Atommüll-„Endlager“-Diskussion: Kein „mea culpa“ der für jahrzehntelange Repression Verantwortlichen. Stattdessen ein neuer drohender Castortransport quer durch Deutschland Ende Oktober/Anfang November 2020.

Ursula von der Leyen mit ihrem Vater Ernst Albrecht. Bild eines Plakats von 2007 unter Creative-Commons-Lizenz: KAS/ACDP 10-031 : 60014 CC-BY-SA 3.0 DE

Das seit Jahrzehnten umstrittene geplante Atom-Klo Gorleben-Rambow ist als mögliches „Endlager“ vom Tisch. Die „Bundesgesellschaft für Endlagerung“ schreibt in der Zusammenfassung ihres Zwischenberichts vom 28.9.2020:

„Auf Basis der Anwendung der geowissenschaftliche Abwägungskriterien gemäß § 24 StandAG erfolgte die zusammenfassende Bewertung des identifizierten Gebietes Gorleben-Rambow mit „nicht günstig“. (…) Der Salzstock Gorleben-Rambow wird daher nicht bei den weiteren Arbeiten der BGE zu den Vorschlägen über die Standortregionen betrachtet.“

Dass dafür schon zu wissen ausreicht, dass das Deckgebirge über diesem Salzstock instabil ist, ist nichts neues. SPD-Umweltpolitiker Michael Müller in einem Interview mit dem DLF vom 28.9.2020:

„In der Vergangenheit wurde dramatisch getrickst in der Frage Gorleben. All die Punkte, die jetzt dazu geführt haben, dass die BGE, die Bundesgesellschaft für Entsorgung, Gorleben rausgenommen hat, waren vorher bekannt. Im Gegenteil: Man hat die Kriterien sogar ein bisschen runtergestuft. Früher war das sichere Deckgebirge eine unabdingbare Voraussetzung. In dem Standort-Auswahlgesetz, das wir jetzt haben, wird es zu einem Abwägungskriterium. Und trotzdem reichen die Einwände aus, um klar zu sagen, das geht nicht. Hier ist eine Geschichte, die höchst unrühmlich ist und die nur etwas mit Willkür zu tun hat, aber nicht mit sauberen Kriterien. (…) Man hätte sich das jetzige Verfahren schenken können, denn auch beispielsweise Herr Kanitz, der ja damals in der Kommission war, wusste genau, welche Probleme es gab. Jetzt als Geschäftsführer der BGE nennt er sie; warum hat er sie nicht früher genannt?

Jede*r, der mit einigem Sachverstand um die sachlich-wissenschaftlichen Grundlagen und Randbedingungen nachdenkt wird zu der Erkenntnis kommen, dass es alleine mit Blick auf die Halbwertzeiten der wegzuschließenden hochgiftigen Mülls gar kein „Endlager“ geben kann. Die Verwendung dieses Terminus verbietet sich insofern von ganz alleine. Doch das nebenbei.

Es war das Jahr 1977, als der damalige Niedersachsens Ministerpräsident Ernst-Albrecht (CDU, Vater von Ursula von der Leyen) und der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) wider aller Vernunft und aus rein politischen Erwägungen den Salzstock Gorleben-Rambow zum Atommüll-Klo Deutschlands auserwählt haben.

Die Folge: Über vierzig Jahre gewaltigen zivilgesellschaftlichen Protest, allermeistens friedlich, vielfältig, lebensfroh. Und zugleich: Massivste Repression durch Partei-Politik, Polizei, Geheimdienste. Verunglimpfungen, Grund- und Menschenrechtsverletzungen, Gewalt an Mensch, Tier und Umwelt. (Nur EIN Beispiel aus 2011.)

An dieser Stelle wäre nun eine ernstgemeinte Geste der Entschuldigung seitens derjenigen Menschen und Gruppen/Parteien zu erwarten, die bislang so vehement wie verkehrt das Atommüll-Klo Gorleben-Rambow öffentlich verteidigt und staatliche Stellen zur gewalttätigen Durchsetzung einer unsinnigen Entscheidung angetrieben haben.

Doch davon ist gar nichts zu hören und das ist der eigentliche Skandal an allem …

Nebenbei und währenddessen planen Bund und Länder – bislang mit nur sehr wenig Medien-Öffentlichkeit gesegnet – den nächsten Transport hochradioaktiven Atommülls quer über See und durchs Land.

Wir geben den aktuellen Newsletter des Bündnisses Castor-stoppen wieder und wünschen dem Vorhaben mehr kritische Aufmerksamkeit und – soweit mit der eigenen Überzeugung zu vereinen ist – reichlich zivilgesellschaftlichen Widerstand.

Liebe Leute,

während in großen Teilen Deutschlands nach der Veröffentlichung des Berichts Teilgebiete die Debatte um die Atommülllagerung entbrannt ist, kommt im Windschatten der nächste Hammer: Es verdichten sich die Informationen, dass der Castortransport nach Biblis zwischen dem 26. Oktober und 6. November rollen wird!

Nach aktuellen Medien-Informationen sollen „in der ersten Novemberwoche“ insgesamt sechs Castor-Behälter mit radioaktiven Abfällen aus der britischen Wiederaufbereitungsanlage in Sellafield nach Deutschland gebracht werden – zunächst per Schiff nach Nordenham in Niedersachsen und dann mit der Bahn weiter ins Atomkraftwerk im hessischen Biblis. Diese Planungen sind deckungsgleich mit denen von März / April, als der Transport wegen der Corona-Pandemie verschoben wurde.

Infos zu möglichen Castorstrecken

Die betroffenen Bundesländer Niedersachsen und Hessen mobilisieren derzeit Tausende Polizisten, um den heiklen Transport abzusichern.

Zur Zeit werden die Protestaktionen gegen den gefährlichen und unnötigen Transport vorbereitet. Es wird vorraussichtlich Mahnwachen und Treffpunkte in Nordenham, Bremen, Oldenburg und am Bahnhof in Biblis geben.

Aktuelle Infos: https://castor-stoppen.de/aktuelles/

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