Nachgehakt: Videoüberwachung einer friedlichen StopWatchingUs-Demo durch den „Verfassungsschutz“ rechtsmäßig?

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Am 26. Oktober 2013 fand im Rahmen der Snowden-Enthüllungen auch in Hannover eine StopWatchingUs-Demo, eine Mahnwache und eine Cryptoparty statt.

Die vor dem Niedersächsischen „Verfassungschutz“ stattgefundene Mahnwache ist – wie nun bekannt wurde – von diesem mittels mindestens zwei Videokameras überwacht und aufgezeichnet worden.

Nach einer erfolgten Auswertung seien die Bilder zwar zumindest inzwischen gelöscht, aber in welchem Kontext das stand, ob und welche Ermittlungen zu Menschen und Organisationen durchgeführt worden sind, auf welcher Rechtsgrundlage eine Datenweitergabe von der Versammlungsbehörde an den „Verfassungsschutz“ beruhte und wie das alles mit den im Grundgesetz verankerten Versammlungs- und Meinungsfreiheiten in Einklang zu bringen ist (geschweige denn mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung), das ist unklar.

Darum hat freiheitsfoo einen offenen Brief an den „Geheimschutzbeauftragten“ im niedersächsischen Innenministerium geschrieben:

Sehr geehrter Herr B…,

vorab herzlichen Dank für die zügige Bearbeitung von Fragen zu einer Mahnwache vor dem Niedersächsischen „Verfassungsschutz“ und derer Überwachung.

Aus Ihren Antworten ergeben sich allerdings weitere, drängende Fragen, die wir Ihnen als Initiative „freiheitsfoo“ hiermit stellen und um Beantwortung bitten möchten:

1. Auf welcher Rechtsgrundlage wurde der Niedersächsische „Verfassungsschutz“ von der Polizeidirektion Hannover in ihrer Funktion als Versammlungsbehörde informiert bzw. mit welcher Begründung ist dieses erfolgt?

2. Welche Daten wurden diesbezüglich von der Versammlungsbehörde an den „Verfassungsschutz“ im Einzelnen übertragen und wann ist dieses erfolgt?

3. Wer hat die Videoüberwachung der Versammlung angeordnet und auf welcher Rechtsgrundlage ist dies geschehen?

4. Gab es beim Niedersächsischen „Verfassungsschutz“ über die Videoüberwachung hinaus (z.B. im Vorfeld) weitere Ermittlungen, personenbezogene Informationsgewinnung- oder verarbeitungen bzgl. der oben genannten Versammlung bzw. zu den dazu aufrufenden Organisationen?

5. In welcher Form und in welchem Umfang wurden die Bildaufzeichnungen ausgewertet? Wurden Ergebnisse von Auswertungen oder Datenverarbeitungen aus diesem Zusammenhang gespeichert oder archiviert?

6. Wurden personen- oder gruppenbezogene Identifizierungen von Teilnehmern an der Demo vorgenommen und wenn ja, warum erfolgte keine nachträgliche Benachrichtigung der Betroffenen?

7. Auf welcher Grundlage bzw. anhand welcher angeblicher Tatsachen oder angeblich belegbarer Anhaltspunkte (Gefahrenprognose) wurde den friedlich demonstrierenden Menschen unterstellt, dass sie „unbefugt in den Sicherheitsbereich eindringen“ wollten oder zumindest diese abstrakte/konkrete Gefahr bestünde?

8. Hat die Polizeidirektion Hannover den Niedersächsischen „Verfassungsschutz“ darauf hingewiesen, dass die Videoüberwachung einer friedlichen und ordnungsgemäß angezeigten Demonstration rechtswidrig ist?

9. In welcher Form weist der Niedersächsische „Verfassungsschutz“ entsprechend §25a NDSG rechtzeitig und ausreichend darauf hin, dass sich Menschen, die sich im öffentlich zugänglichen Raum der Böttcherstraße vor der Behörde aufhalten, einer etwaigen Videoüberwachung aussetzen?

Wir verstehen diese Nachfrage als eine offene Nachfrage und werden auch Ihre Stellungnahme dazu der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich machen. Anonymisiert, hinsichtlich des Inhalts aber selbstverständlich ungekürzt.

Viele gute Grüße,

die Menschen von freiheitsfoo.

Interessiert, was aus dieser Geschichte wurde? Weiterlesen auf der dazugehörigen Wikiseite von freiheitsfoo.

Bild: Straßenschildaktion im Rahmen der Mahnwache vor dem Niedersächsischen „Verfassungsschutz“ am 26.10.2013

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