Prozessvertreterin, habe aber in den strittigen Eintrag kein Einsichtsrecht und kenne ihn auch nicht. Soweit so skurril.

Im weiteren Verlauf der Verhandlung wurde klar, dass die Polizei verlieren würde, wenn es zu einem Urteil käme und so sagte die LKA-Vertreterin schließlich die Löschung des Eintrages zu. In vier Monaten wäre er ohnehin gelöscht worden und einen für die Zukunft hilfreichen Gerichtsbeschluss habe ich nun auch nicht. Und ich muss weiterhin befürchten, dass die Polizei jeden Anlass bei dem sie mich zukünftig erkennt nutzt, um meine Anwesenheit dort zu speichern.

[Ein Gastbeitrag von Hanna Poddig. Im Original hier verbloggt.]

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