Berliner Verwaltungsgericht verhandelt über umstrittene Polizei-Datensammlung zu friedlichen Demonstrationen – 7.3.2016 10:00 Uhr – Zuvor (nun doch kein!) Protest dagegen [UPDATE]

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Vor zwei Jahren ist erstmals öffentlich geworden, dass die Berliner Polizei große Mengen an Informationen von der Versammlungsbehörde der Hauptstadt abgreift und daraus eine Datenbank unter dem euphemistischen Namen „Veranstaltungsdatenbank“ angelegt hat und betreibt.

Demonstrationen sowie die persönlichen Daten von Anmeldern und Leitern der Proteste werden pauschal – also anlaßlos – gespeichert und polizeilich verarbeitet.

Diese Praxis versuchte der dafür zuständige „Staatsschutz“ im Landeskriminalamt Berlin bislang mit Verweis auf das Berliner Polizeigesetz zu legitimieren und muss sich nun dafür vor Gericht rechtfertigen.

Ein von der Datenerfassung Betroffener hat Klage gegen die Veranstaltungsdatenbank erhoben, das Verwaltungsgericht Berlin (Kirchstraße 7, 10557 Berlin-Moabit) verhandelt diese öffentlich am Montag, den 7.3.2016 ab 10 Uhr.

Von 9 bis 10 Uhr findet anläßlich dieser Verhandlung ein Protest vor den Türen des Gerichts statt unter dem Motto: „Keine anlaßlose Erfassung von Demonstrationen durch die Polizei – Für das sofortige Aus der Veranstaltungsdatenbank!“

Zur Erinnerung:

Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Volkszählugsurteil vom 15.12.1983 klipp und klar eine solche Erfassung von Versammlungen untersagt und dieses Verbot wie folgt begründet:

„Wer damit rechnet, daß etwa die Teilnahme an einer Versammlung oder einer Bürgerinitiative behördlich registriert wird und daß ihm dadurch Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf eine Ausübung seiner entsprechenden Grundrechte (Art. 8, 9 GG) verzichten. Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist.“

Weitere Informationen, auch zu einem zweiten Klagepunkt des Verfahrens, dem mutmasslich unerlaubten Anfertigen einer vollständigen Kopie des kompletten Datenbestandes der Berliner Polizei im Rahmen einer Anforderung aus dem vergangenen NSU-Unterschungsausschusses, finden sich in einem Beitrag von netzpolitik.org

https://netzpolitik.org/2016/abschreckung-einkalkuliert-datensammlungen-der-berliner-polizei-vor-gericht/

sowie auf der dazugehörigen Wikiseite der Initiative „freiheitsfoo“:

https://wiki.freiheitsfoo.de/pmwiki.php?n=Main.Berliner-Veranstaltungsdatenbank

 

[UPDATE 4.3.2016]

Nachdem die Berliner Polizei/Versammlungsbehörde bzw. der Berliner „Staatsschutz“ (eine Trennung des einem vom anderen vorzunehmen und wahrzunehmen fällt uns schwer) eine unverschlüsselte E-Mail an den Anmelder des geplanten Protestes gerichtet hat und darin bekräftigt, dass die Behörde die Demo nur zulassen würde, wenn der Anmelder einer 3jährigen Speicherung in der „Veranstaltungsdatenbank“ zustimmen würde, werden wir unter diesen Bedingungen nun nicht vor dem Verwaltungsgericht protestieren!

Angemerkt sei auch noch die Tatsache, dass der Anmelder der Polizei gar keine E-Mail-Adresse zur Kontaktaufnahme mitgeteilt hatte.

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