Verwaltungsgericht Hannover: Niedersachsens Polizei muss Auskunftsersuchen ausführlich beantworten und große Teile ihrer Einträge in der NIVADIS-Polizei-Datenbank löschen

auskunftsersuchen-vgh01Letzten Donnerstag, den 7.7.2016 verhandelte die Große Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover eine Klage zur Praxis von Auskunftsersuchen an die Polizei und die Frage, inwiefern die Polizei personenbezogene Daten überhaupt speichern darf.

Die Richter haben die Erfassungs- und Auskunftspraxis der Polizeidirektion Hannover dazu genau untersucht und sind zu folgenden zwei grundsätzlichen Ergebnissen gekommen:

1. Die Polizei hat auf Auskunftsersuchen hin ausführlich zu antworten!

Es reicht nicht aus, eine Kurz-Zusammenfassung von Akteneinträgen zu liefern. In der niedersächsischen NIVADIS-Polizei-Datenbank werden nämlich auch sämtliche dazugehörigen Dokumente für fünf Jahre gespeichert. Dazu gehören z.B. Polizei-Reporte und -Berichte zu jedem Aktenvorgang. Auch diese – so das Verwaltungsgericht – müssen dem Auskunftsersuchenden soweit vollständig vorgelegt werden, wie sie Sachverhalte beschreiben, die den Auskunftsersuchenden betreffen. Informationen, die die Persönlichkeitsrecht Dritter berühren, müssen darin geschwärzt werden.

2. Die Polizei darf nicht unterscheidungs- und grundlos Informationen über unschuldige Menschen sammeln und archivieren!

Entscheidungsgatter des Verwaltungsgerichts Hannover zur Erfassung und Speicherung personenbezogener Daten in niedersächsischen Polizeidatenbanken

Entscheidungsgatter des Verwaltungsgerichts Hannover zur Erfassung und Speicherung personenbezogener Daten in niedersächsischen Polizeidatenbanken

Die NIVADIS-Datenbank ist eine so genannte „Mischdatei“. Das bedeutet, dass diese Datensammlung sowohl zur Dokumentation der Polizeiverwaltung als auch zur polizeilichen Gefahrenabwehr genutzt wird. Weil also nicht unterschieden wird, aus welchem Grund hier Daten gesammelt bzw. wofür diese genutzt werden, müssen die strengeren Bedingungen zur Begründung der Speicherung von personenbezogenen Daten bei Nutzung dieser Daten zur Prävention angelegt werden. Deswegen dürfen Daten von Menschen, die sich nichts zuschulde haben kommen lassen, nicht in dieser Datenbank gespeichert und archiviert werden. Und darum hat das Gericht die Polizei Hannover dazu verurteilt, die bestehenden Datensätze des Klägers zu löschen.

Dieses Urteil kann weitreichende Folgen haben. Denn zum einen verweigert die Polizei den Auskunftsersuchenden immer wieder (und nicht nur in Niedersachsen) ohne Grund den berechtigten umfangreichen Einblick in das, was sie über die Menschen im Land gespeichert hat. Zum anderen dürfte und müsste die Beurteilung, dass bestimmte Daten in NIVADIS gar nicht gespeichert sein dürften, eine große Löschwelle auslösen … sobald das Urteil Rechtskraft erlangt hat – das Gericht hat die Berufung zugelassen.

Wir freuen uns auf jeden Fall aber über das nun endlich gerichtlich erfolgte Angehen zur Klärung der Frage, ob und wann die Polizei die Auskunft über ihr Tun und Lassen und über ihre Erfassungs- und Speicherpraxis verweigern darf … oder wann eben nicht.

Das Urteil kann und soll Mut machen, die eigenen Auskunftsrechte selbstbewusst wahrzunehmen und durchzusetzen und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung entgegen dem derzeitigen allgemeinen Trend mit Leben zu erfüllen und zu schärfen.

 

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