Innenpolitischer Sprecher der SPD Niedersachsens offenbart Unkenntnis über den Inhalt des von ihm vehement verteidigten Polizeigesetzentwurfs und Gleichgültigkeit gegenüber dem Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung

Herr Watermann im Plenum des Niedersächsischen Landtags vom 13.9.2018.

In einem Online-Bericht der Syker Kreiszeitung vom 28.9.2018 schildert der Autor Luka Spahr den Besuch des innenpolitischen Sprechers der niedersächsischen SPD-Landtagsfraktion, Ulrich Watermann in Syke. Bei seinem Auftritt ging es um das umstrittene, von SPD und CDU entworfene und eilig vorangetriebene neue Polizeigesetz für Niedersachsen („NPOG“).

Im diesem Beitrag heißt es:

„Am Thema Onlinedurchsuchung und dem sogenannten Staatstrojaner erklärte [Herr Watermann auf einer Veranstaltung des SPD-Kreisverbandes Syke], warum das Gesetzesvorhaben in vielen Fällen eine „mildere Form“ der Staatsgewalt darstelle. Dazu führte er das jüngste Beispiel einer ausländischen Großfamilie an, die von ihren Nachbarn des Bombenbaus bezichtigt wurde. Kanister mit riechenden Substanzen hatten den Verdacht geschürt. Eine groß angelegte Hausdurchsuchung durch das SEK im Anschluss ergab jedoch, dass die Familien lediglich Lebensmittel zubereitet hatte. Eine Onlinedurchsuchung hätte hier schnell ergeben, so Watermann, dass auf dem Computer der Familie zahlreiche Rechnungen den Bezug der Lebensmittel belegen. Der durchgeführte SEK-Einsatz hätte verhindert werden können.“

Wir gehen davon aus, dass diese Berichterstattung inhaltlich korrekt ist.

Unter dieser Voraussetzung muss Folgendes zum Auftritt von Herrn Watermann in Syke und seinen Ansichten über den als „Online-Durchsuchung“ titulierten Einsatz des „großen Staatstrojaners“ gesagt werden:

Herr Watermann hat offensichtlich weder die schriftlichen Stellungnahmen noch die mündlichen Vorträge im Innenausschuss zahlreicher Sachkundiger gelesen bzw. gehört oder er hat sie nicht verstanden, wenn er die Meinung vertritt, dass der Einsatz eines großen Staatstrojaners „mal so eben“ und auf die Schnelle praktisch durchführbar wäre. Oder aber er lässt sein in den Anhörungen dennoch gewachsenes Verständnis am Inhalt des geplanten Polizeigesetzes aus populistischen Gründen einfach außen vor. Möglicherweise – aber das ist nur eine Vermutung unsererseits – lässt sich Herr Watermann aber auch vom Wort „Durchsuchung“ dazu verleiten, das Hacken eines privaten Computers mit einer klassischen Durchsuchung gleichzusetzen. Doch eine solche klassische Hausdurchsuchung hat mit einer „Online-Durchsuchung“ in etwa so viel gemein wie ein Türschlüssel mit einem Zero-Day-Exploit.

Herr Watermann offenbart, dass er dazu bereit wäre, aufgrund von Gerüchten und Unterstellungen den Einsatz eines kleinen Staatstrojaners und damit den heutzutage denkbar tiefsten Eingriff in den Kernbereich privater Lebensgestaltung zu billigen zu wollen. Das widerspricht sowohl den Regelungen des NPOG-Entwurfs als auch den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem BKA-Gesetz-Urteil.

Unsere Redaktion hat bereits einmal negative Erfahrungen mit Herrn Watermann gemacht, als dieser (nach vorherigem geduldigen Antworten) auf die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, der an der Diskussion um eine neues Polizeigesetz interessierten Öffentlichkeit eine entsprechende Synopse zur Verfügung zu stellen, auch auf mehreres Nachfragen hin nicht antworten wollte sondern mit zum Teil hanebüchenden Ausreden sich um eine Haltung/Stellungnahme dazu drückte.

Die Unkenntnis der geplanten Neuregelungen im NPOG oder – wahlweise – die Ignoranz gegenüber wesentlichen verfassungsrechtlichen Schranken beim polizeilichen Eingriff in die Intimsphäre der Menschen in Niedersachsen wäre aus unserer Sicht ein guter Grund für die niedersächsische SPD, sich um einen neuen innenpolitischen Sprecher zu bemühen.

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