Einige Fragen und Zweifel zur Umsetzung und Rechtmäßigkeit des Videoüberwachung-Pilotprojekts am Berliner Südkreuz-Bahnhof

Am 16.6.2017 veröffentlichte die Bundespolizei eine Meldung, mit der sie sich auf die Suche nach Freiwilligen zum Videoüberwachungs-Pilotprojekt am Berliner Südkreuz-Bahnhof macht. Bei dem Projekt soll es um das Testen Videoüberwachungsanlagen mit automatisierter Identifizierung bzw. Erfassung der Menschen auf einem öffentlichen Bahnhof gehen.

Einige Medien haben bereits darüber berichtet (z.B. heise.de und netzpolitik.org), doch darüber hinaus stellen sich beim Lesen der Meldungen der der FAQ-Seite der Bundespolizei über die bereits angebrachte Kritik hinaus noch ein paar weitere Fragen:

  • Wurde die Bundesdatenschutzbeauftragte bei der bisherigen Ausgestaltung der Pilotprojekts ausreichend einbezogen?

 

Bild entnommen einem Logowettbewerb des AK Zensus, CC-BY-SA AK Zensus

  • Ist es rechtlich zulässig, alle Zugänge zum Südkreuz-Bahnhof zumindest für den Zeitraum des Pilotprojekts mit polizeilich betriebenen RFID-Scannern auszustatten? Wie genau ist die technische Ausgestaltung des Einsatzes dieser RFID-„Portale“? Aus praktischer Sicht dürften diese Scanner sämtliche RFID-Tags (Kundenkarten, Zugangskarten, Ausweise etc.) aller Bahnhofsbesucher erfassen, um dann erste auszusondern, ob ein Transponder einer Testperson darunter ist. Ist eine derartig umfassende und intransparente Datenerfassung und -verarbeitung durch die Polizei überhaupt zulässig?

 

  • Was versteht die Bundespolizei unter „Westhalle“ und stimmt der Eindruck, dass große Bereiche des öffentlich zugänglichen Bahnhofs von der Überwachungstechnik in Probe erfasst werden und ein Ausweichen damit gar nicht, nur sehr schwer oder nur sehr unpraktikabel möglich ist?

 

  • Wenn es in früheren Meldungen hieß, dass sich Bundespolizisten als Testpersonen zur Verfügung stellen würden, warum ist das nun nicht mehr so – warum werden also (unter fragwürdigen Bedingungen) nun Testpersonen öffentlich gesucht und angeworben?

 

  • Wenn laut „Ausschreibung“ ausdrücklich „Berufspendler“ gesucht werden, die „regelmäßig, im besten Fall mehrmals täglich“ den Bahnhof durchqueren, wie soll dann zugleich gewährleistet werden, dass „die Testpersonen einen Querschnitt der Berliner Bevölkerung abbilden“? Anders gefragt: Wie können diese Versuchskaninchen einen realitätsnahen und wissenschaftlichen Standards erfüllenden Test gewährleisten? Touristen oder ortsunkundige Bahnhofsbesucher dürften demnach sofort aus dem so ermittelten Verhaltensmuster fallen und die Algorithmen eine besondere „Vorliebe“ für solche „außergewöhnlichen“ Passanten entwickeln …

Wir haben dazu an einige verantwortliche Stellen ein paar Fragen gestellt.

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