Dokumentiert: Unser Beitrag zur heutigen mündlichen Anhörung zum geplanten neuen Polizeigesetz in Niedersachsen (NPOG)

Heute gegen ca. 16:40 Uhr fand die mündliche Anhörung des freiheitsfoo’s vor dem Innenausschuss des Niedersächsischen Landtags zum NPOG statt. Nachfolgend dokumentiert der erste Teil unseres Vortrags.

[Hinweis: Es gilt das gesprochene Wort.]

Wir vom freiheitsfoo danken Ihnen für die Einladung zur Stellungnahme. Und wir danken Ihnen auch dafür, dass die Anhörungen so umfangreich über drei Tage gestaltet werden – das ist ja leider keine Selbstverständlichkeit.

Wir lehnen den NPOG-Entwurf aus systemischen Gründen grundsätzlich ab, allerdings auch zusätzlich mit einer Fülle von Detailkritik, die wir in der Ihnen vorliegenden 52 Seiten starken Stellungnahme ausführlich dargestellt haben, ergänzt durch die 8seitige Stellungnahme durch den Strafrechtler Herrn Dr. Hüttl, der gleich nachfolgend noch darauf eingehen wird.

Wie mir hier im Innenausschuss bereits in früherer Zeit bei anderer Gelegenheit nachdrücklich mitgeteilt worden ist habe ich ja davon auszugehen, dass alle Innenausschuss-Mitglieder sämtliche Stellungnahmen, also auch unsere, durchgelesen haben.

Aber darüber hinaus:

Schlimm ist die Intransparenz, von der diese Gesetzgebung geprägt ist:

  • Die schriftlichen Gutachten werden bis Beendigung der mündlichen Anhörung der Öffentlichkeit vorenthalten, der wertvolle Diskurs in der Sache damit unterbunden.
  • Synopsen, also Gegenüberstellungen des alten zum neuen Polizeigesetz, die die Änderungen für die Bürger überhaupt erst nachvollziehbar machen würde, werden geheim gehalten.
  • Die CDU Niedersachsen antwortet auf eine sachliche Presseanfrage zum NPOG einfach überhaupt gar nicht.

Schlimm ist die unnötige Eile, mit der das NPOG durch die Instanzen getrieben wird:

  • Es gibt keinen ersichtlichen Grund für diese Eile. Falls doch, so müsste dieser öffentlich gemacht werden.
  • Wie allgemein bekannt, bieten die Zahlen der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik ebenfalls keinerlei Grund für die Gesetzgebungshektik.

Schlimm sind die zahlreich geworfenen politischen Nebelkerzen:

  • Die misslungene Definition von „Terrorismus“, was sich an Vielzahl von (auch eher geringeren) Straftaten dahinter verbirgt und die Täuschung der Öffentlichkeit darüber, dass es angeblich nur um die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus ginge.
  • Der Versuch der Landesregierung, sich medial zum bayrischen PAG abzugrenzen und so zu tun, als ginge es bei dem neuen Polizeigesetz in Niedersachsen um etwas ganz anderes, was faktisch nicht stimmt.
  • Die unrichtigen Darstellungen und Behauptungen (bis hin zu Äußerungen im Landtag), dass alle neuen polizeilichen Maßnahmen mit einem Richtervorbehalt versehen worden seien.
  • Der – um es einmal hemdsärmelig auszudrücken – große Quatsch, der sich hinter der enormen Ausweitung der polizeilichen Videoüberwachungsbefugnisse im geplanten § 32 verbirgt. Sie haben heute früh das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen hier zu Gast gehabt: Es ist wissenschaftlich belegt, dass die Videoüberwachung keinen oder nur einen sehr geringen und definitiv unverhältnismäßigen Nutzen zur Prävention von Straftaten besitzt. Ganz anders, als von der Landesregierung immer wieder behauptet wird.

Schlimm ist vor allem auch die Gefügeänderung der Sicherheitsbehördenarchitektur, die mit dem geplanten NPOG einhergeht:

  • Die Polizei wird zur politischen Polizei ausgebaut.
  • Die Polizei erhält dem NPOG-E zufolge geheimdienstliche Befugnisse, einen in Teilen geheimdienstlichen Charakter, was dem Trennungsgebot als Lektion der deutschen NS-Herrschaft zuwider ist.
  • Der mit dem NPOG verbundene Paradigmenwechsel, wonach die Polizei zukünftig Menschen überwachen, bedrängen, mit zahlreichen schweren Auflagen belasten, ja sogar einsperren darf, ohne dass diese Menschen eine Straftat begangen haben! George Orwells „1984“ wurde in der Vergangenheit oft zu Unrecht zitiert und warnend hervorgeholt. Aber in diesem Fall kann man nicht anders als das NPOG als eine Ausprägung der Orwellschen Vision von der Verfolgung von „Gedankenverbrechern“ zu bezeichnen. Es soll bei der niedersächsischen Polizei zukünftig auch um „crimethink“, um die Verfolgung von „thoughtcrime“ gehen.

Damit übergebe ich das Wort an Herrn Dr. Hüttl.

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