Rise of the Police – heute: Das Saarland verschafft sich neue ausufernde Polizeigesetze. Wir liefern die Synopse zu den geplanten Änderungen, weil der Landtag dieses nicht leistet (leisten kann/will).

Bild eines saarländischen SEK-Polizisten am einem Tag der offenen Tür in Göttelborn am 5.5.2019 bei der gespielten Entfernung eines störenden Kletteraktivisten – selbstentlarvenderweise trägt dieser bei diesem von der Polizei inszenierten Schauspiel ein Protestschild mit der Aufschrift „Braunkohle – Nein Danke“. Das lässt tief blicken und beschreibt eigentlich schon alles. (Bild von Simon Mannweiler unter CC-BY-SA 4.0 Lizenz)

Das Saarland ist das kleinste Flächen-Bundesland in Deutschland, hat nach Bremen als Bundesland zudem die geringste Bevölkerungszahl im Vergleich zu den anderen. Die stimmenmäßig massiv dominierende schwarz-rote Groko der saarländischen Landesregierung erlaubt sich dennoch (oder gerade genau deswegen!) „sicherheitspolitisch“ unter dem Innenminister Klaus Bouillon die Rolle als bundesweiten Vorreiter einzunehmen, indem sie im November 2019 bekannt gab, als erstes Bundesland überhaupt die potentiell menschlich entwürdigend wie tödlich wirkende Taser-Elektroschockwaffe flächendeckend an alle Streifenpolizisten auszuhändigen und einsetzen lassen zu wollen.

Nun will sich das Saarland in den üblen Reigen derjenigen Bundesländer einreihen und das Landspolizeigesetz umfassend verändern und ergänzen. Ohne an dieser Stelle eine umfassende oder vollständige Darstellung der geplanten Änderungen präsentieren zu wollen und zu können, hier ein grober, sicher lückenhafter Überblick über die Neuerungen in Sachen Polizeibefugnissen:

  • Kontaktgebot Kontaktverbot
  • Aufenthaltsgebot
  • Elektronische Fußfessel
  • Erweiterung der Zulässigkeit von Videoüberwachung öffentlichen Raums
  • (Wieder-)Einführung KFZ-Kennzeichen-Scanning
  • Staats- bzw. Landestrojaner („Quellen-TKÜ“)
  • Polizeiliche Datenabfragen nach Telemediengesetz
  • Einsatz von Mobilfunk-Jammern (zur Störung/Unterbrechung der Mobilfunk-Kommunikation)
  • Einrichtung einer „Referenzdatenbank“ inkl. DNA-Datensätze
  • Erweiterung Bodycam-Zulässigkeit nun auch in Gebäuden und Wohnungen
  • Einführung einer mittelbaren „Gefährder“-Definiation

Diese Aufzählung muss auch alleine deswegen (noch) lückenhaft sein, weil der Gesetzentwurf – wie auch in anderen Bundesländern – keinen Überblick darüber erlaubt, was genau an Änderungen und Erweiterungen geplante ist, genauer gesagt, wie sich die Änderungen auswirken und welche Absichten dahinter stecken.

Klar ist, dass auch die saarländische CDU-SPD-Regierung beabsichtigt, mit den beiden neuen Polizeigesetzen einen Paradigmenwechsel für die Rolle der Polizei in der Gesellschaft durchzuführen. Nicht nur erhält die Landespolizei vielfach neue Befugnisse und technische Mittel und Methoden in die Hand, auch soll sie zukünftig schon beim Bestehen eines – von ihr selbst definierten! – Verdachtsmoments schwerwiegend in fundamentale Grundrechte der Menschen eingreifen bzw. diese beschneiden oder ganz aussetzen dürfen.

Wir vom freiheitsfoo wurden zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme sowie zur Teilnahme an der mündlichen Anhörung (derzeit geplant für den 7.5.2020) eingeladen. Darüber freuen wir uns, stellen jedoch zugleich ernüchternd fest, dass uns der Landtag weder den Gesetzestext in einem offenen Dokumentenformat liefern kann noch – und das ist viel schlimmer – eine Synopse, also eine Gegenüberstellung der alten zu den neuen Gesetzesregelungen vorlegen kann oder darf.

Ohne eine solche Synopse ist es selbst geübten Fachleuten nicht oder nur sehr schwer möglich zu verstehen, was das neue Gesetz bedeuten und wie es sich in der Praxis auswirken würde. Also haben wir in ehrenamtlicher (und eher nächtlicher) Heimarbeit selber diese notwendige Synopse erarbeitet und stellen sie hiermit allen Interessierten zur Verfügung:

Gegenüberstellung des jetzigen zu den geplanten neuen Polizeigesetzen des Saarlands (Synopse)

Wir sind der Meinung, dass die Erstellung einer solchen Synopse zu den Aufgaben einer Regierung gehört, die von sich selber behauptet, bei der Gesetzgebung bürgerfreundlich und transparent zu arbeiten.

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