Kritische Anmerkungen zum geplanten neuen Polizeigesetz für Niedersachsen aus dem Inneren der Behörde

Anlaßlose und mit ziemlicher Sicherheit verfassungswidrige, anlaßlose und wahllose Durchsuchung von Teilnehmern einer Demonstration gegen Pegida am 4.4.2016 in Hannover

Bild einer mit ziemlicher Sicherheit verfassungswidrigen, anlaß- und wahllosen Durchsuchung von Teilnehmern einer Demonstration gegen Pegida am 4.4.2016 in Hannover

Unter der Überschrift: „Polizei darf doch kontrollieren“, berichtet die Printausgabe der Hannoverschen Tageszeitung „Neue Presse“ am heutigen 12.11.2016 über eine Kabinettsentscheidung, nach der PolizistInnen auch im neuen niedersächsischen Polizeirecht unverändert zur verdachtsfreien / anlasslosen Kontrolle befugt sein sollen – und zwar weiterhin auf der Grundlage individuell von den PolizistInnen für gut befundener Kriterien zu jeder Zeit und an jedem Ort. In gewohnter unkritischer Manier kommen dabei einmal mehr in der Berichterstattung nur die „üblichen Verdächtigen“ (Polizeigewerkschafter und andere bekannte Hardliner in Sachen Innerer Sicherheit) zu Wort.

Dabei war die rot-grüne Landesregierung mit der ausdrücklichen Zielsetzung für die Legislaturperiode angetreten, die Bürgerrechte zu stärken. Polizeibefugnisse sollten kritisch auf den Prüfstand gestellt und vor allem enger gefasst werden. Statt dessen: Fehlanzeige für die Kennzeichnung von PolizistInnen. Neue Ordnungswidrigkeitentatbestände im künftigen Polizeirecht, die ein Abstrafen kritischer BürgerInnen eröffnen und zivilem Ungehorsam den Boden entziehen. Mehr Befugnisse zur verdachtsfreien Datensammlung (Sectioncontrol und Bodycams für PolizistInnen) und vieles an neuen oder unangetasteten Einschränkungsmöglichkeiten für Bürgerrechte mehr. Struktureller Diskriminierung durch die Polizei soll im neuen Gesetz also ausdrücklich weiterhin Tür und Tor geöffnet sein.

Dazu auf der Bundesebene Initiativen für mehr Befugnisse zur privat/öffentlichen Videoüberwachung und wieder die Forderung nach Strafverschärfung für angeblich steigende Gewalt gegen PolizistInnen – wobei für jeden, der kritisch nachschaut, ganz offensichtlich ist, dass sich die Polizei die Lage, die sie hier mit seit Jahren wachsender Dramatisierung beklagt, unter bewusst verzerrender Darstellung der Realitäten höchstselbst konstruiert!

Tiefer kann man wohl mit seinen politischen Ansprüchen nicht mehr fallen. Eine geradezu perfekte Bauchlandung! Es ist erschreckend, wie der Alarmismus in Fragen der Inneren Sicherheit um sich greift und mit geradezu hysterischem Aktionismus der ständigen Strafverschärfung und Ausweitung der Befugnisse von Polizei und Geheimdiensten das Wort geredet wird. Bleibt in Sachen neues niedersächsisches Polizeirecht nur noch die Hoffnung auf das Parlament – denn immerhin werden Gesetze in diesem Land nicht vom Kabinett sondern noch von den gewählten VolksvertreterInnen gemacht. Und daran, dass die unter Hinweis auf ihre politische Agenda bei den BürgerInnen im Wort stehen, sollte man wohl angesichts der Entwicklung hier noch mal erinnern.

(Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Gastbeitrag, verfasst von einem in der Polizei Niedersachsen tätigen Menschen.)

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