Wie Banken ihre Kund*innen nötigen – am Beispiel der GLS-Bank (aber nicht nur dort)

Mitgliederbegehren für informationelle Selbstbestimmung der GLS-Kunden und Nachhaltigkeit im erweiterten Sinn einer zunehmend digitalisierten Lebenswelt – damals, in 2013, gescheitert an einer praxisuntauglichen GLS-Satzung und einem Vorstand, der sich nicht für eine echte Mitgliederbeteiligung einsetzen wollte.

Die GLS-Bank in Bochum ist zweifellos eine der „besten“ Banken in Deutschland, soweit man Banken als Teil eines kapitalistisch organisierten Gesellschaftssystems überhaupt als positiv bewerten kann – das mag und soll jede*r für sich entscheiden.

Bei allen guten Seiten dieser Bank hat sie sich hinsichtlich gelebter Transparenz, Mitglieder-Mitmach-Praxis und in persönlichkeitsrechtlicher Hinsicht allerdings schon in 2013 eine glatte Blöße gegeben.

Und auch in diesem Jahr zeigte sich die Bank unter dem noch immer gleichen Vorstandsvorsitzenden von einer kalten und unfreundlichen Seite, als es darum ging, unter den „Bestandskunden“ mit bereits älteren Verträgen eine Vertragsänderung durchzusetzen, wonach angespartes Geld unter gewissen Bedingungen seitens der Bank besteuert wird.

Mit welchen Mitteln und welcherlei repressivem Charakter die Bank und ihre dort tätigen Banker*innen diese – rechtlich sehr fragwürdige – Änderungen „freiwillig“ erzwungen haben, das haben wir beispielhaft auf einer Wiki-Seite dokumentiert.

Im folgenden geben wir einen Gast-Kommentar von Chris Carlson von Radio Flora aus Hannover wieder, der einen eigenen Blick auf die Praxis einiger Banken wirft.

 

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Wie Banken ihre Kund*innen nötigen

Manche von uns können sich noch an Zeiten erinnern, als die Banken uns umgarnten, um uns als Kund*innen zu gewinnen. Das Bankgeschäft ist zwar nach wie vor in geradezu obszönem Ausmaß profitabel – aber vielleicht nicht mehr ganz so profitabel wie früher. Was läge da näher, als nach Wegen und Mitteln zu suchen, wie man die eigene Kundschaft zum Wohle der Jahresbilanz und natürlich der eigenen Boni schröpfen könnte?

Hier gibt es diverse Tatkomplexe – also fangen wir mit den Negativzinsen an. Die EZB verlangt seit einiger Zeit von Banken, die Gelder bei ihr parken, Negativzinsen in Höhe von 0,5 %. Die EZB will damit die Banken motivieren, vermehrt Darlehen zu vergeben, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Banken, die vor nicht zu langer Zeit noch unbesicherte Darlehen in fast beliebiger Höhe an jeden Schwachkopf mit einem Business-Plan auf Powerpoint-Basis gewährt haben, haben jetzt auf das andere Extrem umgeschaltet und vergeben fast gar keine Darlehen mehr. Offensichtlich ist es grundsätzlich nicht möglich, das moderne Kreditgeschäft nach sachlichen Gesichtspunkten zu betreiben.

Aber da sind die Banken nicht verlegen, sondern viele geben diese Negativzinsen – die manchmal auch Strafzinsen heißen – einfach an ihre Kund*innen weiter. Oft sogar mit einem deftigen Zuschlag: 1 – 1,5% sind da nicht gänzlich unbekannt. Allerdings ist dies nach landläufiger Rechtsauffassung grundsätzlich nur bei Neukonten möglich. Für Bestandskonten gelten weiterhin die Geschäftsbedingungen, die bei der ursprünglichen Kontoeröffnung galten.

Für Bestandskonten bräuchte es folglich eine sog. Verwahrentgeltvereinbarung. Was ist aber, wenn der Kunde oder die Kundin sich darauf nicht einlassen mag? Dann wird einem gesagt, dass man die Vereinbarung unterschreiben muss. Und wenn man sich immer noch sperrt, dann wird mit einer Kündigung des Kontos gedroht.

Spätestens da wird es interessant, denn die Bank kennt die rechtlichen Bedingungen für die Kündigung eines Privatkontos sehr genau. Es sind im Wesentlichen der gerichtsverwertbare Verdacht auf Geldwäsche sowie das Belügen der Bank über die eigene Kreditwürdigkeit, die eine Kündigung rechtfertigen. Bei einem Geschäftskonto kommen auch noch verfassungsfeindliche Bestrebungen als Grund dazu, aber auch diese muss die Bank erst einmal beweisen können.

Wir reden wohlgemerkt hier nicht von einer Kontensperre. Die ist zumindest vorübergehend möglich, wenn man wiederholt innerhalb kurzer Zeit im Dispo war oder es mehrere gerichtlich verfügte Kontopfändungen gegeben hat. Aber diese Gründe rechtfertigen auch ganz eindeutig keine Kontokündigung.

Und natürlich kann es auch kein Grund für eine Kündigung sein, wenn jemand eine für ihn oder sie nachteilige Änderung eines bestehenden Vertrags nicht akzeptieren möchte. Allein das Wörtchen „Vereinbarung“ in dem Ausdruck „Verwahrentgeltvereinbarung“ bedeutet ja zwangsläufig, dass sie – nun ja – eben vereinbart werden muss. Sonst hieße es wohl Verwahrentgeltdiktat.

Der Verbraucherinformationsdienst Verivox führt eine Liste, auf der – Stand heute – über 400 deutsche Banken aufgeführt sind, die von ihren Kund*innen Negativzinsen verlangen. Darunter befinden sich natürlich die üblichen Verdächtigen – aber auch die GLS Bank, bei der auch Attac sein Konto hat. Die GLS Bank versteht sich als bzw. reklamiert für sich eine ethische Bank oder eine Nachhaltigkeitsbank zu sein. Worin die Ethik oder die Nachhaltigkeit einer solchen Kundenabzocke bestehen mag, bleibt wohl ihr Geheimnis.

Ein weiterer Punkt: Viele Banken bieten inzwischen Wertpapierdepots an, wo man seine Aktien, Anleihen oder Fondsanteile für teueres Geld verwaltet bekommt. Die Union Investment (die vollständige Bezeichnung ist Union Asset Management Holding AG) mit Hauptsitz in Frankfurt am Main ist die Investmentgesellschaft der DZ Bank und Teil der genossenschaftlichen Finanz-Gruppe.

Der Vertrieb der Publikumsfonds geschieht zum einen über die 875 Volks- und Raiffeisenbanken, zum anderen über den Außendienst der Bausparkasse Schwäbisch Hall AG. Hauptaktionär ist die DZ Bank mit 72,32%. Weitere Aktionäre sind die Volks- und Raiffeisenbanken über ihre Verbände bzw. Beteiligungsgesellschaften.

Union Investment bietet normalen Menschen die Beteiligung an Investmentfonds an. Einer davon lautet noch UniEurostoxx 50. Dieser Fonds ist ein index-gelinkter Fonds, der lediglich den Eurostoxx 50-Index exakt abbildet. Ein index-gelinkter Fonds ist zwar nicht ohne Risiko – der Eurostoxx 50-Index ist nach den Kurseinbrüchen von 1999, 2001 und 2008 erst vor wenigen Wochen auf den Kurswert von 1998 zurückgekehrt, aber man hat wenigstens eine transparente Investition gehabt, wo die im Fonds enthaltenen Werte und ihre Kurse jederzeit durch die öffentliche Presse nachlesbar waren.

Dieser Fonds wird in den nächsten Tagen in einen gemanagten Fonds verwandelt werden mit Namen UniNachhaltig Aktien Europa Auf Grund des EU-Rechts war Union Investment leider Gottes verpflichtet, die Anteilsbesitzer*innen dieses Fonds über die Verwandlung zu informieren – auch über die neue Zusammensetzung der im Fonds enthaltenen Werte sowie über die künftigen Verwaltungsgebühren und Management-Provisionen des Fonds. Man bekam – auch dies eine EU-rechtliche Vorgabe – ein Sonderkündigungsrecht für die bisher gehaltenen Anteile, die sogar ohne zusätzliche Kosten ausgeübt werden kann. Wenn man jedoch dieses Sonderkündigungsrecht ausübt, kann es durchaus sein, dass man einen Anruf von der Volksbank bekommt, wo einem gesagt wird, auf Grund von Vorgaben der Union Investment müsse man unbedingt bestimmte Fragen per Telefon beantworten. Sonst könne man die Kündigung nicht akzeptieren. Dieser Gessler-Hut ist jedoch nicht durch das Banken- oder Wertpapierrecht abgedeckt – eine Tatsache, die der Anrufer aus der Bank gerne verschweigt. Vielmehr wird so getan, wie wenn dieser bloße Wunsch der Bank, der im Wesentlichen der Wunsch ist, den Kunden zu überreden, die Sonderkündigung zurückzunehmen, so etwas wie eine zwingende rechtliche Vorschrift sei. Was ja eine Lüge ist. Erst wenn man zu verstehen gibt, dass man die Rechtslage sehr wohl kennt, werden diverse Rückzugsmanöver eingeleitet. Wobei man weiterhin gedrängt wird, die Kündigung zurückzunehmen.

Nun werden Berufszyniker*innen an dieser Stelle sicher sagen, im Geschäftsleben werde eben gern gelogen. Was zwar stimmt, aber trotzdem moralisch nicht in Ordnung geht. Wenn der Gesetzgeber so wollte, wäre es auch sehr einfach, Verlogenheit in der Werbung oder an sonstiger Stelle im Geschäftsleben zu verbieten. Vor Gericht geht das ja auch – Meineid ist bei Strafe verboten – und keiner sagt, dass das zum Untergang des Abendlandes führt. Dass wir ein Wirtschaftssystem haben, das Lügen nicht nur erlaubt, sondern belohnt, spricht nicht gerade für dieses Wirtschaftssystem. Der nächste Punkt mag im Vergleich zu den beiden vorgenannten Punkteneher läppisch erscheinen, aber ich möchte ihn gleichwohl in diesem Kontext anführen. Die Postbank, die, als ich dort Kunde wurde, noch Postgiroamt hieß, will bei der Zweifaktorauthentifizierung, die erst vor kurzem eingeräumte Möglichkeit der Benutzung eines TAN-Generators wieder abschaffen. D.h., man kann zwar für teueres Geld von der Postbank einen eigenen, proprietären TAN-Generator kaufen, aber die preiswerten generischen werden nicht mehr akzeptiert. Dafür könne man ein sog. App auf das sog. Smartphone herunterladen. Was ist jedoch, wenn man ein normales Handy hat? Gibt es neuerdings einen Zwang, ein Smartphone zu besitzen? Und was ist da mit den angeblichen Verheißungen der freien Marktwirtschaft, an die zu glauben wir bei Strafe im Falle der Zuwiderhandlung per Gesetz gezwungen werden, wo der Kunde oder die Kundin angeblich selbst entscheiden darf, welches Handy man hat – oder ob man überhaupt ein Handy haben oder nutzen will? Nun, im Zweifel wird Markus Lanz sicher in seiner Sendung sagen, noch so massive Nachteile bei etwas seien halt doch nicht als Zwang zu bewerten. Da hat er schon – siehe die Impffrage – eine gewisse Übung drin. Dann sind wohl auch die Menschen in der DDR nicht über die Mauer gegangen weil – die Grenzwächter mit ihren Kalaschnikows, die Stacheldrahtzäune, die auf den Menschen dressierte Schäferhunde, die Minen und Selbstschussanlagen – die waren ja kein Zwang, sondern nur ein positiver Anreiz, im Lande zu bleiben. Ist ja klar.

Der TAN-Generator wurde übrigens ursprünglich obligatorisch gemacht, weil die Übermittlung der TANs per Handy angeblich zu unsicher sei. Kurze Zeit nach der Erlangung dieser einschneidenden Erkenntnis, soll das Handy – diesmal unter dem klangvollen Namen „Smartphone“ – wieder der Königsweg sein. Erstaunlich eigentlich, wie schnell sich eine Erkenntnis ändern kann. Jeder Mensch braucht ein Bankkonto. Wenn Banken diese Tatsache benutzen, um Druck auszuüben, selbst wenn das nur auf vergleichsweise subtile Art geschieht – ohne explizite Drohungen von Nachteilen – so ist das auf Grund der besonderen Abhängigkeitslage der Menschen automatisch als hochgradig unmoralisch und missbräuchlich anzusehen.

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