NPOG-LUPE: § 12a (1) – Die Definition eines „Gefährders“ (bzw. einer „Gefährderin“) [Update]

In der aktuellen Diskussion um das geplante neue niedersächsische Polizeigesetz („NPOG“) wird seitens der Befürworter des Gesetzentwurfs immer wieder behauptet, es gäbe keine „Gefährder“-Definition darin.

Das ist allerdings falsch.

Zitiert aus dem § 12a (1) des NPOG-Entwurfs:

Verursacht eine Person eine Gefahr oder rechtfertigen bestimmte Tatsachen die Annahme, dass eine Person innerhalb eines übersehbaren Zeitraums auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Weise eine Straftat begehen wird, so [handelt es sich bei dieser Person um einen Gefährder bzw. eine Gefährderin].

Das stand übrigens auch im vorherigen, wenn auch nicht final umgesetzten rot-grünen Polizeigesetz-Entwurf („NGefAG“) schon so drin.

Der eigentliche Skandal allerdings verbirgt sich hinter dem auch im NPOG-E so unreflektiert verwendeten, neusprechhaften „Gefährder“-Begriff. Und das sehr geschickt. Dessen Einführung repräsentiert die Schwere des (nicht nur) von SPD und CDU gewünschten Wandels des Polizeiwesens, der vielfach als „Paradigmenwechsel“ bezeichnet wird.

Dazu sehr zum Lesen empfohlen die sachliche und historische Analyse des „Gefährder“-Begriffs von Heiner Busch vom Februar 2017:

Kommentar: Wie sich der „Gefährder“ ins Recht schleicht

Oder siehe auch Punkt 10 der freiheitsfoo-Stellungnahme zum NPOG-E an den Innenausschuss des Niedersächsischen Landtags.

 

[Update 23.9.2018]

Aufgrund berechtigter Kritik folgende Ergänzungen und Erklärungen:

Das in diesem Blogbeitrag im Zitat des § 12a (1) NPOG-E in eckigen Klammern stehende wurde durch uns hinzugefügt und steht so nicht im Gesetzentwurf drin. Der § 12a behandelt „Gefährderansprachen“ und „Gefährderanschreiben“ und das von uns Zitierte soll die Bedingungen beschreiben, unter denen Menschen mit dem einen oder anderen konfrontiert werden dürfen, also im Sinne der Polizei als „Gefährder“ gelten und entsprechend in Datenbanken so geführt werden.

Es handelt sich dabei also nicht um eine gesetzestechnisch einwandfreie „Definition“ des „Gefährder“-Begriffs, praktisch läuft es aber doch auf eine solche hinaus. Und das selbst dann, wenn der derzeitige Innenminister Niedersachsens. Herr Pistorius (SPD) in einem aktuellem Videobeitrag mit Vehemenz und ein wenig Stolz darauf verweist, dass man im Gesetzentwurf absichtlich keine Definition des „Gefährders“ vorgenommen habe. (Und zugleich eine erstaunlich exakte Zahl der in Niedersachsen lebenden „Gefährder“ meint angeben zu können, was beweist, dass es durchaus irgendwo und irgendwie eine Definition dieser politisch definierten Menschengruppe geben muss, wenn man der Polizei und den „Sicherheitsbehörden“ nicht völlige Willkür unterstellen möchte.)

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