Gegen einen gesetzlichen Digitalisierungs- und Vernetzungszwang bei Hausstromzählern, für ein Recht auf analoge Teilhabe

Intelligenter_zaehler-_Smart_meter-modBislang haben die Pläne der Bundesregierung zur Zwangsdigitalisierung des Stromnetzwerkes nur wenig Öffentlichkeit erhalten.

Wir haben uns nun dazu im Rahmen einer Stellungnahme zu Wort gemeldet, denn bei dem Projekt zur „Digitalisierung der Energiewende“ geht es um etwas ganz Großes:

Jeder Haushalt in Deutschland soll zwangsweise einen programmierbaren Stromzähler (Digitalstromzähler) eingebaut bekommen, der seitens des zuständigen Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) neusprechartig als „intelligenter Stromzähler“ beworben und angepriesen wird.

Nach dem Austausch der bisher noch häufig eingesetzten analogen Stromzähler sollen die neuen Kleinrechner den Stromenergieverbrauch (oder dessen Einspeisung) messen und die Daten regelmäßig an die Energieversorger zur besseren Steuerung des Stromnetzes weiterleiten – so die erklärte Absicht.

Dabei können diese Daten mitunter sehr sensibel sein und personenbeziehbare Informationen beinhalten, also in die Privatsphäre der Strom“verbraucher“ eingreifen.

Bei genaueren Lesen der vom BMWi veröffentlichten Dokumente werden weitere klar artikulierte Absichten des auf grob zwei Jahrzehnte hin geplanten Projekts der Bundesregierung deutlich:

  • Möglichst alle Haushalte sollen später ihre (Zwangs-)Digitalstromzähler mit Hardware und Software zu „intelligente Messsystemen“ aufrüsten, um den Stromverbrauch im Haushalt feingliedrig erfassen und verarbeiten zu können. Obwohl eine EU-Richtlinie nur die Abdeckung von „nur“ 80% aller Haushalte mit digitalen Stromzählern verlangt, will man in Deutschland per Gesetz ein totales Verbot analoger Stromzähler aussprechen.
  • Die „Digitalisierung“ der Versorgung von Strom soll nur der Anfang sein: Auch die Belieferung mit Wasser, Gas und Fernwärme soll zukünftig ebenso digital überwacht werden.
  • Ziel ist weiterhin, dass die Energieversorger Zugriff auf Energieerzeuger und -verbraucher nehmen können sollen. Von „Fernsteuerung“ ist die Rede.

In den Plänen der Bundesregierung stecken aber noch weitere mehr oder weniger versteckte Klauseln und Haken, die wir von freiheitsfoo in einer 12seitigen Stellungnahme versucht haben, anschaulich zu machen.

Wir lehnen das Projekt in dieser Form ab, weil es erhebliche Eingriffe in die Privatsphäre mit sich bringen kann, weil es ein komplexes Stromversorgungssystem mit neuen großen Risiken durch IT-Angriffe und -Ausfälle entstehen lässt, weil es teuer ist, die Kosten aber auf die Menschen und Haushalte umgewälzt werden und weil der Nutzen und die Notwendigkeit des Vorhabens nicht bewiesen oder schlüssig begründet werden kann.

analog-stromzaehlerGanz grundsätzlich fordern wir ein Recht auf analoge Teilhabe. Das bedeutet, das Recht zu haben, am Leben unserer Gesellschaft ohne große Einschnitte teilzuhaben, ohne einem Zwang zur Digitalisierung und Vernetzung des privaten Lebens und des persönlichen Alltags unterworfen zu werden.

Dem BMWi haben wir im Fazit unserer Stellungnahme zur Anregung empfohlen, die von Neil Postman 1999 vorgeschlagenen Fragen im Umgang mit neuen Technologien zu stellen und die ehrlichen Antworten dazu zu diskutieren, bevor man per Verordnung die Gesamtheit aller in Deutschland lebenden Menschen ein weiteres Stück in die vollvernetzte und -digitalisierte Welt meint stoßen zu müssen.

Die sechs Fragen lauten:

1.) Was ist das Problem, für das diese Technologie die Lösung ist?

2.) Wessen Problem ist es?

3.) Welche neuen Probleme können bei der Lösung des Ausgangsproblems entstehen?

4.) Welche Menschen und welche Einrichtungen leiden durch die neue Technologie am stärksten?

5.) Welche Änderungen des Sprachgebrauchs wird durch diese Technologie erzwungen?

6.) Welche Menschengruppen und Einrichtungen profitieren durch die Einführung dieser neuen Technologie in ökonomischer oder politischer Hinsicht am allermeisten?

Wir sind gespannt, ob und welche Rückmeldung wir aus dem Wirtschaftsministerium erhalten.

 

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