Nach der BKA-Gesetz-Ohrfeige des Bundesverfassungsgerichts: Rückblick auf Behauptungen der verantwortlichen CDU, CSU und SPD und die Heuchelei der letzteren

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Screendump des 2007er Videoclips „Der SEK-Chor (uncut)“

Am 12.11.2008 debattierte der deutsche Bundestag über diejenigen BKA-Gesetz-Änderungen und -Ergänzungen, die am 20.4.2016 vom Bundesverfassungsgericht in wesentlichen Bereichen als verfassungswidrig verurteilt, in einigen Teilen sogar direkt annuliert worden sind.

Wir möchten in diesem Beitrag auf einige Aussagen der damaligen Befürworter der neuen Gesetzgebung zurückverweisen.

 

Der vergeßliche Wolfgang Schäuble (CDU), damals in seiner Funktion als Innenminister (Hervorhebung durch uns):

Natürlich soll das [BKA-Gesetz] durch das Verfassungsgericht überprüft werden. Es gehört zu den großen Verbürgungen unserer Freiheitsrechte, dass alles, was verfassungsrechtlich bezweifelt wird, unter den Voraussetzungen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes – ob die Klage zulässig ist – überprüft werden kann. Dem sehe ich mit großer Gelassenheit und Sicherheit entgegen, weil das Gesetz genau der Systematik unseres Grundgesetzes entspricht. Meine Bitte nach langen Beratungen, die wir uns nicht leichtgemacht haben: Hören wir auf, unseren freiheitlichen Verfassungsstaat in einer Weise zu diffamieren, die bei jungen Menschen bewirkt, dass sie glauben, es entstünde so etwas wie die Stasi. Das Gegenteil ist der Fall. Wir verteidigen die Freiheitsrechte.

(Als Audio in Teilen hier nachzuhören.)

 

Der wohlbekannte CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl:

Der vorliegende Entwurf eines BKA-Gesetzes entspricht Punkt für Punkt den Vorgaben, die uns Karlsruhe gemacht hat. (…) Dies alles haben wir im Gesetz geregelt. Deswegen wird dieses Gesetz, egal wer es angreifen will – die FDP oder andere –, vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Bestand haben.

 

Welche Abgeordnete damals für das verfassungswidrige Gesetz abgestimmt haben, kann man übrigens hier im Detail nachlesen.

Darunter ist auch der SPD-Abgeordnete Gerold Reichenbach, der das aber nun vergessen zu haben scheint, wenn er in einer persönlichen Pressemitteilung vom 20.4.2016 schreibt (Hervorhebung durch uns):

Bundesverfassungsgericht bestätigt SPD-Kritik: Heute erging das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Sachen BKA-Gesetz und deren Ermittlungsbefugnisse zur Terrorismusbekämpfung. Darin stellt das Gericht fest, dass die Ermittlungsbefugnisse teilweise verfassungswidrig sind, weil sie unter anderem sehr weit in die Privatsphäre eingreifen und dann nicht verhältnismäßig sind. So fehlen Vorschriften im Hinblick auf Transparenz, individuellen Rechtsschutz und Kontrolle. „Das Bundesverfassungsgericht hat die Bedenken beim BKA-Gesetz bestätigt. Die Ermittlungsbefugnisse des BKA sind zu weit und zu ungenau formuliert. (…) Unsere Sorge darüber, dass das Trennungsgebot zwischen Nachrichtendiensten und Polizei unzulässig aufgeweicht werden könnte, wird durch das Urteil des höchsten Verfassungsorgans gestützt. Es stellt in seinem Urteil fest, dass die Übermittlungsbefugnisse an die Dienste, wie Verfassungsschutz, Militärischer Abschirmdienst oder BND in ihrem Umfang verfassungswidrig sind.

„Unsere Sorge“? Das kann man als heuchlerisch empfinden, wenn man sich das Abstimmungsergebnis im Bundestag von 2008 anschaut: Damals hatten nur 20 von insgesamt 222 SPD-Abgeordneten mit „Nein“ gegen das BKA-Gesetz votiert. Herr Reichenbach war – wie schon geschrieben – nicht darunter.

 

Dass der Vorwurf der „Heuchlerei“ nicht übertrieben ist, mag man auch am Debattenbeitrag des für die SPD sprechenden Abgeordneten Fritz Rudolf Körper ablesen. Der beendete seinen Redebeitrag in 2008 wie folgt:

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die intensiv an dieser Gesetzesnovelle mitgearbeitet haben. Ich bin sicher, dass wir mit diesem novellierten BKA-Gesetz einen guten Beitrag für die Sicherheitslage unseres Landes leisten werden.

 

Auch bei dem seinerzeit der zweiten SPD-Redner, Herrn Frank Hofmann, kann meine keinerlei Spur der Reichenbachschen-Bauchschmerzen ausmachen:

Wir legen einen guten Gesetzentwurf vor. Ich bin der Überzeugung, dass wir mit diesem Gesetz dazu beitragen, die Menschen gegenüber den Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus zu schützen. Gleichzeitig haben wir den Eingriffsbefugnissen Zügel angelegt, die so eng sind, dass die Freiheitsrechte weiterhin gewahrt bleiben.

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