Niedersächsischer Innenminister bewirbt Vorratsdatenspeicherung mit haltlosen Argumenten … und hintergeht den rot-grünen Koalitionsvertrag

Bild von F.J. Valenta, Bonn, CC-BY-NC-SA

Bild von F.J. Valenta, CC-BY-NC-SA

Der derzeitige niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) folgt seinem Vorgänger Uwe Schünemann (CDU) auf den Fuß, indem er für eine neue Vorratsdatenspeicherung in Deutschland Werbung betreibt.

Die von ihm in einem Zeitungsbericht dabei vorgetragenen Argumente sind billig und substanzlos.

Außerdem verstößt Herr Pistorius gegen die Vereinbarungen mit dem Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen, wonach sich die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen ausdrücklich gegen Vorratsdatenspeicherungen einsetzen wolle – damals war dort noch von einem „hochproblematischen Eingriff in die Grundrechte“ die Rede.

Schließlich ignoriert Herr Pistorius auch noch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wonach eine allgemeine und anlaßlose Vorratsdatenspeicherung mit den europäischen Grundrechten nicht zu vereinbaren ist.

In einem offenen Brief an den SPD-Innenminister weisen wir diesen auf das alles hin, wir fragen ihn, ob er denn seinen Vorstoß mit seinem Koalitionspartner abgesprochen hat und versuchen anhand der Beschreibung eines Analogiemodells deutlich zu machen, wie krass eine Vorratsdatenspeicherung denn tatsächlich wäre.

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„Grüne“ in Niedersachsen als Verteidiger flächendeckender Videoüberwachung des öffentlichen Personennahverkehrs

Bild aus dem Nds. Landtag vom 5.10.2010 - CDU und FDP stimmen für das neue, umstrittene Versammlungsgesetz ab

Bild aus dem Nds. Landtag vom 5.10.2010 – CDU und FDP stimmen für das neue, umstrittene Versammlungsgesetz ab

Der schienengebundene öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) Niedersachsens (Züge, Straßenbahnen) wird von der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG) organisiert und strukturiert. Die LNVG hat den Betreibern des Zugverkehrs vorgeschrieben, diesen zukünftig nur noch flächendeckend videoüberwacht durchzuführen.

Das zu verhindern hätte die (derzeitig rot-grüne) Landesregierung alle Zügel in der Hand, ist die LNVG doch ein Unternehmen des Landes Niedersachsen. In einer Petition forderten mehrere Menschen genau dieses von der Regierung … und kassierten nun eine Abfuhr.

Damit nicht genug ließen sich die Landtags-Grünen im Rahmen einer kurzen Landtagsdebatte anlässlich dieser Petition sogar darauf ein, deren Ablehnung zu verteidigen und zeigten sich noch nicht einmal dazu bereit, weitere Informationen und Statistiken zu diesem Thema vorzulegen bzw. anzufordern, um den (Un)Sinn von Videoüberwachung sachbetont besser analysieren zu können.

Es handelt sich – zur Erinnerung – um diejenigen „Grünen“, die sich sonst gerne als Vertreterpartei für Bürgerrechte und Privatsphäre präsentieren.

Wie hieß es noch so schön im Grünen-Prospekt aus dem November 2010, als diese Partei noch in der Opposition des niedersächsischen Landtags saß:

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Bundesregierung: Nicht nur Euro-Kampfdrohne, sondern auch noch Kampfdrohnen-Beschaffung samt Munition in diesem Jahr!

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Leider kein Aprilscherz: Neben der umstrittenen und jetzt bekannt gewordenen Absicht der Bundesregierung, zusammen mit Frankreich und Italien eine eigene Kampfdrohnen zu entwickeln, wird eine andere Neuigkeit aus der letzten Sitzung des Verteidigungsausschusses bislang nicht weiter verbreitet und öffentlich diskutiert.

Ein Boulevard-Blatt meldete es am vergangenen Freitag in einer kurzen Randnotiz:

Die Bundesregierung hat beschlossen – anders, als bisher allgemein angekündigt – noch in diesem Jahr Kampfdrohnen inklusive (!) Raketenbewaffnung für die Bundeswehr einzukaufen.

Während die Pressestelle des Bundesverteidigungsministeriums die Meldung nicht kommentieren und weder bestätigen noch dementieren wollte, wurde uns gegenüber aus den Reihen des nicht-öffentlich tagenden Verteidigungsausschuss die Echtheit dieser Information inklusive des beabsichtigten Einkaufs „gelenkter Munition“ jedoch direkt bestätigt.

Das bedeutet:

Die Bundesregierung schafft hinter verschlossenen Türen Tatsachen und untergräbt damit die eigene Verlautbarung, eine etwaige Anschaffung von tötenden Drohnen nicht vor Abschluß einer breiten gesellschaftlichen Debatte vornehmen zu wollen.

Es ist aus heutiger Perspektive völlig unklar, in welchen (Kriegs-)Szenarien sich die deutsche „Verteidigungsarmee“ ihr Treiben vorstellt, die derart umstrittene Waffentechnologie einkaufen will und damit die Bereitschaft anzeigt, diese auch einzusetzen … wenn doch der Einsatz dieser Drohnen in deutschem Luftgebiet alleine aus rechtlichen Gründen grundsätzlich unzulässig ist.

Wir als Initiative freiheitsfoo lehnen die Forschung, Entwicklung, Beschaffung und Anwendung von Kampfdrohnen grundsätzlich ab und unterstützen die bundesweit breit aufgestellte Drohnen-Kampagne, die sich in ihrem Appell gegen jede Drohnentechnologie im Einsatz für Krieg, Überwachung und Unterdrückung ausspricht.

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Zum 7. Mai – Der „Kostenlos-BILD“ widersprechen

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Genervt von der politisch tendentiösen, menschenverachtenden und populistischen BILD-„Zeitung“?

Am 7. Mai 2015 soll es eine neue Ausgabe einer bundesweit verteilten „Kostenlos-BILD“ geben.

Dagegen kann man schriftlich widersprechen oder sich einen Aufkleber für den heimischen Briefkasten besorgen, der klar macht, dass man sich von dieser Aktion nicht vereinnahmen lassen möchte.

Denn diese Aktion ist anders, als es den ersten Anschein hat, eine fette Einnahmequelle für den Axel-Springer-Konzern.

Weitere Infos zu den Möglichkeiten des schriftlichen oder Online-Widerspruchs in unserem Beitrag vom Juni 2014.

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Interview: Wie sich der BITKOM die nächste Vorratsdatenspeicherung Deutschlands vorstellt

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Der Präsident des IT-Branchenverbands BITKOM, Dieter Kempf hat am Eröffnungsabend der CeBIT, am vergangenen Sonntag in seiner Ansprache eine Neuauflage einer Vorratsdatenspeicherung für Deutschland befürwortet:

„Eine ausgewogene Vorratsdatenspeicherung gefährde nicht die bürgerliche Freiheit.“

Martin Schallbruch und Thomas de Maiziere auf der CeBIT2015

Martin Schallbruch und Thomas de Maiziere auf der CeBIT2015

Aus unserer Sicht ist jede Form von Vorratsdatenspeicherung – zumindest so, wie derzeit politisch diskutiert (anlasslos, umfassend, flächendeckend, sämtliche TK-Verbindungsdaten aller Menschen im Land betreffend) – per se unvereinbar mit unserer Vorstellung einer freiheitlichen, demokratischen und gerechten Gesellschaft. Eine „ausgewogene Vorratsdatenspeicherung“ kann es also gar nicht geben.

Wir haben die Gelegenheit am darauffolgenden Montag, dem offiziellen Eröffnungstag der Messe, genutzt, um Herrn Kempf zu dieser Äußerung kurz zu interviewen.

In dem etwa 5minütgen Gespräch beschreibt Herr Kempf seine Sicht der Dinge und das genaue Hinhören offenbart, dass der BITKOM-Chef entweder selber gar nicht genau weiß, wie die Bedingungen des EuGH praktisch umzusetzen sind oder – noch viel schlimmer – dass er gedenkt, diese einfach ignorieren zu können.

Jochen Köckler, Thomas de Maiziere, Dieter Kempf, Cornelia Rogall-Grothe, NN, Martin Schallbruch

Jochen Köckler, Thomas de Maiziere, Dieter Kempf, Cornelia Rogall-Grothe, NN, Martin Schallbruch

Vor allem wollten wir von ihm wissen, wie Herr Kempf so eine Vorratsdatenspeicherung mit zwei vom EuGH vorgegebenen Bedingungen vereinbaren kann: Dass es zum einen nämlich überhaupt keine anlasslose Erfassung und Speicherung von Verbindungsdaten geben darf und dass zum anderen bestimmte Berufsgruppen von der Vorratsdatenspeicherung ganz ausgenommen werden müssen.

Den Inhalt des gesamten folgenden Gesprächs gibt es transkribiert zum Nachlesen und zum Nachhören:

 

Wir schlüsseln im folgenden die beiden von uns angesprochenen rechtlichen Hürden im Detail auf und zitieren und interpretieren, was Herr Kempf im Gespräch dazu ausgeführt hat.

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Bleiben die Wortprotokolle der öffentlichen Sitzungen des NSA-Untersuchungsausschusses für immer geheim?

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Es klingt paradox und ist es auch:

Die Wortprotokolle der öffentlichen, also für jedermann zugänglichen Sitzungen des NSA-Untersuchungsausschusses, werden derzeit streng unter Verschluss gehalten, also der Allgemeinheit der Bürgerinnen und Bürger vorenthalten.

Selbst die Entscheidung, ob diese wenigstens mit Ende des Ausschusses in dessen Abschlussbericht an das Licht der gesellschaftlichen Öffentlichkeit geraten oder weiterhin als geheim bzw. „nicht-öffentlich“ eingestuft bleiben, ist noch völlig unklar, wie aus der aktuellen Ablehnung eines auskunftsuchenden IFG-Antrags hervorgeht:

„Weiterhin teilt das Sekretariat des 1. UA der 18. WP mit, dass eine Entscheidung darüber, ob nach Abschluß der Untersuchungen die Protokolle veröffentlicht werden, noch nicht getroffen ist.“

Und das alles, obwohl sogar der Ausschuss-Vorsitzende, der CDU-Abgeordnete Patrick Sensburg, eine Veröffentlichung für gut und richtig hält und gefordert hat:

„Also ich hab da gar kein Problem mit – das ist ja öffentlich!“

Audio-Ausschnitt einer Diskussion der FIfFKon vom 8.11.2014 – wobei sich Herr Sensburg damit genau genommen inhaltlich nur auf die Kurzprotokolle, also auf die Zusammenfassungen der Sitzungen bezieht. Er geht andererseits in seinem Statement aber auch davon aus, dass die Wortprotokolle spätestens mit dem Abschlußbericht veröffentlicht werden, was nun wohl doch (noch?) nicht entschieden worden ist.

 

Wir finden:

Die amtlichen Wortprotokolle öffentlicher Sitzungen von Bundestag und Untersuchungsausschüssen gehören der Allgemeinheit.
Sie gehören öffentlich und nicht unter Verschluß!

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Ein Brief an Chelsea Manning

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Chelsea Manning, vormals Bradley Mannings, sitzt seit 2010 in Haft, seit sie nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen geleakt haben soll, die u.a. schwere Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen der USA dokumentieren.

Wir haben am 28. Februar 2015 einen Solidaritätsbrief an Chelsea Manning geschrieben.

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Der Inhalt unseres Briefes in deutscher Sprache:

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Eine neue deutsche Vorratsdatenspeicherung-Gesetzgebung: Die De-Maiziere’sche Abkehr vom Transparenzprinzip der Politik

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Nachdem der Prozess für eine neue EU-weite Regelung zur Vorratsdatenspeicherung zwar angelaufen, aber vermutlich noch einige Jahre „Reifezeit“ benötigen wird, mehren sich in Deutschland die Stimmen für einen nationalen Alleingang, also eine vom EU-Rahmen losgelöste Gesetzgebung zur Wiedereinführung der VDS im derzeit rot-schwarz regierten Deutschland. Dieser „konstruktive Wachstumsprozess“ soll aber möglichst ohne Beteiligung der Öffentlichkeit ablaufen und damit das Prinzip einer transparenten Gesetzgebung unterlaufen.

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Ermahnung aus 1957: Über die Grenzen des Überwachungs-Wahnsinns

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Das Mikrozensus-Urteil aus 1969 verweist in seiner Erklärung zum individuellen „Recht auf Einsamkeit“ u.a. auf den am 18.12.1956 von Josef Wintrich gehaltenen Vortrag „Zur Problematik der Grundrechte“. Der aus heutiger Sicht nicht unumstrittene Wintrich war zu dieser Zeit Präsident des Bundesverfassungsgerichts und der Vortrag stand im Schatten eines bevorstehenden, schließlich am 16.1.1957 verkündeten Urteils (1 BVR 253/56), in dem das Gericht ausführlich zum Wesen des Artikels 2 Absatz 1 im Grundgesetz Stellung bezogen hat.

Im Vortrag Wintrichs finden sich einige betonenswerte Aussagen, die auch – vielleicht sogar besonders – aus heutiger sicht, also gut 58 Jahre später, sehr rück-erinnerungswert sind.

Wir möchten insbesondere auf fünf Auszüge aus dem Vortrag hinweisen, die wir unter den folgenden Überschriften bzw. Kurzbeschreibungen zusammengefasst haben:

A. Über die Würde des Menschen, seinen innersten Raum und die Bedeutung der Kommunikation mit anderen Menschen

B. Wie aus unrichtigem Recht ein für den Menschen unverbindliches Nichtrecht werden kann

C. Über die (ehemalige und heute nur noch theoretische?) Kernidee der Demokratie

D. Über Intimsphäre, ihre Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung und über das Recht auf unbefangene und unverbindliche Aussprache, nicht auf jedes Wort festgelegt zu werden sowie nicht in seinem Privatleben ausgehorcht oder ausspioniert zu werden

E. Absage an den Utilitarismus: Von den engen Grenzen der Zulässigkeit der Ausforschung von Menschen im Dienste der Aufklärung (betrifft auch die Geheimdienste): „Der Zweck, die Menschenwürde des Verletzten zu schützen, kann nicht das Mittel der Verletzung der Menschenwürde des Täters rechtfertigen.“

F. Zur Unvereinbarkeit des derzeitigen Hartz-IV-„Sozial“systems mit dem Würdebegriff des Grundgesetzes

Im Einzelnen:

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Zur Erinnerung und nun erstmals auch in englischer Sprache: Das Bundesverfassungsgericht zum „Recht auf Einsamkeit“ bzw. zum „Recht, alleine gelassen zu werden“

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Schon 1969 hat sich das Bundesverfassungsgericht im Rahmen einer Klage gegen den „Mikrozensus“ mit der Frage beschäftigt, inwieweit es „dem Staat“ gestattet sein darf, die ihn bildenden Menschen zu erfassen, zu kategorisieren oder in ihre innersten Rückzugsräume einzudringen. Dabei spricht das Gericht vom „Recht auf Einsamkeit“ oder vom „Recht, alleine gelassen zu werden“, wie wir es ausdrücken würden.

Auf eine Informationsfreiheitsgesetz-Anfrage hin (IFG) hat das Karlsruher Gericht uns nun eine englische Übersetzung dieses Urteils zur Verfügung gestellt, die wir erstmals im Netz und im datenverarbeitungsfreundlichen Format veröffentlichen.

Die unserer Meinung nach wichtige Passage des Beschlusses vom 16. Juli 1969 der Randnummern 32 bis 34 (Hervorhebungen durch uns):

In der Wertordnung des Grundgesetzes ist die Menschenwürde der oberste Wert. Wie alle Bestimmungen des Grundgesetzes beherrscht dieses Bekenntnis zu der Würde des Menschen auch den Art. 2 Abs. 1 GG. Der Staat darf durch keine Maßnahme, auch nicht durch ein Gesetz, die Würde des Menschen verletzen oder sonst über die in Art. 2 Abs. 1 GG gezogenen Schranken hinaus die Freiheit der Person in ihrem Wesensgehalt antasten. Damit gewährt das Grundgesetz dem einzelnen Bürger einen unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung, der der Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen ist.

Im Lichte dieses Menschenbildes kommt dem Menschen in der Gemeinschaft ein sozialer Wert- und Achtungsanspruch zu. Es widerspricht der menschlichen Würde, den Menschen zum bloßen Objekt im Staat zu machen. Mit der Menschenwürde wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Staat das Recht für sich in Anspruch nehmen könnte, den Menschen zwangsweise in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren, sei es auch in der Anonymität einer statistischen Erhebung, und ihn damit wie eine Sache zu behandeln, die einer Bestandsaufnahme in jeder Beziehung zugänglich ist.

Ein solches Eindringen in den Persönlichkeitsbereich durch eine umfassende Einsichtnahme in die persönlichen Verhältnisse seiner Bürger ist dem Staat auch deshalb versagt, weil dem Einzelnen um der freien und selbstverantwortlichen Entfaltung seiner Persönlichkeit willen ein „Innenraum“ verbleiben muß, in dem er „sich selbst besitzt“ und „in den er sich zurückziehen kann, zu dem die Umwelt keinen Zutritt hat, in dem man in Ruhe gelassen wird und ein Recht auf Einsamkeit genießt“. In diesen Bereich kann der Staat unter Umständen bereits durch eine – wenn auch bewertungsneutrale – Einsichtnahme eingreifen, die die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch den psychischen Druck öffentlicher Anteilnahme zu hemmen vermag.

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