In unserer Kategorie „Zeitzeichen“ rezitieren wir in unregelmäßigen Abständen und in ebenso unregelmäßigem Umfang Nachrichtenschnipsel oder Zitate, die wir als möglicherweise stellvertretende Beispiele für größere Entwicklungen und gesellschaftliche Symptome empfinden: als Zeitzeichen.
Wir behalten uns vor, dieses oder jenes kurz zu kommentieren oder zu bewerten, oder auch nicht. :)
Der „Grüne“ Boris Palmer in einem DLF-Interview vom 21.11.2018: „Die Maghreb-Staaten sollen zu sicheren Herkunftsländern werden. Das will auch der Ministerpräsident von Baden-Württemberg und ich.“ Dazu passt ein Auszug aus einem anderen DLF-Beitrag über rechtspopulistisches Framing vom 4.6.2018: „Manche Akteure wie Boris Palmer oder Horst Seehofer mögen politisch so ticken wie die AfD, das muss man konstatieren.“
Vom CDU-Bundesparteitag am 8.12.2018: „Der CDU-Bundestagsabgeordnete Amthor hat an die neue Parteivorsitzende Kramp-Karrenbauer appelliert, den konservativen Flügel in die Partei einzubinden.„ Dazu kann man zweierlei anmerken: 1. Frau Kramp-Karrenbauer soll einen konservativen Flügel einbinden? Sie, die in Sachen Abschiebungen von Menschen in das syrische Kriegsgebiet eine sogar noch härtere Linie fahren möchte als der populistische Herr Seehofer? 2. Herr Amthor ist 26 Jahre alt, seit seinem 16. Lebensjahr in der CDU, seit letztem Jahr Bundestagsabgeordnerter und gleichzeitig gut bezahlter Mitarbeiter in einer Wirtschaftskanzlei.
Aus einer DLF-Kurznachricht vom 8.12.2018: „Die CDU hat sich gegen ein Verbot des sogenannten Wolfsgrußes ausgesprochen – einem Zeichen der türkisch-nationalistischen Ülkücü-Bewegung, auch „Graue Wölfe“ genannt. Die Mehrheit der Delegierten des Bundesparteitags in Hamburg stimmte gegen einen entsprechenden Antrag der Berliner Kreisverbände Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und Mitte sowie des Auslandsverbands Brüssel.“ Ohne weiteren Kommentar …
Absurd bizarre Belohnung für Abschiebungen von Flüchtlingen (DLF-Kurznachricht vom 7.1.2019): „Der parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Mayer, kündigte ebenfalls in Köln höhere Zulagen für Bundesbeamte an. Ein geplantes Gesetz zur Beamtenbesoldung sehe zum Beispiel eine deutliche Erhöhung der Polizeizulage vor. Eine nochmals höhere Zulage solle es für Bundespolizisten geben, die Abschiebeflüge begleiteten.„ Im vorherigen Absatz der Nachricht wird ein Populist zitiert: „Der Deutsche Beamtenbund fordert massive Investitionen in den öffentlichen Dienst. Der DBB-Vorsitzende Silberbach sagte bei der Jahrestagung seiner Vereinigung in Köln, jeder Bürger müsse sich darauf verlassen können, dass der öffentliche Dienst überall in Deutschland gleich gut für ihn da sei. Silberbach betonte, derzeit glaubten die Menschen nicht mehr, dass der Staat, Regierende und Parteien in der Lage seien, die Probleme zu lösen.“ Ach so, „die“ Menschen … alles klar, Herr Silberbach!
Kadavergehorsam par excellence – aus einer DLF-Kurznachricht vom 1.2.2019: „Das Ultimatum der USA läuft eigentlich erst morgen ab – doch offenbar will Washington schon heute den US-Ausstieg aus dem INF-Abrüstungsvertrag mit Russland ankündigen. (…) Das Militärbündnis plane bereits eine Erklärung zur Unterstützung Washingtons, schreibt dpa.“
Im Dezember 2018 bezieht endlich mal eine christliche Gemeinschaft mit deutlichen Worten in der Öffentlichkeit Stellung: „Erklärung gegen Rechtspopulismus: Die Brüdergemeine hat sich in der Vergangenheit politischer Äußerungen in der Öffentlichkeit enthalten. Manchmal mag das weise gewesen sein, manchmal sind wir einander aber auch Orientierung schuldig geblieben. Angesichts dessen, dass heute grundlegende Werte in Europa auf dem Spiel stehen, können wir als Leitung der Evangelischen Brüder-Unität nicht schweigen. 1. Als europäische Kirchenprovinz einer internationalen Kirche sprechen wir uns deutlich gegen jede Form von Nationalegoismus und Eurozentrismus aus. Menschen in anderen Teilen der Welt sind unsere Schwestern und Brüder. (…) 5. Unsere Kirche ist seit ihrer Entstehung von Migration geprägt. Dieses Erbe und das Wissen um das Gewicht des biblischen Gebotes, Fremde zu unterstützen, sensibilisieren uns für jeden Versuch, Geflüchtete und Migranten zu Sündenböcken zu machen. Wir widersprechen, wenn das Sterben von Tausenden Menschen im Mittelmeer bagatellisiert wird. Geflüchtete dürfen nicht in Gefängnisse oder Lager eingesperrt werden. Kindern, die in unseren Ländern aufgewachsen sind, ist unabhängig vom Herkunftsland ihrer Eltern das Bürgerrecht zu gewähren.„ (Siehe auch DLF-Beitrag dazu.)
In welcher Welt lebt eigentlich das CSU-Sprachrohr „Straubinger Tagblatt“, das sich am 11.2.2019 wie folgt zum halbherzigen Hartz-IV-Umbau-Projekt der SPD äußert: „Wer Leistungen in Anspruch nehmen will, für die andere von früh bis spät hart arbeiten, dem ist zuzumuten, seine Termine im Jobcenter auch wahrzunehmen oder Fortbildungen zu besuchen. Hier, das haben führende Sozialdemokraten nicht verstanden, geht es um das Gerechtigkeitsempfinden großer Teile der Erwerbsbevölkerung. Im Spannungsfeld zwischen Fachkräftemangel und Zuwanderung, Digitalisierung und Globalisierung wünschen sich die allermeisten Bürger mitnichten noch mehr Umverteilung. Sondern endlich einmal eine fühlbare Entlastung ihrer Einkommen von Steuern und Abgaben.“ Die Menschen hinter diesen Zeilen haben offenbar selber nicht verstanden, was Hartz-IV für viele davon betroffenen Menschen tatsächlich bedeutet …
Die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ meint am 11.2.2019 die Deutungshoheit über Urwerte des Christentums zu besitzen. Im Streit zwischen Horst Seehofer und Thomas de Maiziere über die Interpretation der „Flüchtlingskrise 2015“ mischt sie sich wie folgt ein: „Man kann das Handeln der Regierung Merkel für rechtskonform halten, man kann auch das Gegenteil vertreten. Jedenfalls war auch die Kanzlerin später der Meinung, dass es so nicht weitergehen konnte. Tatsächlich hätte es so nicht weitergehen dürfen – auch wenn die CDU dreimal den Buchstaben ‚C‘ im Namen führte. Schließlich geht es gar nicht im Kern um die humanitäre Tat vom Herbst 2015, sondern um die darauf aufbauende, zunächst unbeirrte offensive Einladungspolitik.“ Und auch hier kann man meinen: Die FAZ hat offenbar nicht verstanden und nicht erkannt, dass das, was von CDU und CSU und SPD im Anschluss an den Herbst 2015 asylgesetzlich verändert worden ist alles andere als humanitär, auf jeden Fall aber keine „unbeirrete offensive Einladungspolitik“ gewesen ist. Und strickt damit an der Mär der flüchtlings- und asylgrundrechtsfreundlichen Frau Merkel weiter.
Der CDU-Hardliner und Polizist Armin Schuster in einem selbstgefälligen Interview mit dem DLF vom 11.2.2019: „Herr Armbrüster, wir sind gestern einmal von einem Experten sehr gelobt worden, ohne dass er es vielleicht – er wollte es, glaube ich – ich habe es zwischen den Zeilen verstanden. Er sagte – und das sind ja alles keine CDU-Mitglieder gewesen, die da auf dem Podium saßen: Gott sei Dank gibt es in Deutschland, Gott sei Dank gibt es in Europa eine starke Volkspartei wie Sie hier, die noch darum ringt, zwischen diesen beiden Polen einen Kurs der Mitte zu finden, einen Kurs zwischen Menschlichkeit, aber auch Konsequenz, oder, wie es gerade eben gesagt wurde, Humanität und Härte.„ Ah ja – die CDU findet ihren Kurs in der „Mitte zwischen Humanität und Härte“!? Eine klare und eindeutige Haltung der Humanität ist also nicht das, was der „C“DU sinnvoll erscheint. Na endlich mal ehrliche Worte. Aber Gott für so eine Haltung zu danken … das grenzt schon an Blasphemie.