Der Spaß sicherheitsfanatischer Parteipolitiker an der Schöpfung euphemistischen Neusprech-Vokabulars schien kein Ende zu finden, als die CDU/CSU-SPD-Bundesregierung im März 2017 unter dem damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maiziere das entsprechend betitelte „Videoüberwachungsverbesserungsgesetz“ mit fadenscheinigen und unsachlichen Begründungsmustern durch die Institutionen peitschte. Auch der Bundesrat segnete dieses Gesetz widerspruchslos ab.
Sinn der sich dahinter verbergenden Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes war und ist die massive Ausweitung der Befugnis zur Videoüberwachung öffentlicher Plätze und Räume. Gerne auch durch Privatpersonen und Unternehmen, wobei sich Polizeien und Geheimdienste dann derer Bilder und Videos bedienen können sollte.
Im Innenausschuss gab es heftige Kritik dagegen, die jedoch weitgehend ignoriert oder nicht anerkannt worden ist. So kam es zur Gesetzesumsetzung mit bereits eklatanten Folgen bspw. in zeitlich folgender gerichtlicher Rechtssprechung konservativer Richter. Und das Bundesverfassungsgericht wollte sich mit einer Beschwerde gegen das „Videoüberwachungsverbesserungsgesetz“ erst gar nicht beschäftigen.
In einer jüngeren, sehr viel weniger (oder gar nicht!) öffentlich beachteter höchstgerichtlicher Rechtssprechung hat das Bundesverwaltungsgericht nun diesem Spuk zumindest in Teilen ein Ende gesetzt (Az. BVerwG 6 C 2.18 vom 27.3.2019).
Darauf möchten wir hiermit hinweisen und zitieren aus einer Kommentierung des Urteils durch den Hamburger Datenschutzbeauftragten, weil wir es nicht besser als dieser formulieren können:
„Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner jetzt veröffentlichten Entscheidung vom 27. März 2019 deutlich gemacht, dass die Videoüberwachung durch private Stellen ausschließlich am europäischen Datenschutzrecht zu messen ist. (…) Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts regelt die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) die Videoüberwachung durch Private abschließend. Folglich ist die nationale Bestimmung in § 4 Abs. 1 S. 1 BDSG europarechtswidrig und im Ergebnis unanwendbar. Private Videokameras können daher im Ergebnis nur auf der Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f DSGVO betrieben werden. Die danach zu erfolgende Güterabwägung ist nicht durch nationales Recht modifizierbar. (…)“
Ebenfalls lesenswert die zum gleichen Vorgang erschienene Kommentierung auf datenschutzbeauftragter-info.de.
[Anmerkung: Wir werden je nach zeitlicher Möglichkeit hier noch Auszüge aus das „Videoüberwachungsverbesserungsgesetz“ befürwortenden Aussagen der Groko-Bundesregierung aus 2017 nachtragen.]