REWE und die Vertreibung eines kleinen Kiosks aus dem von der Gentrifizierung befallenen Hannover-Linden-Nord

Im beliebten Stadtteil Linden-Nord Hannovers soll ein kleiner, von einer sehr engagierten Familie betriebener und als Anlaufpunkt für Anwohner und Stadtteilbesucher etablierter Kiosk der Erweiterung eines bereits bestehenden REWE-Supermarkts weichen. Die REWE-Filiale arbeitet höchst lukrativ und ist so etwas wie der Platzhirsch unter den Supermärkten in der stark besuchten Limmerstraßen-Fußgängerzone Hannover-Lindens.

Der Konflikt schwelt bereits seit Mai 2017, inzwischen gab es eine Menge Medienberichterstattung in lokalen Fernseh- und Radiosendern sowie in hannoverschen Zeitungen. In einer Petition sprechen sich mehr als 17.000 Menschen für den Erhalt des Kiosks aus, es gab sogar mittlerweise zwei Demonstrationen zur Unterstützung der Kiosk-Familie (1/2), die durch dessen Betrieb ihren Lebensunterhalt bestreitet.

Die Verantwortung für die Entmietung möchte weder die REWE-Kette noch der im benachbarten Sarstedt ansässige Immobilienbesitzer tragen. Die Mitarbeiter des REWE-Marktes in der Limmerstraße verweisen auf Ansprache auf die REWE-Service-Hotline und wollen oder dürfen sich nicht zum Konflikt äußern.

In der öffentlichen Berichterstattung versucht REWE den schwarzen Peter an den Vermieter zu schieben, während sich dieser prinzipiell allen Anfragen und Gesprächsangeboten ohne Rückmeldung verschließt.

Dass REWE allerdings ebenfalls jeden konstruktiven Dialog zu vermeiden, ja indirekt sogar zu unterbinden versucht, die Beantwortung von Fragen wochenlang verschleppt, gar keine Haltung einnehmen möchte und sogar indirekt damit droht, gegegen kritische Berichterstattung vorgehen zu wollen, gehört zu einem korrekten Gesamtbeschreibung der Situation dazu.

In diesem Blogbeitrag beschreiben wir das Verhalten des REWE-Konzerns auf Anfragen an dessen Service-Hotline und Pressestelle:

 

Am 31.5.2017 schreibt der REWE-Konzern auf die Anfrage eines um den Kiosk besorgten Stadtteilbewohners:

„REWE hat gegenüber dem Vermieter den Wunsch geäußert, den Supermarkt um die Fläche des ehemaligen Rossmann-Geschäftes erweitern zu wollen. Das heißt, die Fläche des Kiosk ist unsererseits nicht angefragt worden.“

Doch nachdem diese Nachricht bei den Kiosk-Fans die Runde gemacht hat, rudert der Konzern nur rund 10 Tage später deutlich zurück:

„Vergangene Woche war über Facebook eine Nachricht verbreitet worden, dass Rewe kein Interesse mehr an der 38 Quadratmeter großen Kioskfläche habe. Doch das stellte [REWE-]Sprecherin Beckmann gegenüber dem Stadt-Anzeiger nun richtig. Der Vermieter habe ausdrücklich gewünscht, dass Rewe nicht nur die 300 Quadratmeter große frühere Rossmann-Fläche anmietet, sondern auch den Kiosk.“

REWE behauptet also, dass ausschließlich der Vermieter für den Rausschmiss des Kiosks verantwortlich sei. Selbst dann hätte aber der Supermarkt-Konzern die Möglichkeit, ein öffentliches oder nicht-öffentliches Signal an den Vermieter zu senden, wonach REWE auf die kleine Kiosk-Ecke räumlich gerne verzichten könnte. Das nämlich war aus der REWE-Filiale vor Ort immer wieder geäußert worden, dass die Erweiterung der Supermarkts diese relativ kleine Zusatzfläche gar nicht nötig hätte.

 

Nachdem sich der REWE-Konzern selbst auf doppelte Nachfrage hin gar nicht mehr auf den besorgten Stadtteilbewohner reagiert hat (dieser Mensch hat immerhin über einen Monat lang vergeblich versucht, eine Antwort auf seine Frage an REWE zu erhalten!), mischte sich ein Mitglied der freiheitsfoo-Redaktion (zunächst als Privatperson) ein und brachte genau diesen Vorschlag an REWE vor:

„Der aktuelle Sachstand ist der, dass der Kiosk weiter betrieben wird, während sich der „alte Rossmann“ bereits in Renovierung befindet. Das bedeutet, dass es für Sie als REWE-Unternehmen noch immer möglich wäre, öffentlich und medienwirksam Stellung zu beziehen, dass der Kiosk aus Ihrer Sicht nicht unbedingt für die REWE-Erweiterung notwendig wäre und insofern bestehen bleiben könnte. So ein Signal, da bin ich mir ganz sicher, würde Ihnen allgemeine Anerkennung zusichern, denn es gibt sehr viele Leute in dieser Gegend hier, die traurig bis wütend sind, wenn der Kiosk verschwände.“

Auch dieser Kontakt mit REWE gestaltete sich als schwierig und viel Geduld erfordernd. Für die ersten beiden Rückmeldungen ließ sich die Presseabteilung von REWE 25 Tage bzw. dann noch einmal 11 Tage Zeit. Und beide male erforderte es ein telefonisches Nachhaken und erneutes Bitten um eine Antwort, bevor diese jeweils per E-Mail eintrudelten:

  • Bei REWE entgegnet man nun, dass so eine öffentliche Stellungnahme durch die REWE alleine aufgrund der angeblich faktischen Entscheidung des Vermieters unmöglich sei.
  • REWE führt sogar weiter aus, dass sich der Konzern dadurch „instrumentalisieren“ ließe.
  • Schließlich meint uns der Leiter der REWE-Presseabteilung sogar, vor einer Veröffentlichung derer Stellungnahme in gewisser Weise drohen zu können.

 

Unser Fazit aus diesen Kontakten mit der REWE in Sachen Kiosk-Entmietungs-Streit:

  • Der REWE-Konzern reagiert auf kritische oder verbindlich fragende Anrufe oder Anschreiben meistens entweder gar nicht oder nur nach erneuter Aufforderung und nur mit großer Verzögerung. Es scheint, als wolle der Konzern das Problem aussitzen zu wollen.
  • Der REWE-Konzern hat anders, als er sich im öffentlichen Lichte gerne präsentiert sehen möchte, kein Interesse am Erhalt der Kiosk-Subkultur in Hannover-Linden-Nord. Auf den Vorschlag einer öffentlichen Bekundung, auf die Fläche des Kiosks verzichten zu können, geht die Presseabteilung inhaltlich trotz mehrfacher Nachfrage dazu gar nicht ein und verweist stattdessen auf Scheinargumente.
  • Der REWE-Konzern macht sich aber Sorge um seinen öffentlchen Ruf. Das wird an der ungewöhnlich guten Informiertheit der Kontakt am Service-Telefon sowie an der dünnhäutigen Reaktion seitens der Presseabteilungs-Leitung deutlich.

 

Im Straßenraum Hannover-Lindens mehren sich derweil die Aufrufe zu einem Boykott der REWE-Filiale für den Fall, dass der Kiosk tatsächlich entfernt/abgerissen wird (siehe beispielhaft das Titelbild).

Dieser Beitrag wurde unter Bericht veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.