Zu den Durchsuchungen beim Verein „Zwiebelfreunde“ und im „OpenLab“ Augsburg: Gewollte oder billigend inkaufgenommene Einschüchterung von Datenschutzaktivist*innen?

Screenshot aus dem bizarren Film "Brazil" (1985). Oder doch nicht so bizarr?

Screenshot aus dem bizarren Film „Brazil“ (1985). Nähern sich Fiktion und Wirklichkeit langsam einander an?

Gestern wurde durch Pressemitteilungen und Artikel [CCC, netzpolitik.org, heise.de] bekannt, dass am 20. Juni 2018 die Wohnungen und Vereinsräume von Vorstandsmitgliedern des Vereins „Zwiebelfreunde“ sowie der Augsburger Hack-Space „OpenLab“ von der Polizei durchsucht worden sind. Hintergrund sind durch die Generalstaatsanwaltschaft München geführte Ermittlungen gegen die Ersteller*innen einer Webseite, die zu Protesten gegen den AfD-Parteitag in Augsburg aufgerufen hat. Auf dieser Seite war offenbar auch eine E-Mail-Adresse des nicht-kommerziellen Anbieters riseup.net (also bspw. xyz@riseup.net) angegeben, was die Strafverfolgungsbehörden in absurder und böswilliger Art und Weise mit einer seit Anfang 2018 laufenden Spendenkampagne des Vereins in Zusammenhang brachten oder bringen wollten.

Denn Vieles spricht dafür, dass die Maßnahmen der Behörden nicht zur Ermittlung in der eigentlichen Sache dienen sollten, sondern als kalkulierte Abschreckung gegen Datenschutzaktivist*innen stattfanden. Keine rational agierende Staatsanwaltschaft sollte die fehlenden Begründungszusammenhänge zwischen einem Anbieter und einem Nutzer eines E-Mail-Dienstes sowie einer seit längerem laufenden Spendenkampagne für den E-Mail-Anbieter und einem jüngeren Strafvorwurf gegen einen E-Mail-Nutzer übersehen.

Gegen die These, dass einfach zuviel Weißbier im Spiel war, spricht auch Folgendes: Laut einem Interview legte ein an der Durchsuchung beteiligter Polizeibeamter einem Betroffenen sogar nahe, von seinem Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) keinen weiteren Gebrauch zu machen, wenn er in Zukunft von Hausdurchsuchungen verschont bleiben will. Dies kann klar als Drohung mit einem empfindlichen Übel verstanden werden.

Die konkreten Abläufe der Ermittlungen und die mutmaßliche Einschüchterung sind eines Rechtsstaates unwürdig und erinnern an oft skandalisierte Praktiken aus Ländern wie Iran, Nordkorea, Russland, Ukraine oder der Türkei. Solche grundrechtsfeindlichen Methoden dürfen weder in diesen Ländern noch in Deutschland toleriert werden.

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