Muss die parteipolitisch einseitig proklamierte „Zeitenwende“ zwangsweise in eine neue Aufrüstungsspirale führen? Dass es eine solche Alternativlosigkeit gäbe wird politisch vermittelt und vorgegeben.
Am 10.7.2024 teilten Bundesregierung und US-Regierung in einer englischsprachigen Pressemitteilung am Rande eines NATO-Gipfeltreffens mit, dass ab 2026 eine Reihe neuer US-Waffensysteme in Deutschland stationiert werden sollen, die es bislang nicht gab. Darunter auch Marschflugkörper vom Typ BGM-109 Tomahawk, die bereits im Zuge des damals hoch umstrittenen NATO-Doppelbeschlusses von 1979 schon einmal in Deutschland einsatz-, also abschussbereit gelagert worden waren.
Nun sollen die „Tomahawks“ also wiederkommen. Eine vorherige Ankündigung dieses Aufrüstungsschritts gab es nicht, erst recht keine offene gesellschaftliche Debatte.
Nachdem diese für die Öffentlichkeit also sehr überraschend kommende Ankündigung medial zunächst achselzuckend hingenommen wurde mehrten sich peu à peu einige kritische Stimmen, zuletzt auch in einigen Teilen der Parteipolitik. Darauf reagierte der derzeitige Bundes“verteidigungs“minister Pistorius nun mit einer öffentlichen Ankündigung vom 31.7.2024, wonach …
„… nichts dagegen spreche, über dieses Thema offen im Bundestag zu sprechen.“
Das klingt schön, ist aber nach nur etwas Nachdenken nichts mehr als eine Beruhigungspille, die nichts an dem bereits mit den US-Amerikanern hinter verschlossenen Türen Verhandelten ändern soll oder kann. Der Beschluss steht. Eine ausgangsoffene Debatte oder gesellschaftliche Diskussion ist also faktisch ausgeschlossen. Die Ankündigung von Pistorius – eine politische Nebelkerze.
Zudem noch wichtige Details zur besiegelten Aufrüstung nicht bekannt sind und – auch auf mehrfaches Nachfragen beim Verteidigungsministerium hin – nicht verlautbart werden sollen.
Eine wichtige Frage ist beispielsweise die, welche Version des Marschflugkörpers BGM-109 in Deutschland stationiert werden soll. Das Verteidigungsministerium betont zwar nachdrücklich, dass es sich dabei um „ausschließlich konventionelle“ Varianten handele. Doch was bedeutet das? Selbst unter der Annahme, dass man nukleare Sprengköpfe – also Atombomben – in diesem Sinne als „unkonventionell“ bezeichnet sind doch eine Reihe der „konventionellen“ Tomahawk-Varianten mit solchen Atomsprengsätzen nachrüstbar. Ob das also möglich ist oder nicht ist für eine ehrliche Diskussion der Sache von erheblicher Bedeutung.
Doch das Bundesverteidigungsministerium will dazu partout nichts sagen. Und verlächerlicht die Ankündigung einer „offenen Aussprache“ umsomehr.
Eine babelturmhaftige Aufrüstungsspirale verschwendet nicht nur unsinnig viel Ressourcen, sie birgt auch die damit immanent verbundene Zunahme des Risikos einer militärisch-kriegerischen Eskalation, sei es aus politischem Kalkül, sei es aufgrund geheimdienstlicher Interventionen, sei es aus Versehen. Die Vergangenheit des Kalten Krieges bietet dafür eine Menge historischer Beispiele.
Mit zunehmender Komplexität der genutzten stets fehlerbehafteten IT-Systeme – hinzukommend noch die etwaige Hinzufügung so genannter „Künstliche Intelligenz“ – steigt die Gefahr der unbeabsichtigten Auslösung einer kriegerischen Kettenreaktion um ein Mehrfaches. Eine Kettenreaktion, die (hoffentlich) niemand wirklich will.
Alleine aus diesem Grund ist der eingeschlagene Weg des Wettrüstens ein falscher.