Dass die Polizeidirektion Hannover ein Problem mit Transparenz und Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Videoüberwachung des öffentlichen Raumes hat, darüber haben wir erst zuletzt berichtet.
Unter anderem haben wir dabei erstmals öffentlich gemacht, dass die Polizei seit Mitte letzten Jahres vier neue Polizeikameras betreibt bzw. in ihrem Auftrage betreiben lässt, ohne die Öffentlichkeit darüber aufzuklären. Weder gab es dazu eine polizeiliche Presseberichterstattung – und das ist ein recht atypisches Verhalten für die sonst sehr umfangreich über viele Dinge und Erlebnisse berichtende Polizeipressestelle und ihre Resonatoren in der Medienwelt – noch tauchen die vier Kameras in der Auflistung der stationären Polizeikameras auf den Internetseiten der Behörde auf. Und das, obwohl die Kameras einen für „jedermann“ begehbaren öffentlichen Raum überwachen und sich dementsprechend auf die Rechtsgrundlage des (vor Gericht noch umstrittenen) § 32 (3) NPOG stützen. Letzteres hatte die Polizeidirektion als Antwort auf eine unserer Presseanfragen selber erklärt.
Wie auch immer: Nun verwickelt sich die Polizei Hannover in weitere Widersprüche.
Seit dem Bekanntwerden der Existenz der neuen Kameras im Zuge einer mündlichen Gerichtsverhandlung am 21.1.2020 bis mindestens zum 19.2.2020 waren die Kameras noch nicht einmal gekennzeichnet, wie einige unserer Besuche vor Ort gezeigt haben. Von Anfang an (also seit unserer ersten Presseanfrage vom 22.1.2020) haben wir darum nachgefragt, warum es diese gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnung nicht gibt. Und noch am 17.2.2020 behauptete die Polizei Hannover ebenso selbstbewusst wie falsch:
„Der Bereich ist mit Inbetriebnahme der Kameras entsprechend als „videoüberwacht“ gekennzeichnet worden, es existiert also eine Beschilderung.“
Nochmals: Das war definitiv nicht der Fall und offensichtlich war es der Polizei die Mühe nicht wert, sich auf unseren Hinweis bzw. unsere Frage hin der Kennzeichnung noch einmal zu vergewissern. Doch wie auch immer. Auf erneutes Nachfragen am 18.2.2020 hin versucht die Polizeipressestelle sich nun per Antwort vom 26.2.2020 wie folgt zu korrigieren und zu rechtfertigen:
„Eine erneute Überprüfung hat ergeben, dass die vorhandene Kennzeichnung nach dem Umbau der provisorischen Anlage auf drei stationäre Anlagen (mit vier Kameras) entfernt worden ist. Die erneute Kennzeichnung ist inzwischen vorhanden.“
Das kann man glauben oder nicht, nachvollziehen lässt sich dieser Vorgang von unserer Seite aus nicht. So oder so bleibt es bei den eben beschriebenen Merkwürdigkeiten und behördlichen Versäumnissen.
Doch selbst in der jüngsten Antwort der Polizei auf unsere Nachfragen widerspricht sich diese erneut. Wir hatten gefragt, ob es denn weitere polizeiliche Videoüberwachungsanlagen nach § 32 (3) NPOG gibt, die von der Polizeidirektion Hannover direkt oder mittelbar betrieben werden und die auf deren Internetpräsenz ebenfalls nicht aufgeführt werden. Die Polizei antwortet dazu:
„Bitte informieren Sie sich im Internet unter https://www.pd-h.polizei-nds.de/praevention/kriminalpraevention/videoueberwachung/ Die Darstellung ist aktuell und abschließend. „
Dass diese polizeiliche Auflistung ihrer Kameras und die dazugehörige „Karte aller Kamerastandorte in Hannover“ alles andere als „aktuell und abschließend“ ist wurde ja nun anhand der dort ebenfalls nicht aufgeführten vier Kameras am türkischen Konsulat klar. Inwiefern diese Behauptung dann – bezogen auf unsere Frage – noch ernst zu nehmen und glaubwürdig sein kann, bleibt diskutabel.
Die Polizei hätte auf unsere Frage auch – sehr viel einfacher und klarer – mit einem „Nein“ antworten können. Hat sie aber nicht und bleibt hinter ihren eigenen Transparenz- und Offenheitsansprüchen meilenweit zurück. Das beweist auch das wenig hilfreiche weitere Nicht-Beantworten-Wollen der Frage, warum andere „Objektschutz“-Polizeikameras mittels polizeilicher Webpräsenz aufgelistet werden, die vier neuen Kameras aber gar nicht.
Spannend dürfte auch noch die Klärung der Fragen zur Handhabung der (aufgezeichneten?) Bilder der vier neuen Polizeikameras durch deren Subunternehmer Zettec GmbH sein: Wie lange und mittels welcher Technik wird aufgezeichnet? Wer hat technischen Zugriff auf die Kamerabilder und deren Speicherungen? Werden die Bilder in Echtzeit an die Polizei Hannover übermittelt und falls ja, mittels welcher Technik und über welche Kommunikationskanäle?
Doch noch einmal zurück zur Kennzeichnung der vier „geheimen“ Kameras:
Wie hat die Polizei auf unser Nachbohren reagiert?
Sie hat – soweit von uns ersichtlich – zwei Aufkleber an Pfosten angebracht. Zwei Aufkleber für vier Kameras. Und diese dann ausgerechnet auch noch an solchen Stellen, an denen man bereits längst von den Kameras erfasst ist, noch bevor man erkennen geschweige denn lesen kann, dass es sich um einen videoüberwachten öffentlichen Raum handelt. Zudem verweisen auch diese Polizei-Sticker auf deren Homepage – „für weitere Informationen“. Und das, obwohl – wie beschrieben – die polizeiliche Internetpräsenz diese vier Kameras überhaupt nicht erwähnt, also verheimlicht.
Man fragt sich, wer für eine derart inkompetente „Kennzeichnung“ der Polizeikameras die Verantwortung trägt und warum die Polizei Hannover aus längst rechtskräftigen Urteilen zu den Fragen der Kamerabeschilderung offenbar nichts oder nicht viel dazu gelernt hat …
Das Landesamt für Datenschutz in Niedersachsen wurde inzwischen über die vier Kameras informiert und um eine Überprüfung der Sachlage gebeten.