Widerspruch an den EU-Innen-Kommissar Avramopoulos: freiheitsfoo fordert Achtung des EuGH-Urteils und EU-weites Vorratsdatenspeicherungs-Verbot

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Vor drei Tagen hat die neue EU-Kommission ihre voraussichtlich fünf Jahre dauernde Arbeit aufgenommen.

Dimitris Avramopoulos, vormals griechischer Verteidigungsminister, ist nun der neue EU-Kommissar für Migration und Inneres.

In seiner parlamentarischen Vorstellungs- und Befragungsrunde am 30.9.2014 hat Herr Avramopoulos die Wiedereinführung einer neuen Vorratsdatenspeicherung, also der anlasslosen und flächendeckende Erfassung und Speicherung aller Telekommunikations-Verbindungsdaten „in vollem Einklang mit den Grundrechten“ angekündigt. Angesichts dieser Äußerung scheint es uns, als habe der neue EU-Innen-Kommissar das EuGH-Urteil weder gelesen noch verstanden.

Weil wir weiterhin seine Haltung, dass die EU-Länder die in den letzten Jahren unter der EU-Richtlinie eingeführte oder fundamentierte Vorratsdatenspeicherung fortsetzen dürften, als völlig falschen Weg verstehen, haben wir Herrn Avramopoulos einen entsprechenden Brief geschrieben. Darin fordern wir (endlich) den Erlass und die Durchsetzung eines EU-weiten Verbots der TK-Vorratsdatenspeicherung.

Der Brief im Volltext:

Sehr geehrter Herr Avramopoulos,

am Dienstag, den 30. September 2014, fand Ihre Anhörung im Europäischen Parlament statt, in deren Rahmen Sie als Bewerber für das EU-Kommissariat ‚Migration und Innenpolitik‘ zu bereichsrelevanten Fragen Stellung bezogen haben.

In der Frage Nr. 5 wurden Sie gebeten zu erklären, welche Maßnahmen Sie einleiten wollen, um das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 8. April 2014, in dem es die damalige EG-Richtlinie zur EU-weiten Vorratsspeicherung als unvereinbar mit den Grundrichten und deswegen für nichtig erklärte, umzusetzen.

Sie referierten dabei vollkomen korrekt, dass der Europäische Gerichtshof die Vorratsdatenspeicherung als unverhältnismäßig und demnach als nicht rechtmäßig einstufte. Es ist auch korrekt, dass das Urteil eine mögliche Nützlichkeit von modernen Ermittlungstechniken bei der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit grundsätzlich nicht vollkomen ausschließt. Daraus die Schlußfolgerug zu ziehen, dass eine modifizierte, flächendeckende und anlasslose Vorratsdatenspeicherung eine Reaktion im Sinne des Urteils sei, ist schlicht falsch.

Der Europäische Gerichtshof kritisierte in seinem Urteil nicht einzelne Aspekte der Vorratsdatenspeicherung, sondern äußerte grundsätzliche Kritik an der flächendeckenden Speicherung von TK-Verbindungsdaten. Es betonte dahingegen die große Bedeutung des Grundrechts auf Achtung des Privatlebens und die Notwendigkeit, die personenbezogenen Daten der Menschen zu schützen.

Um unsere Haltung zu verdeutlichen, möchten wir Sie darum bitten, insbesondere die überschaubar umfangreichen Randnummern 31, 51, 52, 58 und 59 des Urteils des EuGH zu studieren. Die Aussagen und Schlußfolgerungen des Gerichtshofes sind darin klar und deutlich formuliert. Und bezüglich der offen gewordenen Unsicherheiten in der faktischen Beherrschung von informationstechnischen Systemen möchten wir zudem auf die Randnummer 55 hinweisen, die der Vorratsdatenspeicherung in der bisherigen Form einen zusätzlichen Riegel vorschiebt.

In diesem Sinne darf eine modifizierte Neuauflage einer europäischen Vorratsdatenspeicherung nicht Ihr Anliegen sein, die erneut auf eine geografisch und zeitlich unbestimmte Speicherung von personenbezogenen Daten abzielt. Vielmehr ist es als Kommissar für EU-Innenpolitik Ihre Aufgabe und Pflicht dafür zu sorgen, dass der mittels der menschenrechtswidrigen alten EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung angerichtete (und von der EU-Kommission wesentlich mitverantwortete!) Schaden behoben wird: Die Menschen in der EU müssen vor anlassloser und flächendeckender Erfassung und Speicherung ihrer Telekommunikations-Verbindungsdaten geschützt werden. Und das geht nur, indem Sie dafür sorgen, dass die in vielen EU-Mitgliedsstaaten inzwischen eingeführte oder fortgeführte Vorratsdatenspeicherung wieder abgeschafft wird. Diese Vorratsdatenspeicherungen müssen verboten werden – das ist Ihr Job, Herr Avramopoulos!

Wir bitten um Ihre Rückmeldung und Stellungnahme und versprechen Ihnen, diese ebenso ungekürzt zu veröffentlichen wie wir auch diesen offenen Brief der daran interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

Vielen Dank für Ihre Mühen und viele gute Grüße aus Deutschland,

Weitere Informationen:

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