Ein Offener Brief der Initiative „freiheitsfoo“ zur Absicht der EU zur Aufweichung der Sicherheit Ende-zu-Ende-verschlüsselter Telekommunikation an das dafür zuständige Bundesinnenministerium

„Familienfoto“ des EU-Innenminister-Treffens vom 7.7.2020, Quelle: BMI

Angeregt durch einen freundlichen Hinweis via Twitter haben wir heute dem Bundesinnenministerium als eine der hauptverantwortlichen Stelle im Geflecht der EU-europäischen Strippenzieher*innen einen Offenen Brief versendet, in der wir dringend vor der Aufweichung der bislang recht harten und abgesicherten Ende-zu-Ende-Verschlüsselungs-Telekommunikation bspw. durch die Einführung staatlich zugänglicher Hintertüren warnen.

Nachfolgend der Brief als Dokument für die Öffentlichkeit, verbunden mit einem Hinweis auf die lesenswerte Chronologie zu den durch die EU, Polizeibehörden und Geheimdienste re-initiierten „Cryptowars“.

Von: freiheitsfoo, info@freiheitsfoo.de
An: Bundesinnenministerium, COSI.DE2020@bmi.bund.de

Hannover, den 8.12.2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Schreiben es EU-Rats vom 18.9.2020 („Security through encryption and security despite encryption“) wird angeregt, Kritik an der geplanten Einführung von Hintertüren bei Systemen zur Unterstützung und Durchführung Ende-zu-Ende-verschlüsselter Telekommunikation an Sie zu richten. Leider hat uns dieses Schreiben erst jetzt erreicht und so konnten wir die gesetzte zeitliche Frist zum 7.10.2020 nachvollziehbarerweise nicht einhalten. Anlässlich der anhaltenden öffentlichen Diskussion zu diesem Vorhaben ergreifen wir dennoch die Gelegenheit und möchten Sie auf Entschließung der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder vom 25.11.2020 mit dem Titel

„Für den Schutz vertraulicher Kommunikation durch eine sichere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung – Vorschläge des Rates der Europäischen Union stoppen“

hinweisen.

Dieses zwei Seiten umfassende Dokument ist schnell gelesen und wir sind sicher, dass Sie dafür genügend Zeit und Konzentration aufbringen können. Dennoch möchten wir einen uns wichtig erscheinenden Absatz hervorhebend zitieren:

„Würden die Vorschläge des Rates der Europäischen Union umgesetzt, würde eine sichere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung untergraben und notwendiges Vertrauen zerstört, ohne dass das angestrebte Ziel, die Ermittlungsmöglichkeiten von Sicherheitsbehörden zu verbessern, nachhaltig und effektiv erreicht wird. Hintertüren in Verschlüsselungsverfahren stellen die Sicherheit und Wirksamkeit dieser gänzlich in Frage. Die Aushöhlung von Verschlüsselungslösungen würde zudem unweigerlich zu einem Ausweichen auf Umgehungstechniken führen, derer sich sowohl Kriminelle und Terroristen als auch technisch versierte Bürgerinnen und Bürger bedienen könnten. Gleichzeitig würde der Einsatz wirksamer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für technisch weniger versierte Bürgerinnen und Bürger faktisch unmöglich gemacht.“

Dem bleibt nichts hinzufügen und wir unterstützen die Haltung der deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden uneingeschränkt, selbst wenn wir den Fokus des Problems weniger auf die negativen Folgen für Wirtschaft und Verwaltung legen würden denn auf die negativen Effekte und Risiken für die Menschen in Deutschland und in der EU in der Ausübung ihrer Freiheits- und Menschenrechte und hinsichtlich einer freien und staatlicherseits möglichst unberührten Entwicklung einer eigenen, autonomen und starken, verantwortungsvollen Persönlichkeit.

Der renommierte Computerwissenschaftler und Kryptologe Bruce Schneier hat die Gefahren, die von Hintertüren und Verschlüsselungseinschränkungen ausgehen (ohne dabei wirkliche Sicherheit gewährleisten zu können) ausführlicher analysiert (Bruce Schneier, Click Here to Kill Everybody, New York 2018). Er hat die immensen Gefahren untersucht, die damit für freie Gesellschaften in einer immer vernetzteren Welt verbunden sind und vor sechs Regelungen gewarnt, die Politiker.innen grundfalsch machen können. Von diesen sechs schlimmsten Punkten werden im Rats-Vorschlag gleich mehrere auf einmal gefordert:

  • Hintertüren
  • Beschränkung der Verschlüsselung
  • Massenüberwachung (denn Hintertüren der geforderten Art schwächen alle)

Wir empfehlen, wenigstens das elfte Kapitel dieses Buches („Welche Fehler die Politik begehen kann“) zu lesen. Schneier bringt dabei nur auf den Punkt, was unter Techniker*innen allgemein bekannt ist: es gibt keine Hintertüren „nur für die Guten“. Sie treffen vor allem die 99% rechtstreuen Menschen und schwächen alle Systeme bis hin zur kritischen Infrastruktur.

Was meinen Sie zu dem allen und wie wird sich die breite Kritik an den Plänen der EU auf diese auswirken?

Welches sind die zeitlich nächsten Schritte bei den Überlegungen zu den Plänen auf EU-Ebene?

Viele gute Grüße von den Menschen der Initiative „freiheitsfoo“.

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