Parlamentarische Geheimniskrämerei um die Stellungnahmen zum neuen Polizeigesetz für Niedersachsen – nun (zum Teil) von uns gesammelt und veröffentlicht – Petitionsaufruf für mehr Transparenz im Gesetzgebungsverfahren Niedersachsens

Eine geschlossene Tür im Niedersächsischen Landtag, Bild von Ralf Roletschek, CC-BY-SA 3.0

Eine geschlossene Tür im Niedersächsischen Landtag, Bild von Ralf Roletschek, CC-BY-SA 3.0

In Niedersachsen wird zur Zeit um ein neues Polizeigesetz gestritten … allerdings in weiten Teilen hinter verschlossenen Türen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Wir haben dazu in den vergangenen Wochen umfangreich recherchiert und alle Ergebnisse dokumentiert.

Der im Landtag zuständige Innenausschuss hat 29 Gruppen und Verbände zur Stellungnahme zum Gesetzentwurf aufgefordert und 15 davon haben dieses Angebot angenommen. Doch anders als in anderen Landesparlamenten will der Niedersächsische Landtag diese Stellungnahmen der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung stellen – ohne das zu begründen. Damit unterbindet er die Möglichkeit einer offenen und öffentlichen Diskussion unter Berücksichtigung verschiedener Perspektiven – eine Diskussion an der alle daran interessierten Menschen und Bürger teilnehmen könn(t)en.

Wir haben darauf zweierlei reagiert:

Zum ersten haben wir seitens der freiheitsfoo-Initiative einen Petitionsaufruf gestartet, an dem jede und jeder (unabhängig von Bundesland, Nationalität oder Alter!) noch bis Ende November teilnehmen kann. (Weitere Informationen sowie ein Mitmachformular dazu auf unserer Wikiseite zur Petition.)

Zum zweiten hat die freiheitsfoo.de-Redaktion alle Stellungnehmenden einzeln angeschrieben und um Veröffentlichung ihrer Stellungnahme gebeten.

Das Ergebnis:

Von den 14 bzw. 15 Stellungnahmen-Verfasser haben alle außer den drei Polizei-Interessenvertreter (GdP, DPolG und BDK) auf unsere Anfrage geantwortet. Das alleine ist bereits eine sich selbst kommentierende Aussage.

Ebenso bemerkenswert sind die Antworten derjenigen 6 von 15 Verbänden und Personen, die uns zwar geantwortet haben, ihre (selbst verfasste!) Stellungnahme aber lieber nicht veröffentlicht sehen möchten.

Wir dokumentieren hiermit die uns zur Verfügung gestellten Stellungnahmen und die Absagen mit zum Teil hanebüchenden Ausreden und Begründungen zur Nicht-Veröffentlichung:

 

Bedanken möchten wir uns zunächst bei all denjenigen, die unser Demokratieverständnis insofern teilen, dass ein Gesetz, das potentiell alle Menschen betrifft, auch von diesen inhaltlich mit-diskutiert werden können muss.

Somit freuen wir uns, die Stellungnahmen der folgenden Gruppen und Personen hier in gesammelter Form veröffentlichen zu können (in alphabetischer Reihenfolge):

 

Die drei Polizeiinteressenvertretergruppen (GdP, DPolG und BDK) haben uns bislang gar nicht geantwortet. Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat uns zu einem vorherigen parlamentarischen Vorgang bzw. eine Anfrage von uns sogar trotz mehrfacher Nachfrage überhaupt nicht antworten wollen. Soviel zum presserechtlichen Selbstverständnis dieser Gewerkschaft.

 

Und nun noch ad it’s best die Begründungen derjenigen sechs Gruppen und Personen, die uns ihre Stellungnahme ausdrücklich nicht zur Verfügung stellen wollten:

  • Bezirksverband Hannover e.V. im BDZ Gewerkschaft Zoll und Finanzen
    „Eine Veröffentlichung der Stellungnahme ist nicht vorgesehen.“
  • Niedersächsischer Richterbund
    „Der Niedersächsische Richterbund hat gegenüber dem Innenministerium zu dem Gesetzgebungsverfahren förmlich Stellung genommen. Sofern das Innenministerium und der Landtag nicht bereit sind, diese Stellungnahme, die in einem vertraulichen Verfahren abgegeben worden ist, zu veröffentlichen, wird auch von unserer Seite davon abgesehen, diese Stellungnahme der Presse zur Verfügung zu stellen.“
  • Katholisches Büro Niedersachsen, Hannover
    „Das Niedersächsische Gefahrenabwehrgesetz befindet sich derzeit im parlamentarischen Verfahren. Dies beinhaltet unseres Erachtens ein hinreichendes Maß an Öffentlichkeit und Transparenz. Wenn nun der Landtag davon absieht, Stellungnahmen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, so wird es hierfür berechtigte Gründe geben.“
  • Herrn POR Heiko Arnd, Polizeiinspektion Frankenthal
    „Meine Stellungnahme habe ich dem Landtag in Niedersachsen übermittelt. Es obliegt den dortigen Entscheidungsträgern, diese zu veröffentlichen.“
    [Anmerkung der Redaktion: Nachfragen unsererseits u.a. mit dem Hinweis, dass Herr Arnd als Verfasser doch auch urheberrechtlich alleine bestimmen könnte, wem er seinen Text zugänglich macht oder auch nicht, blieben seitens Herrn Arnd bis heute leider unbeantwortet.]
  • Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen
    [Deren Vertreter teilten uns nach einem internen Diskussionprozess mit, dass man die Stellungnahme nicht öffentlich machen wolle.]
  • Landesbeauftragte für den Datenschutz NiedersachsenTaser International Europe SE
    „Die Anhörung im Landtag Niedersachsen am Donnerstag ist öffentlich, also wenn Sie Infos brauchen, können Sie an der Anhörung teilnehmen.“
    [Anmerkung der Redaktion: Eine Nachfrage an Taser nach der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung u.a. zu der Frage, ob in der schriftlichen, nicht-veröffentlichen Stellungnahme an den Landtag auch Fragen zu Taser-Elektroschockwaffen thematisiert werden, blieb seitens Taser leider bislang unbeantwortet.]
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