Am heutigen Donnerstag, 11.02.20016, ab 10 Uhr durchsuchten rund 50 Polizist*innen inklusive Sondereinsatzkommando (SEK) und Hundestaffel das Unabhängige Jugendzentrum Kornstraße in Hannover („UJZ Korn“). Anlass war ein Beschluss des Amtsgerichtes Lüneburg, das dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgte, die in einem angeblichen Verstoß gegen das Vereinsgesetz ermittelt. Es wurden nach Angaben des Jugendzentrums 41 Plakate, 82 Flyer und vier Computer beschlagnahmt.
Als Grundlage der Razzia diente der Vorwurf, der Verein zur Förderung politischer Jugendkulturen UJZ Kornstraße e.V. solle die PKK unterstützen, indem Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt worden seien. Die Korn selbst schreibt dazu in einer Pressemitteilung vom 11.02.2016 auf ihrer Facebook-Seite:
„Das UJZ Kornstraße hat gerne und niemals heimlich der kurdischen Jugend, dem Verband kurdischer Studierender und dem kurdischen Volkshaus Raum zum Treffen gegeben.“
Bereits im Jahr 2014 wurde auf Initiative der Stadt Hannover der Versuch unternommen, die Korn aufgrund eines Wandbildes im Innenhof zu kriminalisieren, welches den 1994 von deutschen Polizisten in Hannover erschossenen jungen Kurden Halim Dener zeigt. Durch das Zeigen verbotener PKK-Symbolik solle das Wandbild die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet haben. Das Verfahren wurde noch vor Prozessbeginn eingestellt.
In Zeiten wie unseren, möchte mensch meinen, sollten die Ermittlungsbehörden genug damit zu tun haben, rassistische und neo-nazistische Übergriffe auf (Unterkünfte von) Menschen mit Fluchterfahrung zu verfolgen und aufzuklären und sich der zunehmenden von rechts ausgehenden Gefahr zuzuwenden. Es scheint Staatsanwaltschaften, Innenministern/-senatoren und Polizei jedoch leider genügend Zeit zu bleiben, linke Freiräume anhand fragwürdiger, vielleicht sogar konstruierter „Gründe“ zu schikanieren und zu kriminalisieren (siehe dazu in der jüngsten Vergangenheit Rigaer/Liebig-/Samariterstraße in Berlin, Luftschlossfabrik in Flensburg).
Es sind – nebenbei angemerkt – vielfach so genannte „linke Freiräume“ wie die des UJZ Korn, von denen Aufklärung zu und Widerstand gegen rechte Gewalt ausgeht, während die staatlichen Behörden, namentlich die Inlandsgeheimdienste („Verfassungsschutz“-Ämter), hierbei nicht nur gescheitert sind, sondern sogar im Gegenteil mit dem fragwürdigen Einsatz und der Bezahlung von rechtsextremen V-Leuten die Gewalt der rechten Szene unterstützt und ihre unrühmliche Involvierung in schwerste terroristische Straftaten aus dem rechtsextremen Untergrund sogar durch das „versehentliche“ Vernichten von Akten vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu verschleiern versucht haben.
Die Aufrechterhaltung des PKK-Verbotes und eine Wiederbedienung der Terrorismus-Rhetorik gegen die PKK (mit allen ihren Konsequenzen wie die heutige unverhältnismäßige, komplett überzogene Razzia in der Korn) muten umso absurder an, da es genau diese PKK und kurdische Kämpfer*innen sind, die sich seit Monaten mit aller Entschiedenheit erfolgreich dem Daesh entgegenstellen. (Man könnte pointiert die Frage stellen: Muss sich nun auch die derzeitige „Verteidiungs“ministerin Frau von der Leyen auf eine Hausdurchsuchung durch das SEK gefasst machen?)
Wir fordern:
Städtische und gesellschaftliche Freiräume schaffen, gestalten, erhalten und gegen Staatswillkür verteidigen!
Wir solidarisieren uns hiermit mit dem UJZ Korn und weisen auf einen kurzfristig für morgen (Freitag, 12.2.2016) um 18 Uhr am Steintorplatz in Hannover angemeldeten Protest unter dem Motto „Gegen die Kriminalisierung des UJZ Kornstraße, gegen das Verbot der PKK“ hin.