Polizeigesetz-Reform Niedersachsen: Schreiben jetzt die Gerichte am Gesetzentwurf mit? Zivilgesellschaft bleibt außen vor.

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In Deutschland läuft die Schaffung und Veränderung von Gesetzen normalerweise wie folgt ab:

„[Die Gesetzgebung] obliegt in einer parlamentarischen Demokratie vor allem dem Parlament als legislativer Staatsgewalt. (…) Die so zustande gekommenen Rechtsnormen werden von der zuständigen Verwaltung ausgeführt und gegebenenfalls durch die Rechtsprechung [=Iudikative, Gerichtsbarkeit] kontrolliert.“
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Gesetzgebung

In Niedersachsen sieht man das anders.

Dort wird derzeit das Landes-Polizeigesetz mit dem sperrigen wie diskutablen Namen „Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG)“ verändert (Neusprech: „reformiert“) – leider bislang unter völligem Ausschluß der Öffentlichkeit. Einer Nachfrage, wie man sich als offene, sich als „zivilgesellschaftliche“ Gruppe beteiligen könnten, folgte seitens des niedersächsischen Innenministeriums eine wenig erleuchtende und nicht wirklich weiterhelfende Antwort.

20150504VGhannover-beraet-NdsSOGUnd nun kam auch noch heraus, dass das Ministerium einen (offensichtlich nicht-öffentlichen) Gesetzentwurf an das Verwaltungsgericht Hannover mit der Bitte um Stellungnahme geschickt hat!

Hintergrund dafür ist ein gegen die Polizei Hannover vor Jahren gewonnenes (sowie ein weiteres, noch laufendes) Verfahren, wonach das Gericht die derzeitige Gesetzeslage zur polizeilichen offenen Videoüberwachung des öffentlichen Raums als verfassungswidrig bewertet hatte.

Offenbar soll hier die Iudikative zum Gesetzgeber umfunktioniert werden, während kritische Stimmen aus der Gesellschaft weniger erwünscht sind.

Wie hieß es doch noch so schön und schwärmerisch in der Präambel zur Koalitionsvereinbarung der jetzigen rot-grünen Landesregierung:

„Um den großen Herausforderungen gemeinschaftlich zu begegnen, wollen wir mehr Demokratie wagen. Demokratie lebt von kontinuierlicher Beteiligung und Transparenz. Viel zu lange wurde in Niedersachsen ein obrigkeitsstaatlicher Politikstil betrieben. Beteiligung wurde zu sehr auf die Stimmabgabe bei Wahlen reduziert. Wir setzen dagegen auf Gemeinwohlorientierung statt auf Klientelpolitik und wir glauben an die Gestaltungskraft der Zivilgesellschaft. Wir verstehen modernes Regieren als einen lebendigen Austausch zwischen Bevölkerung, Landesparlament und Landesregierung.“
Quelle: http://www.spdnds.de/imperia/md/content/landesverbandniedersachsen/ltw2013/koalitonsvereinbarung_der_jahre_2013-2018.pdf

Zwischen diesem Anspruch und der Wirklichkeit tun sich weite Abgründe auf.

Das Verwaltungsgericht kann auf die Bitte um Stellungnahme aus unserer Sicht indes nur mit einer Ablehnung reagieren, um nicht als befangen zu gelten.

Die gesetzgeberische Arbeit muß von der Regierung getan werden, nicht von Gerichten – deren Aufgabe ist es vielmehr, die von den Regierungen erlassene Gesetze unabhängig auf Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. Mit der eigenen Beteiligung beim Zustandekommen eines Gesetzes würde diese Kontrollfunktion ad absurdum geführt werden. Gegen eine Befragung von Richter- und Anwälteverbänden oder die Einbeziehung von zivilgesellschaftlichen Gruppen (sic!) spräche dagegen alternativerweise nichts.

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