Militärputsch in Mali – Welche Rolle spielt(e) die „Bundeswehr“ dabei? [2 UPDATES]

Auszüge aus der Bundeswehr-Selbstdarstellung der EUTM-Mali-Beteiligung. Quellen (von oben nach unten): „VIP-Transporter“, „Ausbildung“, „Scharfschussübung“ – Alle Bilder (c) Bundeswehr et al.

Am Dienstag, den 18.8.2020 wurde bekannt, dass das Militär des westafrikanischen Mali den gewählten Präsidenten festgenommen und seine Absetzung erwirkt hat. Die Berichterstattung spricht deswegen weitgehend von einem „Militärputsch„.

Seit 2013 betreibt die Europäische Union (EU) in Mali eine so genannte „militärische Ausbildungsmission„. Auch die deutsche Armee – merkwürdigerweise immer noch ungenau und verklärend als „Bundeswehr“ bezeichnet, so wie sich das dazugehörige Ministerium auch immer noch euphemistisch als „Verteidigungsministerium“ empfiehlt – also auch die deutsche Armee ist seit 2013 als Teil der EU-Militärmission in Mali und „ertüchtigt“ die dortigen Militärs. (Darüber hinaus sind deutsche Soldat*innen auch als Teil der UN-Mission MINUSMA in Mali tätig.)

In einem comic-artig gestalteten „Erklärstück“-Video aus 2015 beschreibt die deutsche Armee ihre Arbeit in Mali (ausschnittsweise) wie folgt:

Diese [Ausbildungs-]Mission heißt European Union Training Mission in Mali (EUTM Mali) und soll das malische Militär soweit ausbilden, dass es zukünftig selbst für eine Stabilisierung des Landes sorgen kann. (…) Felix [das Comic-Maskottchen im Armee-Erklärvideo] und seine Truppe bilden die malischen Pioniere aus, trainieren die malische Infanterie und vermitteln Wissen im Bereich Logistik (…)“

Dass das malische Militär von der EU (und der „Bundeswehr“) ausgebildet worden ist, „selber für eine Stabilisierung des Landes zu sorgen“ scheinen hochrangige Militärs nun wörtlich genommen und diese Anleitung in einen Militärputsch umgesetzt zu haben.

Nun muss kritisch hinterfragt, aufgedeckt und öffentlich diskutiert werden, welche Bedeutung die von der deutschen Armee seit sieben Jahren durchgeführte Unterstützung des Militärs an dem Militärputsch hat.

Zum Beispiel

  • Kann es sein, dass nach siebenjähriger intensiver Zusammenarbeit hochrangiger Militärs aus Mali mit ebenso hochrangigen Militärs aus der EU und Deutschland (die „Bundeswehr“ stellte in 2018 den „Mission Commander“ der EUTM Mali!) keine Ahnung der europäischen Militärs von den Plänen der malischen Militärführung für einen Militärputsch gab?
  • Und wäre so ein Militärputsch auch ohne die vorherige „Ertüchtigung in Sachen Logistik“ möglich und denkbar gewesen?

Wir haben beim Auswärtigen Amt und beim „Bundesverteidigungsministerium“ nachgefragt, ob es im Vorfeld des Putsches Anzeichen für diese gewaltsame Machtübernahme durch das malische Militär gab. Wir werden deren Antworten diesem Blogbeitrag als Update hinzufügen, sobald bzw. sofern es gehaltvolle Antworten aus Berlin geben sollte.

Gute Hintergrunds-Informationen zum diesem medial derzeit noch äußerst mager beleuchteten Kapitel gibt es bei der Informationsstelle Militarisierung (IMI), aber auch in einem taz-Beitrag.

 

[UPDATE NR.1 – 25.8.2020]

Wir haben nun (wenn auch beim Auswärtigen Amt erst auf erneutes Nachhaken) klare Antworten erhalten.

Sowohl das „Verteidigungsministerium“ als auch das Auswärtige Amt bestreiten, im Vorfeld Hinweise oder Anzeichen zum bevorstehenden Militärputsch in Mali erhalten/wahrgenommen zu haben.

Die zukünftige Geschichtsschreibung wird diese Behauptungen hoffentlich bestätigen können. Hiermit seien nun also die Stellungnahmen der beiden Behörden dokumentiert.

 

[UPDATE NR.2 – 26.8.2020]

Die neuen Militär-Putschisten Malis haben angekündigt, mindestens drei Jahre lang an der Macht bleiben zu wollen.

Und während das deutsche Militär noch am 19.8.2020 erklären ließ, man „habe keine Hinweise dazu, dass Teile der putschenden Soldaten Malis von der „Bundeswehr“ ausgebildet worden seien“ teilt die deutsche Bundes“verteidigungs“ministerin heute nun kehrtwendend mit:

Kramp-Karrenbauer bestätigte zudem: „Dass einige der führenden Köpfe der Putschisten auch Ausbildung in Deutschland und in Frankreich genossen haben, das ist bekannt.“

Ah, also doch? Wir haben nun erneut im Ministerium dazu nachgefragt.

Zugleich versucht man auf EU-Ebene sämtliche Mitverantwortung am Militärputsch abzustreiten:

[EU-Außenbeauftragter] Borrell wies dennoch jede Mitverantwortung der EU für den Staatsstreich in dem afrikanischen Land Mitte August zurück. „Wir bilden Soldaten nicht zu Putschisten aus“, erklärte er. „90 Prozent der malischen Armee sind von unserer Mission ausgebildet worden, aber die vier prominentesten Anführer (des Putsches) sind nicht von unserer Mission trainiert worden – sie wurden in Russland und in den USA ausgebildet.“ Details nannte er nicht.

Das klingt wenig vertrauenswürdig.

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